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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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    Die Anspannung der Zehnkämpfer steigerte sich ins Unerträgliche. Nervös nippten sie an ihren Trinkflaschen, überprüften zum x-ten Mal den Sitz der Laufschuhe oder fingerten an den Reißverschlüssen der Trainingskleidung herum.
    Endlich forderte der Oberkampfrichter die Athleten auf, sich für den 100-Meter-Lauf fertig zu machen. Die Sportler klatschten sich alle noch einmal ab und wünschten sich viel Glück. Dann zogen sie ihre Trainingsanzüge aus und trabten zu den Startblöcken.
    Tobias blickte hinüber zur Tribüne, wo sich inzwischen der gesamte Tannenberg-Clan eingefunden hatte. Sogar Kurt, der Familienhund, war mit dabei. Margot, seine Großmutter, stand zwischen zwei großen Kühltaschen und winkte ihm fröhlich zu. Sie hatte Proviant für eine halbe Kompanie eingepackt. Die anderen winkten ebenfalls oder reckten ihm aufmunternd die Fäuste entgegen.
    Er bedankte sich mit einem knappen Nicken und ging die letzten Schritte bis zur Startanlage mit gesenktem Kopf. Hinter seinem Startblock schloss er die Augen, atmete tief durch, schnellte ein paar Mal wie eine Sprungfeder in die Höhe und klatschte sich mit den Handflächen auf die Oberschenkel. Anschließend zog er die Folie von seiner Startnummer und klebte sie seitlich auf die rechte Hüfte.
    Heute wird es klappen. Ideale Bedingungen: super Wetter, starke Gegner, trockene Tartanbahn, leichter Rückenwind, schoss es ihm durch den Kopf.
    »Auf die Plätze!«, befahl der Starter.
    Ein letztes Aufblähen des Brustkorbs, dann brachte Tobias seinen von Adrenalinschüben aufgeputschten Körper in die ideale Startposition. Jede Muskelfaser war bis zum Zerreißen angespannt. Er war hoch motiviert, topfit und voll konzentriert.
    »Fertig!«
    Ein lautes Krachen zerschnitt die friedliche Stille.
    Tobias explodierte förmlich. Die ersten, kurzen, trommelartigen Schritte in geduckter Haltung, dann das Aufrichten des Oberkörpers und der Wechsel in ein gleichmäßig hohes Sprinttempo. An seinem geschmeidigen, unverkrampften Bewegungsablauf spürte er, dass sein Körper optimal funktionierte.
    Es war der 100-Meter-Lauf seines Lebens.
    Tobias drehte den Kopf zuerst nach links und dann nach rechts. Aber er sah niemanden, auch nicht Marcel, seinen schärfsten Konkurrenten, der auf der Bahn direkt neben ihm lief.
    Von der Tribüne her ertönten ›Tobi-Tobi‹-Rufe, stürmischer Applaus brandete auf.
    Beim Überqueren der Ziellinie hatte er die elektronische Zeitmessung fest im Blick: 11,14 Sekunden. Jubelnd riss er die Arme empor. Neue persönliche Bestleistung – eine hervorragende Ausgangsbasis für die weiteren Disziplinen des Zehnkampfs.
    Plötzlich hörte er schräg hinter sich ein spitzes Zischen, dem nahezu zeitgleich ein dumpfes Plopp-Geräusch folgte.
     
    Zum gleichen Zeitpunkt saß John etwa 150 Meter von der Ziellinie entfernt in der Krone einer Buche. Aufgrund ihres dichten Laubwerks bot sie ihm nahezu perfekten Sichtschutz. Er trug dezente grüne Kleidung und gleichfarbige Trekkingschuhe, so dass er selbst bei genauerem Hinsehen kaum auszumachen war.
    Er hatte sich in der Dämmerung auf den Weg gemacht und die zerlegte Waffe in seinem Rucksack hierher transportiert. Den passenden Baum hatte er bereits lange zuvor ausgespäht. Die alte Buche war leicht zu besteigen, bot eine bequeme Sitzposition und eine optimale Auflagemöglichkeit für sein Präzisionsgewehr. Zudem erlaubte die ausgesuchte Stelle einen ungehinderten Blick über den Zaun der Sportanlage hinweg – und somit ein freies Schussfeld.
    Er fühlte sich wie ein Jäger auf seinem Hochsitz.
    Ja, er war ein Jäger.
    Nur jagte er eben kein Wild, sondern Menschen.
     
    Die Jubelschreie der etwa einhundert Zuschauer erstickten schlagartig und ihre Mienen erstarrten. Einige von ihnen warfen entsetzt die Hand vor den Mund, andere deuteten fassungslos auf die Tartanbahn, wo Marcel Christmann nach wie vor regungslos auf dem weinroten Kunststoff lag.
    Jedem im Stadion war sofort klar, dass der junge Sportler nicht aufgrund irgendeiner Verletzung oder einer Herzattacke kurz vor der Ziellinie zusammengebrochen sein konnte. Dazu waren die letzten Bewegungen des athletischen Körpers zu untypisch gewesen. Außerdem klang das Schussgeräusch völlig anders als der Platzpatronenknall aus der Startpistole.
    »Deckung!«, schrie Wolfram Tannenberg, der geistesgegenwärtig die Dramatik der Situation erfasste. »Los, alle hinter die Garagen! Vielleicht schießt dieser Irre noch mal.«
    Zuschauer, Kampfrichter und

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