Der Doppelgänger
Lieber, wohin es nötig sein wird.«
»Wollen Sie vielleicht aus der Stadt fahren?«
»Ja, mein Freund, vielleicht auch aus der Stadt. Ich weiß es selbst noch nicht sicher, mein Freund; ich kann es dir nicht bestimmt sagen, mein Lieber. Siehst du, mein Lieber, vielleicht gestaltet sich alles gut. Man weiß ja, wie das so geht, mein Freund ...«
»Jawohl, Herr, gewiß. Gott gebe jedem Gutes!«
»Ja, mein Freund, ja; ich danke dir, mein Lieber. Nun, wieviel bekommst du denn, mein Lieber?«
»Wollen Sie jetzt gleich fahren?«
»Ja, jetzt gleich, d. h. nein, an einer Stelle mußt du ein Weilchen warten ... nur ein kleines Weilchen mußt du warten, nicht lange, mein Lieber ...«
»Ja, wenn Sie mich für die ganze Zeit nehmen, dann kann ich es bei dem Wetter nicht unter sechs Rubeln machen ...«
»Nun gut, mein Freund, gut; ich werde dir dankbar sein, mein Lieber. Na also, dann fahre mich jetzt, mein Lieber!«
»Steigen Sie ein; erlauben Sie, ich will den Sitz hier noch ein bißchen zurechtmachen; so, jetzt, bitte, steigen Sie ein! Wohin befehlen Sie, daß ich fahren soll?«
»Nach der Ismailowski-Brücke, mein Freund.«
Der Kutscher kletterte auf den Bock und hatte bereits seine beiden mageren Gäule, die er mit Gewalt von dem Futterkasten mit Heu weggerissen hatte, in der Richtung nach der Ismailowski-Brücke in Bewegung gesetzt, alsauf einmal Herr Goljadkin die Schnur zog, den Wagen halten ließ und den Kutscher flehentlich bat, umzuwenden und nicht nach der Ismailowski-Brücke, sondern nach einer anderen Straße zu fahren. Der Kutscher wendete nach der angegebenen Straße hin um, und nach zehn Minuten hielt Herrn Goljadkins neu angenommener Wagen vor dem Hause, in dem Seine Exzellenz wohnte. Herr Goljadkin stieg aus dem Wagen, bat den Kutscher dringend, ein Weilchen zu warten, lief selbst mit angstvollem Herzklopfen nach der zweiten Etage hinauf und zog die Klingel; die Tür öffnete sich, und unser Held befand sich im Vorzimmer Seiner Exzellenz.
»Ist Seine Exzellenz zu Hause?« fragte Herr Goljadkin den Diener, der ihm geöffnet hatte.
»Was wünschen Sie?« fragte der Diener, indem er Herrn Goljadkin vom Kopf bis zu den Füßen musterte.
»Ich möchte, mein Freund, hm ... Mein Name ist Goljadkin, Titularrat Goljadkin. Ich möchte mich aussprechen ...«
»Da müssen Sie warten; das geht jetzt nicht ...«
»Mein Freund, ich kann nicht warten; meine Angelegenheit ist wichtig und duldet keinen Aufschub ...«
»Von wem kommen Sie denn? Haben Sie Akten?«
»Nein, mein Freund, ich komme in einer persönlichen Angelegenheit ... Melde mich, mein Freund; sage nur, ich wollte mich aussprechen. Ich werde dir dankbar sein, mein Lieber ...«
»Es geht nicht; ich darf niemand annehmen; es ist Besuch da. Bitte, kommen Sie am Vormittag um zehn Uhr!«
»Melde mich doch, mein Lieber; ich kann nicht warten;es ist unmöglich ... Du wirst es zu verantworten haben, mein Lieber ...«
»Na, geh doch und melde ihn! Du willst wohl die Stiefelsohlen schonen, was?« sagte ein anderer Diener, der sich auf einer Wandbank herumrekelte und bis dahin noch kein Wort gesprochen hatte.
»Die Stiefelsohlen werde ich mir dabei nicht ablaufen. Aber er hat befohlen, niemand anzunehmen, weißt du das? Für den Herrn da ist der Vormittag die richtige Zeit.«
»Melde ihn nur! Du denkst wohl, die Zunge wird dir davon abfallen?«
»Na, dann werde ich ihn melden; die Zunge wird mir davon nicht abfallen. Aber er hat es verboten; wie gesagt, er hat es verboten. Kommen Sie in das Zimmer dort!«
Herr Goljadkin trat in das erste Zimmer; auf dem Tische stand eine Uhr. Er blickte danach hin: es war halb neun. Das Herz in der Brust schmerzte ihn. Er wollte schon umkehren; aber gerade in diesem Augenblicke rief der langaufgeschossene Diener, auf der Schwelle des folgenden Zimmers stehend, mit lauter Stimme Herrn Goljadkins Namen aus. »Hat der eine Kehle!« dachte unser Held in unbeschreiblicher Beklemmung. »Er hätte doch sagen sollen: ›So und so, er ist gekommen, um sich untertänigst und ganz ergebenst auszusprechen... hm... haben Sie die Güte ihn zu empfangen!‹ Aber jetzt ist die Sache verdorben; meine ganze Angelegenheit ist zunichte geworden. Übrigens... ja... nun, es macht nichts...« Indes war zu Überlegungen keine Zeit. Der Diener wandte sich um, sagte: »Bitte, treten Sie näher!« und führte Herrn Goljadkin in das Arbeitszimmer.
Als unser Held eintrat, hatte er eine Empfindung, als sei er blind geworden; denn er sah absolut
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