Der Bastard und die Lady
wie Chelsea ihn Oliver nannte, gefiel ihm doch sehr gut.
13. KAPITEL
A ls Chelsea ziemlich ziellos durch das Labyrinth von Gängen und Zimmern im Baited Bear Inn wanderte und ihr Bestes tat, um anderen Leuten aus dem Weg zu gehen, solange sie auf Beaus Rückkehr wartete, schalt sie sich selbst, weil sie so dumm gewesen war.
Sie hätte gleich nachhaken müssen, als Emily von dem vorweggenommenen Vollzug der Ehe gesprochen hatte. Selbst Madelyn war nicht so gemein gewesen, ihrer jüngeren, mutterlosen Schwester einzureden, eine Frau bekäme ein Baby, wenn sie einen Mann öfter als drei Mal geküsst habe. Doch Emily glaubte es, dank ihrer älteren Schwestern, die sich allesamt ordentlich schämen sollten, denn es war zum Teil auch deren Schuld, dass sich die Schwester überhaupt auf dem Weg nach Gretna Green befand.
Jonathan glaubte ehrlich, verliebt zu sein, und hatte keine Lust, den Kontinent zu bereisen. Emily dagegen hatte sich nur geschmeichelt gefühlt, dass der Sohn des Barons ihr und nicht ihren Schwestern seine Aufmerksamkeit schenkte, und war nun außer sich vor Angst, sie könne Mutter werden, während Jonathan in Paris hübschen Mamselles den Hof machte.
Nachdem Chelsea die irrige Annahme Emilys nun korrigiert hatte, hatte Emily sich in ihrem Zimmer – in ihrem und Chelseas Zimmer – eingeschlossen und weigerte sich herauszukommen oder auch nur durch die geschlossene Tür mit Jonathan zu sprechen. Der Wirt und seine Frau sahen Chelsea merkwürdig an und würden bald Antworten verlangen, weil sie wahrscheinlich fürchteten, dass eine Entführung im Schwange war.
Ein schönes Chaos.
Tja, da blieb kein anderer Ausweg, als Beau gleich bei seiner Rückkehr aus Gateshead alles zu erzählen. Sie würde ihm sagen müssen, sie wäre zu dem Schluss gekommen, dass Emily und Jonathan nicht mit ihnen nach Gretna Green weiterreisen durften, nachdem sie nun die Wahrheit kannten, sondern so bald wie möglich ihren besorgten Eltern überantwortet werden mussten. Noch am selben Tag, wenn möglich.
Sie schwor sich, nicht hinzusehen, wenn der verflixte Kerl dann einen Freudentanz aufführte, sonst geriete sie vielleicht in Versuchung, ihm etwas anzutun.
Der arme Mann. Alles in allem hatte sie ihm doch eindeutig das Leben erschwert.
Alles war ihr so einfach erschienen, als sie in ihrem Schlafzimmer in Portland Place ihren Plan entworfen hatte. Den Mann aufsuchen, ihm die perfekte Rache anbieten, nach Schottland reiten, heiraten und Thomas’ Pläne zum Scheitern bringen. Sie hatte viel mehr Gedanken daran verschwendet, Thomas’ Pläne zu durchkreuzen, als an den Rest – besonders an Beau und daran, was es bedeuten würde, seine Frau zu sein.
Er war ein guter Mann. Er war ein Gentleman und ein zärtlicher Mann, obendrein noch ein ausgesprochen geduldiger. Sie glaubte immer noch, dass sie es viel schlimmer hätte treffen können. Er dagegen hätte wahrscheinlich bedeutend besser davonkommen können. Doch jetzt, nachdem er mit der Schwester eines Earls durchgebrannt war, würde er in doppelter Hinsicht ein Ausgestoßener sein.
Sie hätte gern gewusst, ob dieser Umstand ihm sehr zu schaffen machte. Immerhin war er zumindest am Rand der feinen Gesellschaft akzeptiert gewesen, dank des guten Namens seines leiblichen Vaters, seines beträchtlichen Reichtums und auch seines Militärdienstes unter Wellington. Mochte ja sein, dass er nie bei Almack’s eingeladen wurde und den Schwestern seiner Freunde nicht zu nahe kommen durfte, aber er hatte sich schon vor langer Zeit von der hässlichen öffentlichen Demütigung durch ihren Bruder Thomas erholt.
Das glaubte Chelsea zumindest, denn sie hatte seinen Namen bei mancher Gelegenheit in der Tageszeitung gelesen, wo er als Mitglied einer Gruppe von Gentlemen erwähnt wurde, die nach Newmarket zum Rennen fuhren oder in irgendeinem Landgasthaus einen Boxkampf besuchten. Sie hatte ihn von ferne gesehen, wenn er durch den Hyde Park ritt, und geschnitten wurde er auf keinen Fall.
Vielleicht wurde er also, wenn der Klatsch sich beruhigt hatte, weiterhin von seinen Freunden akzeptiert. Sie allerdings würde man geflissentlich übersehen, wenn und falls sie es wagen sollte, sich auf der Bond Street oder bei einer Veranstaltung oder im Theater blicken zu lassen.
Sie wusste noch nicht so recht, wie sie das fand, war jedoch ziemlich sicher, dass es unter die Rubrik „sich ins eigene Fleisch schneiden“ fiel – also, sich selbst zu schaden, um Thomas zu schaden. Wie man sich
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