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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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hab dich noch nie gesehen. Ich gebe dir eine Kanne Rum, wenn du es mir gleich hier –«
    »Such dir eine Dirne, von mir bekommst du so was nicht!«, schrie sie, ohne den Mann anzuschauen.
    Der Kerl lachte. »Hier sind alles nur Dirnen, Mädchen, und man bekommt von allen alles, wenn man richtig fragt. Das wirst du noch herausfinden.« Er riss sie zu sich herum und zwang sie, ihm ins Gesicht zu schauen. Die nachdenklichen Augen wollten weder zu dem verfilzten Vollbart noch zu der dreisten Rede passen. »Mein Name ist Joshua Browne. Ich habe vier Jahre meiner Strafe abgedient, nur noch drei Jahre, dann bin ich frei, nach Irland zurückzukehren. Ich hüte die Schafe des Reverend Marsden. Er gab mir ein Zelt, damit ich Tag und Nacht bei seinen verdammten Schafen bin. Mein Zelt ist einsam und kalt. Wenn du mir bei Nacht das Feuer unterhältst und mir etwas kochst, kann ich dir Schutz geben. – Überleg es dir.« Sein Gesicht sah ehrlich aus.
    Innerlich lachte sie sogleich auf. Ehrlich? Niemand hier war ehrlich, jeder hatte etwas im Sinn, war auf seinen Vorteil bedacht und ging dafür über Leichen, das hatte sie in der kurzen Zeit gelernt.
    »Lass mich in Ruhe«, sagte sie schließlich.
    »Wie du willst.« Joshua war ein paar Schritte gegangen, da drehte er sich noch einmal um. »Du bist neu in Parramatta. Du weißt noch nicht, wie das hier läuft. Versteck dich, wenn es dunkel wird. Die Nacht greift hier nach jedem Rock.«
    Sie ließ ihn stehen. Sie hatte die Schiffsreise überlebt und sich bis hierher alleine durchgeschlagen. Sie brauchte keine Ratschläge und erst recht keinen Beschützer, der ihr unter die Röcke griff.
    Gegen Abend musste Penelope zugeben, dass der Mann möglicherweise recht gehabt hatte.
    In der Dämmerung wurde die Hitze zäh und klebrig. Der Wind war völlig zum Erliegen gekommen. Penelope sehnte sich nach einem erlösenden Gewitter, doch der tiefblaue Himmel sah nicht nach Regen aus. Mit ausgedörrter Kehle fiel es ihr schwer zu schlucken. Mühsam setzte sie ihren Weg fort. Parramatta war nicht groß, schnell hatte sie das Ende des Ortes erreicht und kaum einen Unterschied zwischen den niedrigen Häusern im Staub erkannt. Allenfalls besaß der eine Bewohner mehr Ziegen als der andere, sie meckerten leise hinter windschiefen Zäunen vor sich hin, bewacht von angeketteten Hunden. Die Häuser waren verrammelt, kein Lichtschimmer drang durch die Fensterläden. Wer sich jetzt noch auf den Straßen herumtrieb, hatte nichts Anständiges im Sinn – das war in der Kolonie nicht anders als in London.
    Düstere Schatten huschten umher, das Geschrei Betrunkener hallte von Hauswänden wider. Kreischende, gackernde Frauenstimmen untermalten das Gegröle aus dem Schnapshaus, dessen scharfer Alkoholgeruch bis auf die Straße drang. Penelope musste ihre Augen zusammenkneifen, um im letzten Licht der Dämmerung noch etwas zu erkennen. Eigentlich war sie viel zu müde dafür, und so hockte sie sich unter einen der hohen Bäume, um ganz kurz auszuruhen …
    Bunte Vögel flatterten auf, krächzten ihr hässliches Lied wie ein Chor verlorener Seelen – vielleicht die Seelen der Toten von der Miracle. Vielleicht auch nur ein Lied der Verzweiflung. Dann kam die Dunkelheit, schneller, als sie es jemals erlebt hatte. Die Ratlosigkeit war kaum zu ertragen. Bisher hatte Penelope ihre Kraft aus der Erwartunggeschöpft, irgendwo anzukommen, ein Lager ihr Eigen nennen zu können. Sie hatte gedacht, dass sie tief schlafen würde und dass sich für den nächsten Tag Perspektiven bieten würden. Und sei es nur, in einer Fabrik Wolle zu spinnen und ein Mittagessen zu bekommen – etwas, das ihr helfen würde, vorwärtszuschauen. Doch danach sah es nun nicht mehr aus. Diese Nacht war das Ende – ein schauriges Ende.
    Ein schmaler Schatten stand von der Nachtluft herbeigeweht vor ihr. Rötlicher Sand schimmerte auf schwarzer Haut, das Weiß der Augäpfel glänzte unheimlich. Neben ihm ragte ein Speer aus dem Boden. Der Mann war bis auf einen Lendenschurz nackt und stand auf einem Bein, so viel konnte sie noch erkennen. Gutturale Laute ausstoßend streckte er eine riesige Hand nach ihr aus.
    Penelope schrie wie am Spieß. Sie warf sich rückwärts, doch da war nur der Baum, und ihr heftiger Zusammenprall nahm ihr fast die Luft. Hier war einer der Wilden, die ihre Opfer in Kessel steckten und so lange kochten, bis man sie essen konnte! Davon hatte jemand auf dem Schiff erzählt! Jetzt war sie nicht schnell genug, sich

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