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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.j. Rose
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“Kommen Sie, ich helfe Ihnen. Wir müssen Ihren Vater abtransportieren.”
    “Wohin bringen Sie ihn?”
    “Ins Krankenhaus.”
    “Aber ich dachte …” Meer spürte, wie ihr das Herz gegen die Rippen hämmerte. “Er lebt doch noch?”
    Sie sah die Antwort schon in den Augen der Frau. “Nein, leider nicht. Wir bringen ihn zur Obduktion in die Klinik.”
    “Mein Vater ist jüdischen Glaubens!”, wandte Meer ein. “Ich muss erst mit einem Rabbi reden.” Sie bemerkte, dass die Sanitäterin die Uhr und die Brieftasche ihres Vaters in der Hand hielt. “Kann ich die haben?”, fragte Meer. Auf einmal war ihr nichts wichtiger, als Jeremys persönliche Sachen zu bekommen.
    “Bedaure, wir müssen sie der Polizei aushändigen. Wenden Sie sich bezüglich der Obduktion und der persönlichen Gegenstände Ihres Vaters bitte an den zuständigen Ermittler.”

86. KAPITEL
    U nter dem Musikverein
    Donnerstag, 1. Mai – 18:12 Uhr
    Die Lichtverhältnisse in der Höhle wechselten nie. Es herrschte ewige Nacht, ganz gleich zu welcher Tageszeit. Dennoch behielt David die Uhr sorgsam im Auge. Das Konzert sollte in gut einer Stunde beginnen. Er spürte schon, wie sich tief in seiner Brust so etwas wie Euphorie breitmachte. Trauer, Kummer und Wut waren – endlich – fast überwunden. Mit den Fingerspitzen streichelte er liebevoll das neben ihm stehende Köfferchen: genormte Größe, sodass es in einem Linienflugzeug unter den Sitz passte, ausgestattet mit Rollen und einem ausziehbaren Griff, bequem zu bewegen. Früher, wenn David auf Dienstreise unterwegs war, hatte er zuweilen im vorderen Fach einen Zettel von einem der Kinder gefunden. “Ich vermisse dich jetzt schon”, stand in großen Buchstaben darauf. “Komm schnell nach Hause.”
    Inzwischen gab es keinen Grund mehr für eine rasche Heimkehr. Sein Haus gesprengt, seine Kinder, seine ganze Familie von der Bombe zerfetzt, hoch in den Nachthimmel geblasen. Auf Nimmerwiederkehr.
    Nunmehr enthielt sein Köfferchen nichts weiter als seine zusammengerollte Regenjacke. Das Bündel war indes ein wenig dicker als üblich, umhüllte es doch einen zehn Zentimeter langen Barren einer kittähnlichen Substanz, die David sich am Montag in Tschechien besorgt hatte: vierhundert Gramm Semtex 1 A, ein plastischer Sprengstoff, übrigens der Lieblingssprengstoff der IRA. Schon die Hälfte dieser Menge hatte ausgereicht, um die Maschine der PanAm über dem schottischen Lockerbie zur Explosion zu bringen. Das Konzertgebäude war allerdings ein anderes Kaliber. Da musste schon die entsprechende Menge Semtex her, um das Bauwerk in einen Haufen Schutt zu verwandeln, in eine Ruine, durch deren klaffendes Gerippe die Sterne funkelten. Alles für schlappe vierhundertvierzig Euro – dem Preis von zwei anständigen Fahrrädern für seine Jungs oder von einem Goldarmband mit Türkisen, den Geburtssteinen seiner Frau. Oder auch von einem neuen Satz Holzbeitel für seinen Vater.
    In der Stille vor der Sinfonie entrollte David die Regenjacke. Zum Vorschein kamen die beiden Hälften des roten Barrens, der so aussah wie früher das Knetgummi seines mittleren Sohnes.
    Bei der Übergabe am Montag war der Sprengstoff noch in einem Stück gewesen. David hatte den Barren jedoch in der Mitte durchgeschnitten, um sich zu vergewissern, dass Paxtons Leuten ihm nicht schon wieder einen Peilsender untergejubelt hatten. Und Bingo! Es steckte tatsächlich einer drin. Als er das Ding dann auf die U-Bahn-Trasse warf, hatte er sich noch vergegenwärtigt, welche Folgen das für Global Security haben würde. Denn damit verurteilte er das Unternehmen quasi im Alleingang zum Bankrott. Dabei hielt Paxton sich und seine Taktik vermutlich für besonders clever: Er hatte sämtliche Waffenhändler dafür geschmiert, dass sie ihre Käufer verpfiffen.
    Davids Mitleid mit Paxton hielt sich allerdings in Grenzen. Der Bursche expandierte mit seinem Sicherheitsimperium in einem solchen Tempo – vermutlich wusste er nicht einmal, dass die drei Monate zuvor von ihm aufgekaufte israelische Sicherheitsfirma just diejenige war, die beim Schutz von Davids Familie so erbärmlich versagt hatte.
    David öffnete den Reißverschluss des Außenfaches, griff hinein und nahm die restlichen noch benötigten Utensilien heraus: eine Blockbatterie und ein gut bleistiftdickes Zündkabel zum Auslösen der Sprengkapsel, die wiederum das Semtex zur Explosion brachte. Jetzt brauchte er bloß noch die mit dem Zündkabel umwickelte Kapsel in den

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