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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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Durchsetzungskraft, und selbst D’Arcy Wentworth, den er durch die Beendigung der Rum-Posse an den Rand des Ruins gebracht hatte, sah mittlerweile ein, dass der Weg richtig gewesen war.
    Als Gattin des Doktors war es zu Penelopes größtem Erstaunen kein Problem gewesen, mit den Damen der Gesellschaft Umgang zu pflegen. Obwohl jedermann wusste, wer sie war und aus welchem Londoner Viertel sie stammte. Doch kam ja die Frau des Bäckers aus einem Elendsviertel von Cork, und Edith, die Gattin eines der Zimmerleute und Mutter von vier prächtigen Jungen, hatte einst als Gouvernante ihre Dienstherrin bestohlen. Sahen Angehörige der freien Siedler auf sie herab, so ließen sie sich das kaumanmerken, denn Bernhard Kreuz gehörte neben William Redfern zu den beliebtesten Ärzten in der Kolonie – nicht zuletzt, weil er keine Unterschiede machte und für jeden Patienten die gleiche Geduld und Sorgfalt aufbrachte.
    Für die Offizierskreise interessierte Bernhard sich ohnehin nicht, und so kam Penelope gar nicht in Verlegenheit, Mrs. Hathaway in ihr bescheidenes Heim einzuladen oder von den Fortschritten der kleinen Lucy zu berichten. Der Captain verbrachte inzwischen die meiste Zeit in Indien, und böse Zungen munkelten, er genieße dort die Gunst einer Tochter des Maharadschas, mit Sicherheit eine angenehmere Gesellschaft als seine sonnenbrandgeplagte, nörgelnde englische Gattin. Das waren alles natürlich nur Gerüchte, doch wie schon in ihrer Zeit als Hausmädchen liebte Penelope es, ihnen zu lauschen. Gerüchte waren wie Häkelspitze: kunstvoll mit der Wahrheit verschlungen und eigentlich nutzlos, aber es war wundervoll, sie durch die Hände gleiten zu lassen.
    Gerüchte kamen in die Stadt mit jedem Schiff und jedem Boot aus dem Norden und manchmal auch auf den rumpelnden Karren jener Siedler, die sich keine modernen gefederten Zweispänner leisten konnten. Carrie Hathaway zum Beispiel saß auf solch einem Karren und hielt ihren Beutel fest, wenn Arthur Ho schwungvoll in die Hauptstraße einbog, um sicherzugehen, dass ihn auch jedermann bemerkte. Er hatte zu seinem Missvergnügen Land jenseits des Hawkesbury-Flusses zugeteilt bekommen und war nun gezwungen, für jeden Besuch in der Stadt den Fluss zu überqueren, was die Reise äußerst beschwerlich machte.
    Und offenbar warf das Land auch nicht genügend ab, denn niemals sah man ihn mit Dienstboten anreisen. Vermutlich war es riskant genug, Haus und Hof in den Händender Sträflinge zu lassen, die er hatte verpflichten können. Jedermann wusste, wie schwer es war, wirklich zuverlässige Leute zu finden, die einem nicht das Hemd unterm Rock wegstahlen oder die Vorratskammer ausräumten, sobald man sich nur umdrehte. Unfähig zur Landarbeit waren die meisten von ihnen immer noch – ein Dieb wusste von Kartoffeln und Holzspalten genauso wenig wie ein Fälscher, und eine Schankmagd fand sich nur mit Mühe im Gemüsegarten zurecht. Die Klagen hatten sich nicht geändert, im Gegenteil. Doch weiterhin träumten die meisten Freigelassenen davon, eigenes Land zu erwerben.
    Die Schwierigkeiten seines neuen Alltagslebens hinderten Arthur Ho jedoch nicht daran, wie seinerzeit große Reden über Steuerreformen und politische Dummköpfe zu schwingen und in seinen farbenfrohen Kleidern am Ausschank der Rennbahn mit Wentworth und Blaxland über Pferde zu fachsimpeln, obwohl vor seinem Karren nur ein alter Gaul mit hängender Unterlippe döste, der nicht im Entferntesten an seinen Traum vom heißblütigen Rennpferd erinnerte.
    Carrie vermied es, Penelope zu begegnen. Sie hatten seit jener Nacht nicht mehr miteinander gesprochen. Carrie hatte seinerzeit keinen Finger gerührt, um ihr zu helfen. Der Verrat ihrer Freundin oder der Frau, die Penelope dafür gehalten hatte, saß wie ein Stachel in ihrem Fleisch, und so war es ganz gut, dass die Hathaway-Hos nur alle paar Wochen mal in die Stadt kamen. Penelope grinste vor sich hin. Carrie Ho hatte den Spitznamen ihres Mannes übernommen und trug ihn mit Stolz, immerhin wusste Sydney ja, wie es zu dem Namen gekommen war.
    Ohnehin musste Carrie so unglaublich viele Leute besuchen und grüßen, dass ihr eine Penny mehr oder wenigerüberhaupt nicht aufgefallen wäre. Zum Glück hatte sie Lucy noch nie gesehen, sie hätte sonst noch mehr zu tratschen gehabt.
     
    Mrs. Treskoll in Parramatta war auch so eine Tratschtante, aber in Elizabeths Gesellschaft fühlte Penelope sich sicher. Niemand würde es wagen, in Gegenwart der Gouverneursgattin

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