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Achilles Verse

Achilles Verse

Titel: Achilles Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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Wer läuft, ist der Welt entrückt. Jeder, der auch nur einmal in seinem Leben an einem Volkslauf teilgenommen hat, fühlt dieses unbändige Verlangen, seine eigene Philosophie zu entwerfen. Wer je das süße Gift des Endorphins schmecken durfte, der glaubt, ihm sei Einsicht in letzte Wahrheiten gewährt worden. Kein Wunder, dass die Kirchen leer sind. Die Menschen feiern ihren Ersatzgottesdienst, indem sie am Sonntagmorgen durch die Grünanlagen hecheln.
    Laufen ist gut, globaler Minimalkonsens, Weltreligion und findet immer mehr Anhänger. Über zehn Millionen Deutsche laufen regelmäßig, ebenso viele haben es schon mal versucht. Doppelt so viele würden gern anfangen oder sollten – ihr Arzt oder, schlimmer noch, der Partner hat es befohlen. Statistisch betrachtet besteht das halbe Land aus potenziellen Läufern. Und die andere Hälfte lacht darüber.
    Gurus, Heilige, Pharisäer und Scharlatane gibt es reichlich und die entsprechende Menge Kampfliteratur: Bibeln, Katechismen und Litaneien, Abweichlerisches und Frevelhaftes. Deren Botschaften klingen für Freizeitläufer wie Peitschenhiebe aus dem Märtyrerhandbuch: Steh früher auf! Friss nicht so viel! Ruiniere deine Beziehung und alle Freundschaften! Leiste mehr! Verkneif dir das Bier! Halt die Klappe, laufe schneller! Öfter! Länger! Verschwende deine Wochenenden! Kaufe immer neue
Schuhe und Pillen! Fülle Tabellen aus! Zweifle an dir! Quäl dich, du Sau!
    Dieses Buch ist anders. Es will weder befehlen, umerziehen noch zwangsbeglücken. Dennoch, oder gerade deswegen, bietet es Lebenshilfe für Läufer, für die, die es werden wollen, für ihre bemitleidenswerten Angehörigen und zuletzt für jene, die die stetig wachsenden Horden karnevalsbunter Strammwaden im deutschen Unterholz verständnislos bis amüsiert beobachten.
    Seit Herbst 2004 erscheinen Achilles’ Verse auf SPIEGEL ONLINE und seit 2008 versorgt www.achim-achilles.de die Sportsfreunde mit Wissenswertem, Kuriosem, kostenlosen Trainingsplänen und Spaß. Hunderttausende von Freizeitläufern lesen und leiden mit einem von ihnen, der sich nur manchmal besser macht als er ist. Sie mailen ihm ihre Sorgen, Freuden, Erlebnisse, sie hassen, sie verachten und sie lieben ihren Achilles. Denn er gibt seinen Lesern immer wieder das Gefühl: You never run alone. Da sind Millionen anderer wie du, die genau in diesem Moment auch keine Lust haben, sich aus dem warmen weichen Bett zu schälen, um in die klammen Schuhe zu rutschen. Laufen ist kein Spaß, sondern jedes Mal aufs Neue eine Heldentat.
    Sie halten das Tagebuch eines Läufers in den Händen, geschrieben mit dem Blut wund gescheuerter Innenschenkel, dem Schweiß hunderter Trainingskilometer, mit Tränen der Freude darüber, etwa einmal im Jahr so schnell ins Ziel zu kommen, wie insgeheim erhofft. Hier geht es zu wie im wahren Läuferleben; manchmal ehrgeizig, bisweilen träge, oft ungerecht und engstirnig, grundsätzlich aber fröhlich und unbeschwert, und immer lehrreich.
    Dieses Buch ist ein Freund. Es weint, es lacht, es spinnt, es leidet, es hasst, es fabuliert, es hofft mit dem Läufer. Es handelt von kleinen Erwartungen und großen Enttäuschungen, von der Jagd nach dem Glück und dem permanenten Scheitern dabei. Es kennt jede Ausrede, warum es mit der Spitzenleistung wieder nicht geklappt hat, und liefert noch neue: das Wetter, die Flasche Rotwein vom Vorabend, ein verdächtiges Ziepen in der Wade, ein Rudel Walker,
das den Weg blockiert, Magendrücken oder der mentale Knockout, wenn eine ältere Dame unvermittelt überholt.
    Gleichwohl verströmt die älteste Fortbewegungsart des homo sapiens im Zeitalter von Totalmobilität und Standheizung eine nie da gewesene Faszination, die schnell in Abhängigkeit umschlägt. Eben dieser Sucht ist Achim Achilles erlegen.
    Achim ist in den Vierzigern, er bewältigt tapfer Beruf und Familie. Irgendwann kamen der Job, Mona, die beiden Jungs, der Rotwein, das schöne weiche Sofa und der weniger schöne weiche Ring an der Hüfte. Seine Frau Mona findet, ihr Mann sollte ein Hobby haben. Aber Achim mag keine Hobbys. Wozu gibt es die »Sportschau«?
    Vor 20 Jahren war Achim sportlich, wobei die Legenden von seinen Heldentaten, die er seinem Sohn Karl auftischt, mit der Realität nicht immer übereinstimmen. Aus der unspektakulären Siegerurkunde bei den Bundesjugendspielen 1975 wird in der Rückschau schon mal die Teilnahme an »Jugend trainiert für Olympia«. Sein Sohn rennt ihm längst davon, und die Geschichten

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