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Der Aufbewarier (German Edition)

Der Aufbewarier (German Edition)

Titel: Der Aufbewarier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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Gestapo. Ich habe ihm von unserem Dilemma erzählt, das in seinen Augen gar keins ist.«
    Rudat machte eine Pause, als wolle er die Wirkung der folgenden Worte erhöhen.
    »Ein Mord ist ein Mord.«
    Wieder eine Kunstpause.
    »Das ist nicht nur meine Meinung, sondern selbstverständlich auch die des Kollegen Prause. Die Tatsache, dass es sich bei dem Opfer um eine Jüdin handelt, spielt dabei nicht die geringste Rolle. Der Mörder muss seiner gerechten Strafe zugeführt werden. Schon wegen der Abschreckung.«
    Rudat erhob sich ächzend aus dem Stuhl und drehte sich um.
    »Also, Daut, das ist jetzt Ihre Sache. Da können Sie mal beweisen, dass Sie noch nichts verlernt haben. Nehmen Sie sich diesen Quint vor und holen Sie ein Geständnis aus ihm raus.«
    An der Tür blieb er noch einmal stehen.
    »Das ist ein Befehl, Daut.«
    Daut wartete, bis der Kriminalrat die Tür geschlossen hatte, ehe er sich setzte und Rösen fragend ansah.
    »Was soll das, Ernst? Ist Rudat jetzt völlig übergeschnappt?«
    Rösen schob Daut eine Schachtel Zigaretten zu.
    »Nicht mehr als früher. Er traut dem Braten nur noch nicht. Was nützt ihm die Aussage irgendeines Kollegen von den Geheimen, mag er auch noch so ein hohes Tier sein. Angenommen, wir bekommen Quints Geständnis und klagen ihn an. Wer garantiert uns, dass nicht einer von den ganz hohen Herren ausrastet, weil wir einen angesehenen Bürger, ein Mitglied der Partei, der dort Tag für Tag seine Pflicht als Zellenleiter tut, wegen des Mordes an einem jüdischen Flittchen vor Gericht bringen? Am Schluss wären wir die Dummen.«
    Daut zündete sich eine Nil an.
    »Ich wäre der Dumme, wolltest du wohl sagen.«
    »Deshalb hat Rudat dich kommen lassen, und deshalb vernimmst du Quint auf seinen Befehl auch alleine. Auf die Abteilung des Kriminalrats Rudat soll kein Schatten fallen.«
    Für eine Minute rauchten sie schweigend, ehe Daut das Gespräch wieder aufnahm.
    »Eigenartig ist es schon, oder?«
    »Was meinst du?«
    »Na ja, da werden die Juden zusammengetrieben und in den Osten verschleppt. Was dort mit ihnen passiert ... Es gibt Leute, die erzählen schreckliche Dinge. Und jetzt sollen wir einen ansonsten rechtschaffenen deutschen Mann dafür an den Strang bringen, dass er in gewisser Weise den SS-Greifkommandos zuvorgekommen ist.«
    Rösen blickte auf die Schreibtischplatte und schwieg.
    Daut drückte die Zigarette im Aschenbecher aus.
    »Einen anständigen Kaffee kannst du mir hier nicht kredenzen, oder?«
    Rösen stand auf, öffnete die Schublade eines Büroschranks und schüttelte eine Dose. Leer. Daut griff sich Rösens Packung Nil-Zigaretten vom Schreibtisch.
    »Du wirst verstehen, dass ich nicht auch noch meine eigenen Zigaretten opfere.«
    Er stand auf und legte Rösen im Weggehen die Hand auf die Schulter.
     
    »Aufmachen!«
    Der Wachtmeister im Zellentrakt schaute irritiert wegen Dauts Befehlston, tat aber, wie geheißen.
    Daut betrat den gesicherten Verhörraum, in dem Quint bereits wartete. Er hatte eine deutlich sichtbare Schwellung im Gesicht und eine mit verschorftem Blut verschlossene Wunde an der rechten Schläfe. Was so eine Holzhand anrichten kann, dachte Daut.
    Als Quint ihn sah, sagte er leise:
    »Gut, bringen wir es hinter uns, ich gebe es zu.«
    Daut setzte sich auf den zweiten Stuhl im Raum.
    »Was geben Sie zu?«
    »Na, die Rassenschande. Ich habe mich mit der Jüdin Martha Grahn eingelassen. Sie war halt ein richtig süßes Ding. Als mildernde Umstände möchte ich ins Feld führen ...«
    »Hören Sie auf, Mann.«
    Daut hatte die Stimme deutlich gehoben, und Quint zuckte zusammen.
    »Es interessiert uns nicht, ob, wann und wie oft Sie sich mit der Grahn im Bett vergnügt haben.«
    »Aber warum bin ich dann hier?«
    Daut fragte sich, ob Quint naiv oder abgebrüht war. Er nahm das Nil-Päckchen aus der Tasche und bot dem Buchhalter eine Zigarette an. Quint rauchte hastig und inhalierte tief. Daut wartete drei, vier Züge - der Glimmstängel war schon zur Hälfte aufgeraucht.
    »Die Wertsachen, die Sie am Abend Ihrer Festnahme bei sich hatten, stammen von der Grahn, oder?«
    Quint dachte einen Moment nach und nahm dabei den letzten Zug.
    »Kann ich noch eine Zigarette haben?«
    »Später. Erst beantworten Sie meine Fragen.«
    »Ja, die Sachen waren von Martha. Sie hat sie mir zur Aufbewahrung gegeben für den Fall, das ihr etwas zustößt.«
    »Waren die Sachen vollständig? War alles, was sie Ihnen überlassen hat, in der Tasche?
    »Ja, natürlich, Herr

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