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Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. F. Dam
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spricht mit den Trägern Hindi (die Träger sprechen es schlechter als sie), als sei sie eine Frau aus der Gegend.
    Und es ist da nicht nur eine faszinierende Sophia. Es sind da auch Berge und Blumenwiesen und Täler in meinem neuen Leben, bei deren Anblick Heman erstarrt.
    Als er zurückkommt, ist Heman kreidebleich. Er sucht unsere Gesellschaft und hält sich von den beiden Trägern fern.
    Â»Ich kenne den Ort nicht«, sagt Heman auf Englisch zu uns und blickt dabei zu Boden.
    Das überrascht uns anfangs nicht. Man kann doch nicht jede Gebirgsfalte hier kennen.
    Â»Sie verstehen nicht«, sagt er. »Ich bin in dieser Gegend schon oft gegangen, aber ich habe diesen Ort noch niemals gesehen. Dieses Tal kenne ich nicht. Es hat keinen Namen. Verstehen Sie? Niemand in unserer Gegend kennt es. Das wüsste ich. Ich weiß nicht einmal, welcher Fluss das ist.«
    Sophia fasst sich vor mir.
    Â»Dasguptas Tal«, sagt sie, »und die komplizierte Route, die er ausgetüftelt hat, um es nicht zu verfehlen. Er hatte womöglich keine ganz exakten Positionsangaben.«
    Ich betrachte Heman lange und reibe mir die Hände in der immer kühler werdenden Luft. Heman wendet sich von uns ab und beginnt vor sich hin zu summen. Er wiegt den Kopf dabei. Ein großes Kind mit Hirsebierbauch, das einsam und verzweifelt ist. Ich gebe mich nicht zufrieden und zweifle an Hemans Intelligenz. Ich weiß plötzlich nicht mehr, was ich von all dem hier halten soll.
    Wir steigen den nicht enden wollenden Hang hinunter. Streckenweise auf gefährlichen Felssteigen. Den Fluss erreichen wir am späten Nachmittag. Fast überall Blätterdächer und ausladendes Astwerk. Der Ort ist schattig und ungewöhnlich warm. Mein Forscherinstinkt springt an. Das Mikroklima dieses Tals wäre eine Studie wert.
    Das Tal ist eng, bietet aber Platz auf der Sandbank. Wie jeden Abend bieten die Träger sich an, unser Zelt aufzubauen. Heman, der unweit von hier lebt, kennt das Tal nicht. Dafür aber erkenne ich es jetzt. Die Tannen, die vielen Erlen am Fluss, und dann der riesige Baum. Er ragt über alle übrigen Bäume und Büsche hinaus. Ich zeige auf die Deodarzeder.
    Â»Was ist?«, sagt Sophia. Dann folgt sie meiner Hand. » Devadaru, auf Sanskrit«, sagt sie, »Baum der Götter. Pinus deodora . Ziemliche Seltenheit hier im östlichen Himalaya.«
    Â»Ich kenne diesen Baum«, sage ich. »In Christians Unterlagen habe ich ein altes Foto gefunden. Es zeigt dieses Tal. Diesen Baum. Davor ein Mann auf der Sandbank. Wette, das war Dasgupta. Jung, noch nicht fett.«
    Ja, ich bin sicher, dass Christians Foto Dasgupta zeigt, im Jahr 1979, als er auf sein schicksalhaftes Tal stieß. Das Tal, das ihm den Tod einbrachte. Und im Hintergrund des Bildes, aus der Richtung der Deodarzeder kommend, ein Mann. War das etwa jener Einsiedler, den Dasgupta in seinem Bericht erwähnt?
    Sophia klatscht in die Hände.
    Heman summt immer noch vor sich hin. Armer Kerl, wir sagen ihm nicht, dass dieses Tal auch gestern schon existiert hat. Wir sagen ihm nicht, dass mutmaßliche terrae incognitae im Allgemeinen die Angewohnheit haben, vorhanden zu sein, wiewohl nicht im Bewusstsein …
    Â 
    Sophia nimmt mich an der Hand. Wir gehen ein Stück nach hinten. Am Ende der Sandbank befinden sich einige Feuerstellen. Eine davon ist sogar noch warm. Sie wurde intensiv genutzt. Der häufige Gebrauch dieser Feuerstelle ist durch Christian und seine Leute allein nicht zu erklären. Es muss andere Menschen geben, die dieselbe Feuerstelle benutzen.
    Wir gehen flussaufwärts. Das Tal wird wieder enger und dunkler. Der Pfad ist stark benutzt. Immer wieder ausladende Felsvorsprünge und Kiefern, die aus den steilen Hängen hervorwachsen. Der Pfad läuft an dem riesigen Deodarbaum vorbei.
    Wir finden weitere Feuerstellen. Und dann stoßen wir auf so etwas wie eine Antwort: eine Blockhütte unter mehreren großen Tannen. Die Hütte ist einfach und robust gebaut. Wir wagen uns näher heran. Niemand scheint anwesend zu sein. Als ich an der Tür rüttle, stellt sich heraus, dass sie nicht verschlossen ist; bloß ein Seilstück mit einem einfachen Knoten verhindert ihr Aufschwingen.
    Ich sehe Sophia fragend an.
    Wir betreten die Hütte. Sie ist fast leer. Eine Decke liegt auf einem Haufen Heu, aus dem man einen Schlafplatz machen kann. Sonst gibt es nur ein paar Messinggefäße und

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