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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.j. Rose
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Beigeschmack hatte. Als Margaux und ihr Mann nach der Vermählung den europäischen Kontinent bereisten, mitten in den schlimmsten Kriegswirren, da hatte er darauf bestanden, dass sie sich aus Sicherheitsgründen als junger männlicher Angestellter in seinen Diensten verkleidete. Und als sie ihre neu gewonnene Freiheit mit Wonne genoss, war er geradezu entzückt. Margaux befand sich in der misslichen Lage, sehr in ihren Ehemann verliebt zu sein. Deshalb focht es sie auch nicht an, dass der britische Major sie beim Walzer viel zu eng an sich schmiegte. Und wenn mit jedem Dreivierteltakt die Erinnerungen an die Umarmung ihres Mannes zurückkehrten, so lag dies nur daran, dass sie sich einbildete, es sei Caspars Hand, die sie im Rücken spürte.
    Caspar, halte durch! Ich komme!
    Sie musste die Augen schließen, damit der Major nicht sah, wie sie mit den Tränen kämpfte.
    “Wenn Sie sich schon nicht von mir verführen lassen möchten, so darf ich Ihnen vielleicht helfen, die benötigten Gelder zu sammeln. Wenn es stimmt, was mir zu Ohren gekommen ist, gehört Ihnen ja vielleicht möglicherweise etwas, das für einige meiner Freunde von Wert sein dürfte. Es geht nämlich das Gerücht, Ihr Gatte sei während seines Indienaufenthaltes auf eine antike Flöte gestoßen. Ist das wahr?”
    “Meer?”
    Wessen Name war das? Wessen Stimme?
    “Meer?”
    Sie schaute sich um in der flirrenden Luft und fand das Gesicht. Ein anderes Gesicht, eine andere Zeit. Der metallische Geschmack löste sich auf. Ihr war auch nicht mehr kalt. Nur die Traurigkeit … die Traurigkeit war unerträglich.
    “Meer!”
    Meer ahnte, was da gerade mit ihr geschehen war: Sie hatte eine detaillierte, aber falsche Erinnerung erlebt, ein Produkt ihrer Fantasie. Um den Stress wegen des Verschwindens ihres Vaters besser zu bewältigen. Ganz so, wie das Unbewusste wirkliche Geschehnisse in Symbole übersetzt und weit hergeholte Aktionen in Träume. Nur: Wenn es weiter nichts war – wie konnten sich dann die Trauer und die Leidenschaft, empfunden von einer ihr völlig fremden Frau, so tief in Meers Herz eingraben?

14. KAPITEL
    W ien, Österreich
    Samstag, 26. April – 10:45 Uhr
    Die schwarze Limousine kam direkt auf ihn zugerast, und für einen Augenblick überlegte David schon, ob er nicht einen Schritt vorwärts statt rückwärts machen und sich dem Fahrzeug so in den Weg stellen sollte. Dann aber sprang er doch zurück; der Selbsterhaltungstrieb behielt die Oberhand. Während David dem davonbrausenden Auto nachschaute, prägte er sich das Nummernschild ein. War er gerade einem Unfall entgangen? Einem Anschlag gar? Wie weit mochte Wassong mit seinem Verrat gegangen sein?
    Vor dem Tod an sich hatte David keine Angst – wohl aber davor, mit seinen Erinnerungen lebenslang im Gefängnis sitzen zu müssen. In seinen zwanzig Berufsjahren als Journalist hatte er so viele Menschen hinter Gittern erlebt, dass eines für ihn feststand: nur Atmen und Essen und Schlafen und die Notdurft verrichten – das war kein Leben. Er nahm sich vor, gleich nach der Rückkehr ins Hotel eine E-Mail an seine Kontaktperson bei Interpol zu schicken und das Autokennzeichen überprüfen zu lassen. Falls der Wagen auf einen von Abduls Leuten zugelassen oder von ihnen gemietet war, konnte man die Spur vermutlich kaum zur palästinensischen Befreiungsbewegung zurückverfolgen. Andererseits war es dann eher möglich, gewisse Eventualitäten auszuschließen.
    David überquerte die Fahrbahn und betrat gerade das Museumsgelände am Maria-Theresien-Platz mit seinen streng geometrisch ausgerichteten Gartenanlagen, da klingelte sein Handy. Nach einem Blick auf die Nummer im Display nahm er das Gespräch an. Am anderen Ende war Tom Paxtons Assistentin, die den Termin für das Interview mit dem Chef von Global Security für den folgenden Nachmittag bestätigte. David sagte sein Kommen zu.
    Dass er nach der Tragödie mit seiner journalistischen Tätigkeit fortfuhr, machte es ihm leicht, an alle erforderlichen Informationen zu gelangen, ohne dabei Verdacht zu erregen. Sogar erschreckend einfach, wenn man es recht bedachte. Sobald nach seinem Tode herauskam, welches Doppelspiel seiner Story zugrunde lag, würden seine Kollegen sicher die Leidtragenden sein. Doch zum ersten Mal in seinem Leben war David etwas wichtiger als die Befindlichkeiten der Medien. Wenn er früher an einer Story dran war, hatte er Familienfeiern ausgelassen, seinen Urlaub geopfert, seine Bekannten und Freunde

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