Der Clark Darlton Reader
geistigen Väter und Chefautor der erfolgreichsten Weltraumserie der Welt – Perry Rhodan.
Viele der Lieblingsthemen Walter Ernstings sind bereits in den hier neu zugänglich gemachten drei frühen Romanen (eigentlich sogar gebündelt schon im Erstling UFO am Nachthimmel) präsent: Phänomene der Zeitdilation bei Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit, Vor wegnähme von Dänikens These, wonach die Erde in alten Zeiten Besuch von Raumfahrern erhalten hat, Seelenwanderung, schließlich – später stärker ausgeprägt und realistischer – die Beschäftigung mit einem möglichen atomaren Holocaust. Er hat diese Themen oft und gern variiert, aber ungeachtet aller Einwände gegen die literarische Umsetzung und einen heute als recht missionarisch erscheinenden Eifer, der hier und dort durchbricht: Ich glaube, daß diese frühen Texte auch auf den heutigen Leser noch einiges von jenem „sense of wonder“ ausstrahlen, den der Leser in den fünfziger Jahren empfunden hat. Und sicherlich sind sie interessante Dokumente aus den Kindertagen der deutschen Nachkriegs-Science Fiction.
Walter Ernsting dürfte der beliebteste deutsche SF-Autor der fünfziger Jahre gewesen sein (beliebter und bekannter wohl auch als der zunächst auf Leihbücher fixierte K. H. Scheer). Seine spätere Entwicklung der deutschen SF-Szene, das Heranwachsen einer neuen Generation von Lesern, Kritikern und Autoren, der sich das volle Panorama der Science Fiction in aller Welt erschloß – dies alles führte zu einer recht gnadenlosen Demontage seines einstigen Images. Es scheint an der Zeit zu sein, den Versuch zu machen, dieses – allzu negative – Bild erneut zurechtzurücken.
Wohl unbestreitbar sind Walter Ernstings Verdienste um die deutsche SF-Szene. Er war lange Jahre als Redakteur, Übersetzer und Autor Motor dieser Szene. Er baute den „Science Fiction Club Deutschland“ auf und schuf damit die Grundlage für jenes Konglomerat von Fan- und Leserzirkeln, aus dem eine große Zahl von heute in der Science Fiction tätigen Redakteuren, Kritikern und Autoren (von Wolf gang Jeschke bis Franz Rottensteiner, von Ronald M. Hahn bis Gerd Maximovic, von Werner Fuchs bis Horst Pukallus, von Fredy Köpsell, William Voltz, Ernst Vlcek, Hubert Straßl, Thomas Ziegler bis hin zu mir selbst) hervorgegangen ist. Irgendwann entwickelte dieser Prozeß seine Eigendynamik, es gab Auflehnung und Protest, berechtigte, aber auch an der Sache vorbeizielende Kritik. Daß einiges davon bitter vermerkt wurde und nicht vergessen ist, zeigen mehrere der Antworten Walter Ernstings im Interview, wenn es um Kritiker, Autorenvereinigungen oder den im Kern doch sicherlich begrüßenswerten Kurd-Laßwitz-Preis geht.
Von diesen angesprochenen Verdiensten abgesehen bleibt jedoch zu fragen, ob Walter Ernsting nicht auch als Autor eine nüchternere Einschätzung zukommt, die sich weder in den Idealisierungen seiner Anhänger noch in den totalen Abqualifizierungen seiner Gegner erschöpft. Man muß ihn ja nicht gleich neben Stanislaw Lern, Ursula LeGuin oder Philip K. Dick stellen, auch nicht neben Isaac Asimov oder Robert A. Heinlein. Aber er sollte vielleicht dort seinen Platz finden, wo so mancher Klassiker der amerikanischen Pulp-Magazin-Szene der zwanziger und dreißiger Jahre anzutreffen ist. Zeitversetzt und unter anderen Produktionsbedingungen ist die „Gründerzeit“ der deutschen Nachkriegs-SF in manchen Aspekten den amerikanischen Anfängen vergleichbar. Mit sich aus der Natur der Sache ergebenden Einschränkungen sollten deshalb ähnliche Maßstäbe angelegt werden.
Wer mehr von Clark Darlton lesen will, hat im übrigen (wie im Interview bereits angesprochen) Gelegenheit dazu. Eine ihm gewidmete Retrospektive (Clark Darlton Taschenbuchreihe) stellt eine Anzahl seiner bekanntesten Romane in überarbeiteter Fassung neu vor.
Hans Joachim Alpers
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