Der beiden Quitzows letzte Fahrten
fröhlich in den Schankstätten und Herbergen der Stadt Tangermünde her und das Lob des Herrn Friedrich von Zollern ward verkündigt von Haus zu Haus, von Stube zu Stube. Tiefe Ruhe dagegen herrschte in dem mauerumschlossenen Hause an der Stendaler Straße, und von seinen Bewohnern war kein hörbares Lebenszeichen zu bemerken.
Nur aus der Esse stieg zuweilen ein rothglühender Schwalch, durch welchen hellleuchtende Funken gleich feurigen Käfern schossen, oder es hob sich in kerzengrader Richtung eine schwarze, dichte Rauchsäule empor, welche sich oben ausbreitete, um dann schwer und langsam auf die Umgebung herab zu fallen. »Im Zauberhause wird der Höllenzwang gesprochen,« sagten die Leute, welche es bemerkten, bekreuzigten sich und beteten eine Ave Maria.
In dem vordern Wohnraum des Hauses saßen drei Personen, welche wohl geeignet waren, einen ungewöhnlichen Eindruck auf den Beschauer hervorzubringen. Es waren dies ein Jüngling und zwei Frauen. Der Erstere saß an dem mit einer starken Eichenholzplatte versehenen Tische und seine hohe, kraftvolle Gestalt war über ein dickes Buch gebeugt, welches die Inschrift führte: »Kreutterbuch deß Hochgelahrten und Weitberühmten Herrn Doctor Petri Andrae Matthioli. Jetzt wiederumb mit vielen schönen newen Figuren, auch nützlichen Artzneyen und anderen guten Stücken zum dritten mal auß sondern Fleiß gemehret und verfertigt durch Joachimum Camerarium, der löblichen Reichsstadt Nürnberg Medicum Doctor. Sampt wohlgeordnetem genügsamem Bericht von den Destillir und Brennöfen.« Er schien seine Aufmerksamkeit ungetheilt auf den Inhalt dieses Buches zu verwenden, denn es lag eine sehr sichtbare Spannung in seinen männlich schönen Zügen, und nur selten warf sein ernstes Auge einen Blick auf die beiden weiblichen Gestalten, welche mit ihm den niedrigen Raum belebten. Die Eine von ihnen war eine Jungfrau fast in demselben Alter wie er und ebenso wie er durch Schönheit und Adel ausgezeichnet, welcher sich ihrem lieblichen Angesichte sehr leicht erkennbar aufprägte; die Andere aber, vom Alter krumm und gebückt, trug eine seltene Häßlichkeit zur Schau, und ihre Gesichtsbildung war ganz eine solche, mit welcher der Aberglaube seine Hexen auszustatten pflegt.
Die Frauen spannen und der Jüngling las, und keins von ihnen versuchte, die dabei herrschende Stille durch ein Wort, eine laute Bemerkung zu unterbrechen, bis draußen vom Thore her ein lautes Klopfen ertönte. Ueberrascht horchten alle Drei empor, und die Jungfrau sprach mit einer tiefen, klangvollen Altstimme:
»Wer mag es sein, der in so später Abendstunde sich an unser verrufenes Haus wagt? Detlev, willst Du vielleicht nachschauen?«
Der Angerufene erhob sich.
»Doch vielleicht ein Hilfesuchender, den die Noth zwingt, seine Scheu vor dem ›Zauberhause‹ zu überwinden,« meinte er.
»Halt!« fiel die Alte ein; »bleibt hier, junger Herr. In einem verzauberten Hause muß die Hexe das Thor bewachen, und mein Gesicht paßt besser hinaus, als das Eurige!«
Sie legte die tanzende Spindel zur Ruhe, schob den Jüngling zur Seite und trat hinaus in den Hof. Sie war nicht das einzige Wesen, welches durch das Pochen an das Thor gerufen worden war, sondern an demselben wurde sie von noch zweien mit laut jubelnden Tönen empfangen, die einen Andern zur sofortigen Flucht bewogen hätten: es war ein riesiger Fanghund mit wahrhaft bärenmäßigen Gliedern und ein Leopard, welcher unter unbeschreiblichen Tönen seine elastisch kraftvolle Gestalt schmeichelnd an die Herrin schmiegte. Diese trat zu einem kleinen Guckloche, durch welches man, ohne selbst bemerkt zu werden, einen forschenden Blick auf jeden Einlaßbegehrenden zu werfen vermochte, und erkannte zwei Männer, von denen der Eine wartend am Thore stand, während der Andere einige Schritte zurück bei den Pferden hielt.
»Wer seid Ihr, und was ist Euer Begehr zu dieser späten Stunde?« frug sie mit einer Stimme, deren schriller Ton ganz zu dem Ausdrucke ihres Gesichtes paßte.
»Wohnt Herr Suteminn in diesem Hause?« gegenfragte kurz und befehlend der Angeredete.
»Ja. Was wollt Ihr von ihm?«
»Ist er daheim oder nicht?«
»Er ist daheim. Aber hört Ihr es denn nicht, daß ich wissen will, was Ihr von ihm begehrt?«
»Oeffne die Thür; ich habe mit ihm zu reden!«
»Dieses Haus steht nicht für Jeden offen. Sagt, wer Ihr seid und was Ihr wollt; ich darf nicht um jedes Fremden willen den Herrn bei seinen Büchern stören.«
»So geh’ und
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