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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schützen zu müssen, wäre mißlich, dachte er bei sich. Man muß ihn entweder bei Laune halten oder seine Asche in den Brunnen des Vergessens streuen. So oder so darf er nie wieder für eine der anderen Familien arbeiten. Der Herr des Hauses strich abermals nachdenklich über die helle Blume auf seinem Schreibtisch.
    Die Schwarze Nieswurz hat noch eine Besonderheit: Sie kann im tiefsten Winterschnee eingefroren sein, doch wenn das Eis schmilzt und es wie Tränen von den Blütenblättern tropft, ist die Blume darunter immer noch frisch und lebendig. Die Nieswurz ist stark und geduldig.
    Die hochgewachsene, schlanke Gestalt im spinnenseidenen Anzug drückte auf einen Knopf seitlich am Schreibtisch und sagte etwas in die Luft. Die Winde Elfiens wehten seine Worte durch die große Stadt und über das ganze sorgenschwere Land, trugen sie all denen zu, die sie hören mußten, und riefen seine Verbündeten und Vasallen zur ersten Beratung über den nächsten Krieg der Blumen.



 
1
Wolken
     
     
    T heo verspürte einen leisen Gewissensbiß, als er das Handy wieder anstellte, vor allem als er merkte, daß er es über zwei Stunden lang nicht angehabt hatte. Mit Erleichterung stellte er fest, daß es keine Mitteilungen gab. Er hatte es bloß für ein paar Minuten abschalten wollen, um sicherzugehen, daß sie nicht beim Stimmen unterbrochen wurden – die jungen Typen, besonders Kris, den Gitarristen, machte das immer stinksauer –, aber dann war eins zum andern gekommen, und er hatte es vergessen.
    Johnny trat über die Gitarrenkästen, die auf dem Wohnzimmerteppich verstreut lagen wie leer zurückgelassene Kokons, und schob die Tür nach draußen auf, um sich zu ihm zu gesellen. Während sie geübt hatten, war der Nebel den Berg heruntergekommen, und die Terrasse schien eine Insel in einem kalten, dunstigen Meer zu sein.
    Jesses, San Francisco im März. Er hätte seine Jacke anziehen sollen. Man kommt sich vor wie in Minnesota. »Sag mal«, fragte er Johnny, »hast du was zu rauchen?«
    Der Drummer schnitt ein Gesicht und klopfte erst die Hemdtasche, dann die Hosentaschen ab. Er war klein, doch er hatte lange, kräftige Arme. Wenn Theo ihn betrachtete – die Wampe, die schütter werdenden zotteligen Strähnen, die aus den T-Shirt-Kragen quellende Brustbehaarung –, mußte er immer an die seelenvollen Schimpansen in den Dokumentarfilmen von dieser Engländerin denken.
    Als Johnny das Päckchen schließlich fand, schüttelte er eine für Theo heraus und eine für sich und zündete sich seine an. »Mann, selber hast du nie welche.«
    »Weil ich mir nie welche kaufe. Ich rauche nur, wenn ich Musik mache.«
    Johnny schüttelte den Kopf. »Das ist typisch, Vilmos, du bist immer fein raus. Ich bin süchtig, du rauchst nur, wenn du Lust hast, das heißt, wenn ich in der Nähe bin. Wahrscheinlich werde ich auch derjenige sein, der Krebs kriegt.«
    »Wahrscheinlich.« Theo überlegte, ob er zu Hause anrufen sollte, aber er hatte ohnehin vor, in ein paar Minuten zu gehen. Andererseits war Cat schwanger und hatte neuerdings den Tick, immer unbedingt wissen zu wollen, wo er war … Wieder zwickte ihn das Gewissen, und unschlüssig starrte er das Telefon an, als wäre es ein Kultgegenstand aus einer untergegangenen Kultur.
    »Hat deine Alte dir was draufgesprochen?« Johnny war der einzige in der Band, der im gleichen Alter wie Theo war, doch er redete, als ob er noch älter wäre, und gebrauchte hemmungslos Ausdrücke wie »Puppe« und »dufte«. Theo hatte ihn einmal sogar »die Wucht in Tüten« sagen hören, doch er hatte später beteuert, das sei ironisch gemeint gewesen. Johnny war auch der einzige, der Verständnis für so etwas Archaisches hatte, wie zu Hause anzurufen. Kris, Dano und Morgan waren Anfang zwanzig und in dem Stadium, wo sie ihre Freundinnen kurz ansimsten, um bekanntzugeben, wann sie nach der Probe zum Vögeln vorbeikamen.
    »Nö. Ich muß sowieso los.«
    Johnny schnippte seine Zigarette über das Geländer auf die Straße, eine winzige Sternschnuppe. »Hör dir doch noch kurz das Playback von ›Feast‹ an, oder willst du, daß Kris noch kniffärschiger wird, als er eh schon ist?« Er grinste in seinen Bart und fing an, das Tape abzuwickeln, das er sich vor dem Spielen immer um die Knöchel band, um sich zu schützen, wenn er damit an die Rahmen knallte. Theo hätte an seiner Stelle lieber Narben in Kauf genommen als die rosigen, haarlosen Streifen auf den pelzigen Handrücken, aber Johnny war, wie es

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