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Der Doktor und das liebe Vieh

Der Doktor und das liebe Vieh

Titel: Der Doktor und das liebe Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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danach zumute war, gingen zwischen den Hügeln spazieren und vergaßen Zeit und Stunde. Es war schon neun Uhr abends, und die Dunkelheit brach herein, als wir feststellten, daß wir weit von unserer Route abgekommen waren.
    Wir mußten zehn Meilen über das einsame Hochmoor fahren, und es war stockdunkel, als wir die abschüssige schmale Straße nach Ellerthorpe hinunterratterten. Das Wheat Sheaf lag unauffällig in der einzigen langen Straße des Dorfes, ein niedriges graues Steingebäude ohne eine Lampe über der Tür. Als wir in die Diele traten, hörten wir leises Gläserklirren aus der Schenkstube zu unserer Linken. Mrs. Burn, die Besitzerin des Gasthofs, eine ältere Witwe, kam aus einem der hinteren Räume und musterte uns gleichmütig.
    »Wir kennen uns schon, Mrs. Burn«, sagte ich, und sie nickte. Ich entschuldigte mich für unser spätes Kommen.
    »Schon recht«, sagte sie gelassen. »Wir haben Sie erwartet. Ihr Abendessen steht bereit.«
    Sie führte uns ins Speisezimmer, wo ihre Nichte Beryl uns gleich darauf ein warmes Mahl servierte. Es gab dicke Linsensuppe und danach einen köstlichen Fleischeintopf mit Pilzen und Gemüse.
    Das Wheat Sheaf war denkbar altmodisch – es war vollgestopft mit alten viktorianischen Möbeln, und überall fehlte es an frischer Farbe. Aber es war berühmt für seine exzellente Küche. Doch was uns gefangennahm, waren nicht nur der hausgemachte Schinken, der Wensleydalekäse, die Heidelbeertörtchen und die Berge von Yorkshirepudding. Mehr noch genossen wir den tiefen Frieden, den stillen Zauber dieses alten verschlafenen Gasthofes. Ich komme noch oft am Wheat Sheaf vorbei, und wenn ich die uralte Steinfassade betrachte, die sich auch in den inzwischen vergangenen dreißig Jahren nicht verändert hat, werden die Erinnerungen wieder lebendig: das Echo unserer Schritte in der leeren Straße, wenn wir unseren Abendspaziergang machten, das alte Messingbett, das fast unser ganzes Zimmer einnahm, die dunkle Silhouette der Berge vor dem nächtlichen Himmel, wenn wir aus unserem Fenster hinausblickten, das Gelächter der Bauern unten in der Schenkstube.
    Es war mir ein besonderer Genuß, an unserem ersten Morgen Helen mit zu den Allens zu nehmen. Als ich aus dem Wagen stieg, sah ich Mrs. Allen durch die Küchengardine zu uns herüberspähen. Gleich darauf kam sie mit großen Kulleraugen heraus. Helen war eine der ersten Frauen in den Dales, die lange Hosen trugen, und an diesem Morgen hatte sie eine leuchtendrote an, die einen, wie man heute sagen würde, glatt umhaute. Mrs. Allen war halb schockiert und halb fasziniert, aber sie fand bald heraus, daß Helen vom gleichen Schlag war wie sie, und nach wenigen Minuten waren die beiden Frauen eifrig am Schwätzen. Aus Mrs. Allens heftigem Kopfnicken und ihrem breiten Lächeln schloß ich, daß Helen sie von den Qualen der Neugier erlöste und ihr erzählte, wie wir uns kennengelernt hatten.
    Schließlich unterbrach Mr. Allen das Gespräch: »Wenn wir überhaupt gehen wollen, müssen wir jetzt gehen«, sagte er bärbeißig. Und so machten wir uns auf den Weg.
    Wir gingen zu einem sonnigen Hang, wo die Allens eine Gruppe Jungtiere eingepfercht hatten. Während Jack und Robbie losstürmten, um die Tiere einzufangen, nahm Mr. Allen seine Mütze ab und wedelte damit höflich den Staub von der Mauer.
    »Ihre Frau kann hier sitzen«, sagte er.
    Ich wollte eben mit den Messungen beginnen und hielt inne. Meine Frau! Es war das erste Mal, daß jemand sie so genannt hatte. Ich sah zu Helen hinüber. Sie hatte sich auf die Steine gesetzt, das Notizbuch und den Bleistift in der Hand, und strich sich gerade eine glänzende dunkle Haarsträhne aus der Stirn. Dabei bemerkte sie meinen Blick und lächelte mich an. Ich lächelte zurück. Und plötzlich wurde ich mir der ganzen Pracht der Dales bewußt. Ich atmete den Duft des Klees und des warmen Grases ein, und es war mir, als hätten all die Ereignisse der zwei Jahre in Darrowby zu diesem Augenblick hingeführt, da Helen mir zulächelte und ich zugleich in Gedanken das neue Schild am Skeldale House vor mir sah.
    Ich stand wie verzaubert da und hätte immerfort nur dort stehen und Helen betrachten können, aber Mrs. Allen räusperte sich vernehmlich, und so wandte ich mich wieder meiner Arbeit zu.
    »Also«, sagte ich und hielt meinen Greifzirkel an den Hals des Tieres. »Nummer achtunddreißig, sieben Millimeter«, rief ich zu Helen hinüber. »Nummer achtunddreißig, sieben.«
    »Achtunddreißig,

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