Der Brandstifter
einer Schar ergebener Anhänger vorzustehen.
Rob klopfte gegen den Türrahmen. » Sie wollten mich sprechen, Chef?«
Godley schaute auf, ohne uns direkt anzusehen. » Ja, in Ordnung. Und Maeve, Sie sind auch da, ausgezeichnet.«
» Rob hat mich angerufen«, sagte ich hinter seiner Schulter hervor, weil ich wusste, dass es ihn freuen würde, die Pluspunkte dafür einzuheimsen. Das konnte vielleicht sogar der Tatsache den Stachel nehmen, dass Godley mich angelächelt hatte. Aber Rob hatte solcherlei Schützenhilfe eigentlich gar nicht nötig. Er war dabei, sich recht professionell und eigenständig einen guten Ruf zu erarbeiten.
Godley war inzwischen wieder hellwach. » Haben Sie ihr die Lage erläutert?«
Rob nickte.
» Also sind Sie schon im Bilde, dass wir einen Verdächtigen haben und eine Zeugin.«
Es gab nicht den Hauch einer Chance, dass ich mit dem mutmaßlichen Täter auch nur entfernt in Kontakt kam. Ich hatte gelernt, nicht auf Sachen zu spekulieren, die von vornherein aussichtslos waren. Um den Verdächtigen würde sich die Chefetage selbst kümmern, sobald er ansprechbar war. Aber die Zeugin wollte ich mir unbedingt selbst vornehmen. Betont beiläufig schlug ich vor: » Mit ihr würde ich mich gern unterhalten. Mit dem Mädchen, meine ich. Ist vielleicht einfacher für mich, ihr Vertrauen zu gewinnen.«
» Wir warten noch, bis sie bereit ist auszusagen und ein bisschen ausgenüchtert. Ich bin ganz sicher, dass Sie prächtig mit ihr auskommen werden.« Judd saß noch immer vor dem Bildschirm und tippte eifrig. Nie ließ er sich eine Gelegenheit entgehen, jemandem einen Seitenhieb zu verpassen. Vor allem mir. In null Komma nichts wich die leichte Nervosität, die ich in Gegenwart des Chefs immer verspürte, einer Stinkwut auf den Inspektor. Obwohl ich nicht das rote Haar meines Vaters geerbt hatte, besaß ich zweifellos das Temperament, das gemeinhin damit assoziiert wurde.
» Darf ich fragen, was Sie damit sagen wollen?«
» Genau das, was ich gesagt habe.« Sein Tonfall war höflich, aber hinter seiner Brille funkelte die Abneigung. Er wusste genauso gut wie ich– und alle anderen in diesem Raum–, dass er mich soeben mehr oder weniger als Trinkerin diffamiert hatte. Da war es wieder, dieses dämliche Klischee: Ich war Irin, also hatte ich ein Alkoholproblem. » Ich nehm ein großes Guinness– ach nein, am besten gleich zwei und dazu noch ’nen doppelten Whiskey.« Dass meine Eltern beide Abstinenzler waren, ich bis zum Alter von 20 keinen Tropfen Alkohol angerührt habe und heute allenfalls Rotwein trank, spielte überhaupt keine Rolle.
» Sie machen das schon«, ermunterte mich Godley und ging gar nicht auf die Spannung ein, die plötzlich in dem engen, stickigen Raum herrschte. » Rob kann ruhig mitkommen, wenn Sie mit ihr reden. Ich will wissen, was genau passiert ist, bevor sie auf ihn eingestochen hat. Mich interessiert, wo er sie aufgegabelt hat und wie sie in seinen Wagen gekommen ist. Was sie in Panik versetzt hat. Ich gehe davon aus, dass er etwas gesagt oder getan hat, woraus sie schloss, im Auto unseres Mörders zu sitzen. Aber ich weiß eben nicht, was das war, und ich möchte erst mit ihm sprechen, wenn ich ihre Sicht der Dinge gehört habe.«
» Alles klar.« Das klang nicht sonderlich kompliziert und sollte kein Problem sein.
Hoffentlich.
» Sie ist eine wichtige Zeugin«, erklärte Godley. » Ich möchte auf keinen Fall, dass ihr jemand zu nahe tritt. Behandelt sie mit Respekt.«
Ich war mir ziemlich sicher, dass diese letzte Bemerkung nicht an meine Adresse ging. So etwas musste man mir nicht extra sagen, und das wusste Godley hoffentlich auch. Bei Judd sah das schon anders aus.
» Wann kann ich zu ihr?«
» Jetzt sofort. Sie will unbedingt nach Hause. Sie hat eingewilligt, eine Aussage zu machen, aber eigentlich ist sie schon fast weg. Also verlieren Sie am besten keine Zeit.«
Ich wandte mich zum Gehen, blieb jedoch stehen, als Rob noch etwas sagte. » Gibt es etwas Neues über den Wagen? Wurde da etwas gefunden?«
Judd antwortete mit zusammengepressten Lippen: » Bislang nicht.«
» Was?« Ich war irritiert.
» Das Auto ist sauber. Kein Indiz in unserem Sinne. Weder ein Messer noch sonstige Waffen. Kein Brandbeschleuniger.«
» Könnte er das Zeug entsorgt haben? Alle Beweismittel vernichtet, wie damals dieser Sutcliffe, als ihm klar war, dass er verhaftet wird? Zeit genug hatte er ja, ehe man ihn gefunden hat.« Es war nicht das erste Mal, dass der als
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