Der Doppelgänger
fälschlich beschuldigen. Aber mit mir ist man überall zufrieden gewesen. Da waren Minister, Generale, Senatoren, Grafen. Ich bin bei allen möglichen Herren gewesen, beim Fürsten Swinjatschkin, beim Obersten Pereborkin, beim General Njedobarow; der verreiste auch, auf sein Stammgut reiste er, zu unsern Bauern. Jawohl ...«
»Ja, mein Freund, ja, schön, mein Freund, schön. Siehst du, ich verreise jetzt auch, mein Freund ... Jeder hat seinen verschiedenen Lebensweg, mein Lieber, und kein Mensch weiß, auf was für einen Weg er geraten wird. Nun, mein Freund, sei mir jetzt beim Umkleiden behilflich; lege mir meinen Uniformrock zurecht ... auch andere Beinkleider, Bettlaken, Bettdecken, Kissen ...«
»Soll ich alles in ein Bündel zusammenbinden?«
»Ja, mein Freund, ja; meinetwegen binde es in einBündel zusammen ... Wer weiß, was uns noch begegnen kann. Und jetzt, mein Lieber, geh und hole mir einen Wagen ...«
»Einen Wagen?«
»Ja, mein Freund, einen Wagen, einen recht geräumigen, und auf bestimmte Zeit. Aber denke nur nichts Schlimmes, mein Freund ...«
»Wollen Sie weit wegfahren?«
»Ich weiß es nicht, mein Freund; das weiß ich selbst noch nicht. Ich glaube, es wird auch nötig sein, ein Federbett mit dazu zu legen. Was meinst du, mein Freund? Ich will deinem Rate folgen, mein Lieber ...«
»Wollen Sie denn gleich wegfahren?«
»Ja, mein Freund, ja. Es ist ein Umstand eingetreten, der es erforderlich macht ... so ist das, mein Freund, so ist das ...«
»Ich weiß Bescheid, Herr; da bei uns im Regimente kam mit einem Leutnant dasselbe vor; er entführte eine Gutsbesitzertochter ...«
»Entführte? ... Wie! Mein Lieber, du ...«
»Ja, er entführte sie, und in einem andern Dorfe ließen sie sich trauen. Alles war im voraus vorbereitet. Es fand eine Verfolgung statt; aber der Fürst nahm für sie Partei, der selige Fürst; na, und da wurde die Sache gütlich beigelegt ...«
»Sie ließen sich trauen, ja ... wie kommst du denn darauf, mein Lieber? Woher weißt du denn das, mein Lieber?«
»Na, das kann man schon wissen! Die ganze Welt ist voll von Gerüchten, Herr. Wir wissen alles, Herr ...Natürlich, wer wäre ohne Sünde? Aber ich möchte Ihnen jetzt sagen, Herr ... erlauben Sie, daß ich Ihnen das ganz einfach, so auf Dienerart sage: wenn die Sache nun einmal so weit gekommen ist, dann möchte ich Ihnen sagen, Herr: Sie haben einen Feind, einen Nebenbuhler, Herr; und es ist ein starker Nebenbuhler, das können Sie glauben!«
»Ich weiß, mein Freund, ich weiß; du weißt es selbst, mein Lieber ... Nun also, ich verlasse mich auf dich. Was sollen wir nun tun, mein Freund? Was rätst du mir?«
»Sehen Sie, Herr, wenn Sie also jetzt sozusagen auf diese Manier vorgegangen sind, Herr, dann müssen Sie nun noch einiges kaufen, – na, also Bettlaken, Kissen, ein anderes, zweischläfriges Federbett, eine gute Bettdecke, – sehen Sie, gleich hier unten bei unserer Nachbarin; sie ist eine Bürgerfrau, Herr; die hat einen guten Damen-Fuchspelz zu verkaufen; den könnte man sich ansehen und kaufen; man könnte gleich hinuntergehen und ihn sich ansehen. Sie werden so etwas jetzt brauchen, Herr; es ist ein guter Damenpelz, ein Fuchspelz mit Atlas überzogen ...«
»Nun schön, mein Freund, schön; ich bin einverstanden, mein Freund; ich verlasse mich auf dich, verlasse mich vollständig auf dich; meinetwegen auch den Fuchspelz, mein Lieber ... Nur recht schnell, recht schnell! Um Gottes willen recht schnell! Ich will auch den Fuchspelz kaufen; nur, bitte, recht schnell! Es ist bald acht Uhr, schneller, um Gottes willen, mein Freund! Beeile dich, schnell mein Freund! ...«
Petruschka ließ das noch nicht ganz fertiggestellte Bündelmit Wäsche, Kissen, einer Bettdecke, Laken und allerlei Kram, das er zusammensuchte und zusammenband, im Stich und rannte Hals über Kopf aus dem Zimmer. Unterdessen griff Herr Goljadkin noch einmal nach dem Briefe; aber er vermochte nicht, ihn zu lesen. Seinen armen Kopf in beiden Händen haltend, lehnte er sich gegen die Wand. Er war nicht imstande, an irgend etwas zu denken oder irgend etwas zu tun; er wußte selbst nicht, was mit ihm vorging. Endlich, da er sah, daß die Zeit verging und weder Petruschka noch der Damenpelz erschien, entschloß sich Herr Goljadkin, selbst hinzugehen. Als er die Flurtür öffnete, hörte er unten Lärm, Reden, Streiten ... Einige Nachbarinnen schwatzten, schrien und räsonierten über etwas, – und Herr Goljadkin wußte schon worüber.
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