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Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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Schlimmste, was du je im Dienst erlebt hast? Würdest du dir die Todesstrafe zurückwünschen? Ich bin geblitzt worden – kannst du da was machen? Es war so vorhersehbar und nervtötend, und ich fand es schrecklich peinlich, vor Ians Freunden als Repräsentantin der Metropolitan Police zu gelten. Ich war doch auch nur ein Mensch. Und Geschwindigkeitsdelikte waren nun definitiv nicht mein Ressort.
    » Ian…«
    » Ich denke, du hast es eilig?«
    Ich schaute auf die Uhr. » Ja. Können wir bitte später darüber reden?«
    » Ich kann’s kaum erwarten.«
    Eigentlich wollte ich ihn darauf hinweisen, dass ich das Thema gar nicht aufgeworfen hatte, beugte mich aber stattdessen über das Bett und hauchte Ian einen Kuss aufs Kinn an die Stelle, an die ich einigermaßen herankam. Keine Reaktion. Seufzend ging ich in die Küche, wo ich mir eine Banane griff und dann mit Tasche und Mantel in der Hand die Treppe hinunterhastete. Ich schloss die Haustür leise mit eingestecktem Schlüssel, um die Nachbarn nicht zu wecken– obwohl das wahrscheinlich überflüssig war, denn wenn sie die Dusche und unseren Beziehungskrach nicht gehört hatten, würde sie das Klappen der Tür wohl auch nicht aus dem Schlaf reißen. Falls sie überhaupt zu Hause waren und nicht zu einem vorweihnachtlichen Shopping-Urlaub in New York weilten oder es sich auf den Bahamas gutgehen ließen.
    An der Tür hielt ich einen Moment deprimiert inne– mir schwirrte der Kopf.
    » Was mache ich hier bloß? Was zum Teufel mache ich hier?«
    Ich hatte das eigentlich nicht laut sagen wollen und meinte damit auch nicht die Arbeit. Mit meinem Job war ich ziemlich zufrieden. Was man von meiner Beziehung nicht gerade sagen konnte. Wir waren seit acht Monaten liiert, wohnten seit einem halben Jahr zusammen, und kurz nachdem ich bei Ian eingezogen war, hatten die Streitereien angefangen. Ich war einem strahlenden Lächeln, breiten Schultern und einem Job, der nichts mit Verbrechen zu tun hatte, erlegen. Von ihm wusste ich, dass er mich als dynamische, vielbeschäftigte Kriminalbeamtin mit langen Beinen und ohne Hintergedanken mochte. Ich war nicht auf der Suche nach einem Ehemann und Vater für etwaige Kinder gewesen– zumindest noch nicht. In meinen Augen leuchteten keine Dollarzeichen auf, als ich erfuhr, dass er Banker war. Es war alles ganz unkompliziert. Wir trafen uns, wenn wir Zeit hatten, vertrödelten Stunden im Bett bei ihm oder bei mir und aßen, sooft es ging, gemeinsam zu Abend. Als mein Mietvertrag zur Verlängerung anstand, nutzte er die Chance und lud mich ein, in seine designermäßig durchgestylte und sündhaft teure Wohnung in Primrose Hill mit einzuziehen. Er ging damit wie üblich aufs Ganze– genau das hatte ihn auch reich gemacht. Aber diesmal war es keine gute Idee gewesen, sondern eine ziemliche Katastrophe. Wir kannten uns ja gerade mal zwei Monate, und das vor allem körperlich. Wir hatten uns keine Gedanken darüber gemacht, welche Interessen wir gemeinsam hatten oder was wir an langen Winternachmittagen anfangen sollten, wenn das Wetter zu ungemütlich war zum Rausgehen. Also blieben wir entweder im Bett oder stritten uns. Dazwischen gab es nichts. Ich begann länger zu arbeiten, früher ins Polizeirevier zu fahren und auch am Wochenende mal dort vorbeizuschauen, selbst wenn ich keinen Dienst hatte. Mein einziger Trost war der Überstundenzuschlag.
    Die Nachtluft war empfindlich kühl, und ich fror, als ich die Straße entlangeilte und mein Haar eisig im Nacken spürte. Ich war froh über den karamellfarbenen langen Mantel aus weicher Wolle, den mir Ian geschenkt hatte. Er war eigentlich viel zu edel, um damit auf Verbrecherjagd zu gehen, aber Ian hatte sich nicht davon abbringen lassen. Dass er geizig war, konnte man ihm wirklich nicht nachsagen. Im Gegenteil, er war beinahe übertrieben großzügig. Selbst wenn ich mein Einkommen durch Überstunden aufbesserte, konnte ich finanziell nicht annähernd mit ihm mithalten. Wir waren nicht ebenbürtig, da half alle Selbsttäuschung nicht. So konnte es einfach nicht weitergehen.
    Als ich bei meinem Auto ankam, das ich am Abend zuvor sonst wo abgestellt hatte, weil in der Nähe kein Parkplatz zu finden war, blieb ich einen Augenblick stehen, atmete tief die kalte Luft ein und versuchte, auf die Stille zu lauschen. Jedenfalls war das meine Absicht. Doch irgendwo in der Nachbarschaft ließ jemand den Motor aufheulen und raste davon– der Verkehrslärm hatte schon begonnen. Und ich sollte längst

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