Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)
Wir hatten sogar unsere eigenen Schläger und Bälle. Und wenn ich heute mal in den Urlaub fahre und dort eine Minigolfbahn sehe, weiß jeder, wo er mich finden wird.
Meine Mutter, von Beruf Schneiderin, hat sich von meinem Vater getrennt, als ich ungefähr zwölf war. Ich bin auch geschieden, meine Exfrau bringt ihre Hosen heute noch manchmal bei meiner Mutter vorbei, obwohl sie längst in Rente ist. Nach meinem Vater hatte sie einen neuen Lebensgefährten, den hat sie später auch geheiratet. Ein super Typ. Er war bei der »Mülle«, wie wir in Berlin früher gesagt haben; heute arbeitest du »bei der BSR«, der Berliner Stadtreinigung. Nebenbei war er als Hobby-Masseur tätig. Radrennfahrer des Berliner Sechstagerennens waren bei ihm in guten Händen, und ich dann später auch.
Der neue Mann meiner Mutter kam von der Straße, ein harter Typ. Ein echter Straßenjunge, aber mit weichem Herz. Er war ein Fan von mir und überall dabei. Bei all meinen Profikämpfen hat er mich massiert, allein seine Anwesenheit hat mich bestärkt und mir Rückhalt gegeben. Kein unwesentlicher Faktor, wenn man in den Ring steigt und weiß, egal, was passiert, da ist jemand, der trägt dich notfalls auch nach Hause. Aber er war auch streng. Nicht, dass er mich bestraft hätte, er war eher beleidigt und bockig, wenn ihm etwas nicht passte. Er forderte immer strenge Disziplin. Und er war eine Erscheinung: groß und dick, ein Bud-Spencer-Typ. Aufbrausend, aber niemals handgreiflich. Eines Tages, 1991, ist er auf dem Sofa eingeschlafen und einfach nicht mehr aufgewacht – Herzversagen. Ich brauchte eine Weile, um mich von diesem Verlust zu erholen.
Meine Schwester ist auf den Tag genau zwei Jahre älter als ich. Wir haben beide am 26. Februar Geburtstag. Sie hat Bäckerei-Gewerbegehilfin gelernt, ist jetzt aber Erste Hauptwachtmeisterin beim Familiengericht. Nach der Trennung unserer Eltern wohnten wir beide bei meinem Vater in der Seestraße, auch im Wedding.
Allerdings habe ich kaum noch Bilder aus meiner Kindheit im Kopf. Vielleicht, weil alles, was danach kam, so intensiv war? Ich erinnere mich nur daran, wie wir Kinder uns immer im Hinterhof getroffen haben. Dort dachten wir uns irgendwelche Abenteuer aus, um unseren Mut auf die Probe zu stellen. Auf Bäume klettern, von einem Ast zum anderen hangeln, auf Müllhausdächer springen. Je höher, desto besser. Wenn ich heute so drüber nachdenke, wundert es mich, dass ich mir nicht die Knochen gebrochen habe.
Ich lebe schon seit 1986 nicht mehr im Wedding, aber manchmal fahre ich noch in meinem alten Viertel vorbei. Neben dem Haus, in dem damals unsere Wohnung war, steht eine Kirche, die Kapernaumkirche. Da habe ich 1986, mit 24, geheiratet. Meine Hochzeitsfeier ist bis heute eine der besten Partys, die ich je erlebt habe.
In der Nähe der Seestraße wohnte auch mein bester Kumpel, Ivan, dessen Eltern aus Jugoslawien stammten. Ivan war immer der Schlaueste von uns allen, worauf sogar die Mädels standen. Ein absoluter Don Juan! Nach der Schule hat er Sport studiert, und heute betreibt er einen Computerfachhandel. Ein dufte Typ, wir sind bis heute befreundet. Wann immer ich Hilfe in privater Angelegenheit benötige, ist er meine erste Anlaufstelle.
Meine erste Jugendsünde beging ich mit neun Jahren. Wieder so eine Mutprobe unter halbstarken Jungs. In der Mitte der Seestraße war ein breiter Grünstreifen mit Straßenbahnschienen dazwischen. Hier gab es einmal eine Baustelle, wo ich mit meinem damaligen Kumpel Thomas einbrach. Wir klauten herumliegende Pfandflaschen, um sie anschließend einzulösen. Beim zweiten Mal wurden wir dann erwischt. Da haben mir ganz schön die Knie geschlottert, und ich habe die Aktion sofort bereut.
Und natürlich habe ich nicht immer zu den »bösen Jungs« gehört. Einmal war ich in einer Situation, an die ich später, als durchtrainierter Kickboxer, noch oft denken würde. Denn erst durch meinen Sport habe ich gelernt, wie man sich gegen Stärkere zur Wehr setzt. Ich war ungefähr 14 und stand mit einem Kumpel in der Schultoilette. Wir wuschen uns gerade die Hände und lachten über irgendwas. Ein für Auseinandersetzungen bekannter Junge, der viel älter war als ich, kam ebenfalls zur Toilette herein. Ohne jeden Grund schlug er mir auf den Hinterkopf, so dass ich gegen den Spiegel krachte und der zerbrach. Ich fragte ihn, warum er mich einfach so schlägt? Seine Antwort: Wir hätten über ihn gelacht, und ob ich denn nicht wüsste, wer er sei.
Ich
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