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Der dritte Mond

Der dritte Mond

Titel: Der dritte Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auseinander, als ein Laserstrahl nach ihrem Gesicht züngelte, statt dessen aber nur das Treppengeländer traf. Die Burschen da unten hatten entweder schlechte Augen, oder ihr Respekt vor Charity war nicht annähernd so groß wie der ihrer Kameraden. Charity warf sich mit einem Fluch zurück und tastete nach ihrer Waffe, ohne sie zu finden. Die Pistole mußte offenbar vom Treppenabsatz gefallen sein, nachdem der Fremde sie ihr aus der Hand getreten hatte. Dafür lag nun sein eigenes, klobiges Gewehr unmittelbar vor Gurks Füßen. Charity kroch auf Händen und Knien zu ihm, nahm die Waffe auf und versuchte, sich über ihre Funktionsweise klar zu werden. Viel gab es nicht zu begreifen. Die Waffe war überraschend schwer und bestand im Grunde nur aus einem plumpen, an einem Ende offenen Rohr und einem Abzug. Es gab weder ein Visier noch irgendeine sonstige Einstellung. Die Konstruktion erinnerte stark an eine antiquierte Panzerfaust; allerdings schien es keine Möglichkeit zu geben, die Waffe mit irgendeiner Art von Projektil zu laden. Charity robbte zum Treppenabsatz, stützte beide Ellbogen auf und visierte die zwei schwarzgekleideten Gestalten an, die hintereinander auf sie zugestürmt kamen. »Paß bloß mit dem Ding auf«, krächzte Gurk. »Es ist verdammt gefährlich!« »Das will ich doch hoffen«, knurrte Charity, richtete sich ein wenig auf und drückte ab, ohne länger als einen Sekundenbruchteil zu zögern. Alles, was sie hörte, war ein dumpfes, sonderbar weiches Knacken, dem ein spürbarer Ruck des plumpen Rohres auf ihrer Schulter folgte. Aber die Wirkung war spektakulär. Die beiden Gestalten wurden von einer unsichtbaren Gewalt ergriffen und mit unvorstellbarer Wucht die Treppe hinuntergeschleudert. Das Treppengeländer zerbarst bis zur nächsten Biegung hinab, und ein Teil der Stufen löste sich in grauen Staub auf, als wäre eine gigantische, unsichtbare Raspel darüber hinweggefahren. Die Wand, auf welche die beiden Fremden zugeschleudert wurden, zerbarst zu einem Gewirr aus Millionen Sprüngen und übereinanderlaufenden Rissen, als hätte ein Vorschlaghammer von der Größe eines Kleinwagens sie getroffen. Die beiden schwarzgekleideten Gestalten prallten gegen den Beton und rutschten mit Bewegungen daran hinab, die Charity erkennen ließen, daß in ihren Körpern kein einziger Knochen heil geblieben sein konnte. Trotzdem blieb Charity noch einige Sekunden regungslos liegen und visierte die Fremden mit der erbeuteten Waffe an, ehe sie es wagte, das plumpe Rohr von der Schulter gleiten zu lassen und sich behutsam aufzurichten. Bevor sie die Treppe hinunterstieg, bückte sie sich noch einmal und drehte die »Panzerfaust« so herum, daß ihre Mündung nicht mehr in ihre Richtung wies. Sie bewegte sich sehr langsam und vorsichtig. Die Treppe bestand aus massivem Stahlbeton, wie das gesamte Gebäude, doch Charity hatte die furchtbare Wirkung der unbekannten Waffe oft genug erlebt, um kein allzu großes Vertrauen mehr in die Festigkeit der Treppe zu haben. Die meterdicke Wand, gegen die die unsichtbare Kraft geprallt war, wies fingerbreite Risse auf, durch die Charity ins Freie hinausschauen konnte. Schließlich erreichte sie den Treppenabsatz und ließ sich neben den beiden regungslosen Gestalten in die Hocke sinken. Gurk war Charity gefolgt, blieb aber ein paar Stufen über ihr stehen, als flößten die beiden Gestalten ihm selbst im Tod noch einen höllischen Respekt ein. Charity musterte die beiden Fremden sekundenlang, ehe sie es wagte, die Hand nach ihnen auszustrecken. Die Anzüge der beiden Riesen schienen aus einem gummiartigen, glatten Material ohne sichtbare Oberflächenstruktur zu bestehen. Es gab keine Taschen, Knöpfe oder Anschlüsse, sondern nur einen handbreiten, offensichtlich magnetischen Gürtel, an dem die Waffen der Männer hingen. Der Helm war ebenso schmucklos. Die einzige Unterbrechung der glatten schwarzen Oberfläche stellten das versilberte Visier und zwei kleine, kaum sichtbare Knöpfe an seinem unteren Rand dar. »Ich würde mir das überlegen«, sagte Gurk. »Es sei denn… « »Es sei denn was?« fragte Charity. Ihre Finger verharrten wenige Millimeter über den beiden Knöpfen. Gurk zuckte mit den Achseln. »Du mußt sie beide gleichzeitig drücken«, sagte er. »Zweimal hintereinander. Ich hoffe, du hast nicht allzu reichlich gefrühstückt.« Charity sah den Zwerg stirnrunzelnd an, begriff dann aber, daß sie keine weiteren Erklärungen bekommen

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