Der Bastard und die Lady
sich mit der freien Hand an die Brust zu greifen, bevor sie bemerkte, dass – ja, dass die Hand des Mannes auf ihrer Brust lag und sie sie zu allem Überfluss dort festhielt.
„Nun, das ist interessant“, bemerkte Beau aufreizend gedehnt und eindeutig belustigt. Und er nahm seine Hand nicht fort, obwohl sie die ihre schnellstens in den Schoß fallen ließ.
„Nehmen Sie sie weg“, sagte sie leise, in dem Wissen, dass sie sich völlig zum Narren machte.
„Oh ja, unbedingt. Meinen Sie meine Hand oder Ihre Jacke?“
„Ich zähle bis …“
„Nicht schon wieder“, sagte er und zog die Hand fort. Nur mit Mühe enthielt sie sich, ihre Hand wieder an die Stelle zu führen, die von seiner Berührung prickelte und glühte. „Sie wissen, dass das ein Versehen war.“
„Drei Sekunden lang war es ein Versehen“, berichtigte sie ihn spitz, und endlich gelang es ihr, ihm ihre andere Hand zu entziehen. „Danach war es Absicht. Sie sind kein Gentleman, Oliver Blackthorn.“
„Wieder einmal verkünden Sie längst Bekanntes. Ich würde auch darauf hinweisen, dass ich mich nicht gern Oliver rufen lasse, aber vermutlich tun Sie es genau deswegen, daher unterlasse ich es. Aber ich bitte um Verzeihung.“ Drei Herzschläge lang schwieg er. „Zumindest glaube ich, dass es angebracht wäre. Vergessen Sie nicht, wir werden heiraten.“
„Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, Oliver. Vielleicht finden wir noch einen Ausweg.“ Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, hätte sie sie am liebsten zurückgenommen. „Das heißt, ja, natürlich. Wir werden heiraten. Aber ich finde, wir sollten … wir sollten den Vollzug der Ehe nicht vorwegnehmen.“
„Für den Fall, dass Sie es sich anders überlegen“, stellte Beau ruhig fest.
„Für den Fall, dass sich andere Umstände ergeben“, brachte sie hervor und hoffte, kein dummes Zeug zu reden. „Thomas könnte erkennen, dass es falsch war, meine Verehelichung mit Francis Flotley zu verlangen. Vielleicht ist er jetzt auf dem schnellsten Weg nach Gretna Green, um sich zu entschuldigen. Sie … Sie müssen sich vielleicht gar nicht opfern. Immerhin war alles meine Idee, und mir wird allmählich klar, dass es eine schreckliche Zumutung ist, was ich Ihrer, hm, Ihrer …“
„Gutmütigkeit abverlange?“, half Beau ihr aus, woraufhin sie am liebsten sein grinsendes Gesicht geohrfeigt hätte. „Andererseits, wenn Thomas uns tatsächlich vor Gretna Green und bevor wir über den Amboss springen, oder was immer wir dort zu tun haben, einholen und mir eine Kugel mitten ins Herz schießen sollte, könnte es seinen Plan zunichtemachen, Sie ohne Skandal nach London zurückzubringen, wenn Sie ihm neun Monate später den Bastard des Bastards präsentieren.“
Chelseas Wangen glühten genauso wie andere Körperteile, an die sie erst später denken würde, wenn sie allein war. „Ich kann nicht glauben, dass dieses Gespräch wirklich stattfindet.“
„Ich kann nicht glauben, dass ich auf dem Weg nach Schottland bin, um die Schwester meines Feindes zu heiraten. Damit sind wir quitt, falls jemand von uns Buch geführt haben sollte. Und wieder bitte ich um Verzeihung. Mir war nicht klar, dass ich seit einem Tag und einer Nacht in England umherziehe und nebenbei mein Leben riskiere, was meiner Überzeugung nach in Ihren Augen wohl nur von untergeordneter Bedeutung ist.“
„Ach, hören Sie doch auf“, verlangte Chelsea, die gern darauf verzichtete, dass er ihr alle Schwachstellen ihres Plans vor Augen führte. Die hatte man ihr nahezu stündlich präsentiert, seit sie den Fuß ins Herrenhaus am Grosvenor Square gesetzt hatte. „Wenn Sie so besorgt sind, lassen Sie doch den Kutscher einfach umkehren und mich zurück nach Portland Place bringen. Ich werde sagen, ich hätte gestern die Postkutsche genommen und es mir dann anders überlegt, als mir das Geld ausging. Diese Erklärung wird Thomas akzeptieren, denn er glaubt, was er glauben will. Die Ehe mit Francis Flotley kann wohl kaum schlimmer sein als eine Ehe mit einem Märtyrer . Dazu muss ich feststellen, Sie sind nicht unbedingt ein duldsamer Märtyrer, oder?“
Beau schwieg so lange, dass Chelsea schon beinahe glaubte, er würde tun, was sie ihm vorgeschlagen hatte – nämlich sie zurück zu ihrem Bruder bringen. Tränen brannten in ihren Augen, doch sie blinzelte sie fort. Sie hätte nicht so prüde sein sollen, nur weil er sie ganz harmlos berührt … und nicht so harmlos nicht damit aufgehört hatte. Immerhin
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