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Der Chefarzt

Titel: Der Chefarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Argirov Valentin
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Ach so, ich kenne die Story, nicht mein Geschmack. Gut für Frauenzeitschriften. Was erwartest du von mir? Es soll romantische Chirurgen geben, ich jedenfalls …«
    Interne Intensivstation. Acht Betten. Acht Patienten. Leises Summen der Monitoren, eine Überdruckbeatmungsmaschine schaltet sich mit nervenzermürbender Regelmäßigkeit ein: wums-wuubs … wums-wuubs …
    Der Patient Nr. 8 Antonio Dellonga zuckt ein wenig mit den Augenlidern, sein Atem ist flach, sein Herz rast und schlägt gegen die Katheterspitze. Hundertdreißigmal in der Minute. Noch ahnt keiner etwas davon.
    Schwester Leopoldine betrachtet das Kontrollpult vor ihr, ein seltener Augenblick, wo alle acht Patienten ruhig sind, die grünen Lämpchen über den Betten, die flimmernden Herzkurven der Monitoren, wums-wuubs. Auf ihrem Stuhl nickt sie ein.

7
    Zunächst abwarten, entschied Rosemarie Schwarz in der letzten Stunde der Diebstahlsnacht. Man sollte der Polizei die Suche nach den Kerckhoffschen Juwelen verleiden. ›Das Glück ist mir günstig‹, dachte sie aufgeräumt und vermied es, an Josef zu denken, der jetzt wie ein Löwe im Käfig auf sie wartete. Sie grub die Juwelen aus dem Gipspulver aus und tat sie, mit der Kompresse umwickelt, in einen Plastikbeutel. Dann steuerte sie einen Raum im Keller an. Der Gedanke an Josef zog ihr das Herz zusammen. ›Was immer er mit mir anstellen mag‹, schwor sie, ›ich schweige.‹
    In der Mitte des Raumes, den sie nun betrat, befand sich eine Zementwanne, in der, das wußte sie von ihrer Ausbildungszeit, menschliche Körperteile in Formalinlösung aufbewahrt wurden. Sie sah sie nicht, als sie den Deckel hob. Nur an einer Stelle unterbrach ein aufgetauchter Arm die glatte, dunkelbraune Oberfläche der Formalinlösung. Er war behaart. Sie ließ den Beutel mit dem Schmuck darin verschwinden.
    Rosemaries Zimmer befand sich im Schwesternheim auf dem Universitätsgelände, keine hundert Meter von der chirurgischen Klinik entfernt. Ein Hochhaus, das, wenn es voll belegt war, zweihundertundsiebzehn Schwestern, meist junge Mädchen, bevölkerten. Im Erdgeschoß angelangt, klopfte sie leise an ihre Türe. Sie wurde aufgerissen, und Josef Glücklich, auf Krankenhausdiebstähle spezialisiert, zerrte sie hinein und fragte hastig: »Hast du's?«
    »Nein«, log Rosemarie.
    »Heißt das«, die Wut verzerrte sein Gesicht, »du hast die Klunker nicht?« Eine schallende Ohrfeige warf sie aus dem Gleichgewicht. Er schlug sie in der letzten Zeit oft, weil seine Nerven schlecht waren. »Ich dreh' dir das Genick um«, zischte er. Wenn es um den Ruf eines starken Mannes ging, sorgte Josef Glücklich für Ordnung. Was passiert war, wollte er wissen.
    Alles hatte er so klug eingefädelt, als er von der alten Schachtel im Krankenhaus und von ihrem Geschmeide erfuhr. Das Frauenzimmer hier herumzukriegen war nicht ganz einfach. Doch Josef Glücklich verstand sich darauf. Er brauchte eine Weile, bis er sie so weit hatte, sie war so zaghaft wie häßlich. Heute wollte er endlich abhauen mit dem Schmuck, auf Nimmerwiedersehen. Diese blöde Kuh hatte ihm die Tour vermasselt. Nun würde er sie sich gleich vorknöpfen. Er ging zur Türe und sperrte zu. Dann drehte er sich langsam zu ihr. Sie stand gebückt inmitten des Zimmers, die Hand auf die geschlagene Backe gepreßt, die Schwesternhaube war weggeflogen, Furcht spitzte ihr Gesicht.
    Widerwillig schritt Josef Glücklich auf sie zu. Da ging der Mensch mit so einer Vogelscheuche ins Bett. Er holte zu einem neuen Schlag aus.

Nachlaß einer Adligen
1
    Elisabeth Kerckhoff war eine geborene Kerckhoff. Vor gut vierzig Jahren hatte sie ihren zweiten Mann mit einem silbernen Kerzenleuchter aus ihrem Haus gejagt, ihm folgte, nur halb angezogen, die blonde Zofe der Gräfin. Die Zornesausbrüche begleiteten die Gräfin bis ins hohe Alter. Mit achtunddreißig, zwei Jahre nach ihrer Scheidung, gebar sie ein Mädchen, das sie Karen taufte, und fortan widmete sie ihm die ganze aufgestaute Liebe einer noch jungen, leidenschaftlichen Frau. Karen bekam bald die Zornesausbrüche und Mutters eisernen Willen zu spüren; in allen Fragen der Erziehung war die Gräfin eine konsequente Frau.
    Mit siebenundsechzig Jahren, zwei Jahre nach Karens Tod, hatte Johannes einen Magenkrebs bei ihr diagnostiziert und ihr reinen Wein eingeschenkt. Die Operation befreite sie vom Tumor, die Beobachtungszeit von fünf Jahren verlief ohne Komplikationen. Mit vierundsiebzig bekam sie eine chronische Leukämie, auch

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