Der Blick der Liebe (zeitgenössischer Roman Liebesgeschichte): The Look of Love German Edition

Kapitel Eins
     
     
    Es war auf jeden Fall eine gute Idee, aus der Stadt und auf die Landstraße zu fahren, dachte Chase Sullivan. Seine Scheibenwischer schafften es zwar kaum, mit dem strömenden Mairegen in diesem wahnsinnigen Sturm fertig zu werden, aber es war höchste Zeit, von der Geburtstagsparty seiner 70-jährigen Mutter zu verschwinden.
    Alle acht Geschwister zusammen unter einem Dach bedeutete viel Gelächter, viele Hänseleien ... und zumindest ein paar heftige Debatten. Es half nicht, dass Zachs Begleitung für den Abend, eine vollbusige Blondine, die ein paar Mal in ihren lächerlichen hochhackigen Schuhen fast gestürzt wäre, vor ein paar Monaten ein Techtelmechtel mit Gabe hatte.
    Wenn sechs Brüder im Alter zwischen 27 und 36 zusammenkommen, musste es einfach chaotisch werden. Aber da es augenscheinlich war, dass es keinem seiner Brüder ernst um das Mädchen war, lag die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich um sie prügeln würden, bei Null. Es sei denn sie suchten einen Vorwand, die Fäuste zum dampfablassen fliegen zu lassen. Als Smith auftauchte, war das Mädchen so fasziniert, dass es für niemand anderen im Raum mehr Augen hatte.
    Chase musste immer lachen, wenn er sah, wie die Leute beim Anblick seines Filmstar-Bruders die Welt vergaßen. Smith war genauso normal, wie der Rest der Geschwister. Na ja, vielleicht war eine 45 Meter lange Yacht mit jungen barbusigen Filmsternchen nicht gerade normal.
    Der wahre Grund dafür, dass die Party zu explorieren drohte, war allerdings, dass seine Zwillingsschwestern kein Wort miteinander sprachen. Ehrlich gesagt, sie brauchten auch gar kein Wort miteinander zu wechseln, denn die bösen Blicke, die sie einander quer durch den Raum zuwarfen, sprachen Bände.
    Vor langer Zeit hatte er Lori und Sophie Frech und Lieb getauft. Wären Sie nicht physische Kopien voneinander, würde Chase nicht für eine Sekunde glauben, dass sie miteinander verwandt waren. Seltsamerweise hatte es bei der Party so ausgesehen, als ob Lieb einzig und allein die Absicht hatte, Frech umzubringen . Wenn er sich nicht irrte, hatte Lori sich tatsächlich vor Sophie versteckt.
    Gut, dass er einen Grund hatte, von dort zu verschwinden, bevor sie sich in die Wolle kriegten, dachte er, als er auf der sich verengenden Straße um eine Kurve fuhr. Die Straße führte zu dem Weingut Sullivan, das hier, in der Weinregion Napa Valley, seinem Bruder Marcus gehörte.
    Für die nächsten vier Tage war Chase mit einem Fotoshooting für Jeanne & Annie beschäftigt, einem schnell wachsenden Modeunternehmen, das Haute Couture mit einem ganz eigenen Stil kombinierte. Die Models und die Crew würden in der Stadt wohnen, Chase beabsichtigte jedoch, in Marcus’ Gästehaus zu bleiben.
    Ein Blitz erhellte den Himmel und wenn die Straße einen ausreichend breiten Seitenstreifen gehabt hätte, hätte Chase seinen Wagen angehalten und ein paar Aufnahmen vom Sturm gemacht. Er liebte den Regen. Ein Unwetter veränderte den Blickwinkel, konnte eine gewöhnliche Wiese in einen Sumpf mit tausenden von Vögeln bei einem spontanen Boxenstopp verwandeln. Bedingungen, bei denen die meisten Fotografen durchdrehten, besonders wenn sie für ihre Fotos auf den perfekten Sonnenuntergang angewiesen waren, waren genau das, was er mochte.
    In jenen Momenten, wenn jedem kalt war und nichts „richtig“ lief, begann die Magie. Die Models würden endlich aus sich herauskommen und ihm über ihre aufgesetzte Schönheit hinaus zeigen, wer sie wirklich waren. Chase war der Ansicht, dass man eine reale emotionale Beziehung zur Kamera haben musste, damit wahre Schönheit, abgesehen von der Schönheit der Kleider, des Schmucks oder der Schuhe, wirklich erstrahlen konnte.
    Natürlich hatte die Tatsache, dass Chase schon früh in seiner Karriere von körperlicher Schönheit umgeben war, ihn zu einem ebenso großen Aufreißer gemacht, wie jeden anderen hetero Kerl in seinem Gewerbe. Es war verdammt schwer, ein fast nacktes Mädchen abzuweisen, das in seinem verzweifelten Kampf um Anerkennung nahezu alles tun würde. Man brauchte sich nie ihre Namen zu merken. Man erfuhr nie, ob sie Geschwister hatten, oder gut Tennis spielen konnten.
    Zunächst war das einer der Vorteile seines Jobs, aber dann, als er in den späten Zwanzigern war und erkannte, dass seine Schöne der Nacht keine vollen acht Stunden durchhielt, seine Fotos aber für die Ewigkeit waren, schaltete er einen Gang herunter.
    Zwischen seinen jüngsten Reisen nach Asien und aufgrund