Der Dativ Ist dem Genitiv Sein Tod 1
Geschlecht hat.
Dies ist zum Beispiel bei Bieren der Fall. Die sind immer sächlich, selbst wenn sie » König« (»Das König unter den Bieren«) oder »Urquell« heißen. Ähnliches gilt für Automarken und -modelle. Sie sind fast immer männlich*, auch wenn der Rasensport das Golf und die spanische Feier die Fiesta heißt – als Markennamen haben diese Hauptwörter gegen die Übermacht des männlichen Wortes »Wagen« keine Chance. Unsere Nachbarn, die Franzosen, verfahren übrigens nach dem gleichen Prinzip: Bei ihnen sind alle Automarken weiblich (la DS, la Peugeot, la Volkswagönn), weil es la voiture heißt.
Somit findet man in der deutschen Sprache sowohl das Astra (Bier) als auch den Astra (Auto). Wer Astra trinkt und Astra fährt, kann Sterne sehen, denn »astra« ist der Plural des lateinischen Wortes »astrum«, und das bedeutet» Stern«. Auch Zigarettenmarken sind
durchgehend gleichen Geschlechts, nämlich weiblich, daran vermögen weder das Kamel noch der Prinz etwas zu ändern.
Medikamente sind – als Heilmittel oder Packung gesehen – sächlich: das Aspirin, das Viagra. Wenn jedoch eine einzelne Pille gemeint ist, kann es durchaus auch die Aspirin oder die Viagra heißen.
* Abgesehen von Isetta, DS, Corvette und einigen Cabrios.
In grammatischer Hinsicht ist die Haselnuss eine ziemlich harte Nuss – nicht nur als Creme, sondern auch zwischen Waffeln: Heißt es das oder die Hanuta? Man mag argumentieren, dass Hanuta die Abkürzung für HAselNUssTAfel sei – und dass die Tafel ja nun unbestreitbar weiblich sei. Doch wer weiß denn schon, dass der Name Hanuta ein Akronym** ist? Wenn Hanuta weiblich ist, weil »Tafel« weiblich ist, dann müsste eigentlich auch Duplo weiblich sein; denn werben die Hersteller nicht mit dem Slogan, dass es sich um eine Praline handelt? Eine besonders lange sogar?
Trotzdem sind Schokoriegel in der Regel sächlichen Geschlechts: Kitkat, Mars, Bounty, Snickers, Milky Way, Twixwann immer man sie mit Artikel nennt, so ist es
»das«. Obwohl es doch der Schokoriegel heißt. Aber Mars, Bounty und Co. gibt es schon länger, als es das Wort »Schokoriegel« gibt. Früher sagte man dazu noch
»Süßigkeiten« oder »Naschwerk«. Eine
sprachwissenschaftlich fundierte Begründung, warum Schokoriegel immer sächlich sind, hat der Verfasser dieses Textes momentan nicht zur Hand. Daher bedient er sich des ultimativen Arguments: Isso! Und damit zurück zur Anfangsfrage:
Bei Ferrero, dem Hersteller von Nutella, hat man die Frage nach dem Geschlecht des Markennamens natürlich schon oft gehört. Auf der firmeneigenen Homepage gibt es daher einen erklärenden Eintrag, der den Kunden allerdings auch nicht vollständig befriedigen kann:
»Nutella ist ein im Markenregister eingetragenes Phantasiewort«, heißt es dort, »das sich einer genauen femininen, maskulinen oder sachlichen Zuordnung entzieht.«
** Akronym = Initialwort; so steht zum Beispiel »Haribo« für Hans Riegel, Bonn, und »Hakle« für Hans Klenk.
Manchmal ist eben einfach Phantasie gefragt – nicht nur bei der Suche nach neuen Namen, sondern auch bei der Suche nach einem passenden Geschlecht – oder einer Möglichkeit, die Geschlechterfrage zu umgehen:
»Schatz, reich mir doch bitte mal das Nutella-Glas rüber!«
Die reinste Puromanie
Sie wollen Action, Spannung, Erotik, Leidenschaft?
Was immer Ihr Herz begehrt, Sie sollen es bekommen —
und zwar pur. In anderer Form werden diese Artikel heute auch gar nicht mehr angeboten.
Wer sich auf die Suche nach Entspannung begibt, dem wird in Anzeigen, Katalogen, im Fernsehen und auf Internetseiten jede Menge davon versprochen, zu unterschiedlichsten Preisen und von unterschiedlichster Art und Weise. Doch eines haben alle Angebote gemein: Sie verheißen »Entspannung pur«.
Dieselbe Feststellung macht, wer das Abenteuer sucht: Ob beim Bergwandern in den Pyrenäen, beim Kanufahren auf der Müritz, selbst beim virtuellen Rundgang im Cyberspace – stets versprechen die Veranstalter »Erlebnis pur«. Wer einen Afrikaurlaub plant, der kann »Afrika pur erleben«. Wer lieber mit einem nostalgischen Zug durch heimische Gefilde dampfen mag, den erwartet »Bahnspaß pur«. Niemand muss auf »pur« verzichten. Wer gar nicht verreisen will, wer also »zu Hause pur erleben« will, für den halten die Fernsehmacher allabendlich »Action pur«, »Unterhaltung pur«, »Romantik pur« und – zu späterer Stunde –» Erotik pur« bereit. Die Puromanie hat die
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