Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga
beiseitegenommen und ihnen geraten, vor der Zeit ein Haus zu erwerben und die Frau als Magd einzustellen. Damit hatte zumindest der Tratsch über die Amme ein Ende. Dass jemand ein schwarzes Kind bei sich aufzog, erntete endloses Kopfschütteln.
»Solch feine Spitze gibt es nur in Paris«, verriet Elizabeth.
Penelopes Hände glitten über den zarten Stoff. Sie erkannte das Muster und die Maschenart sofort wieder. Wenn sie sich konzentrierte, würde sie es vielleicht noch einmal zustande bringen … man musste nicht nach Paris reisen, um feine Spitze zu kaufen. Sie seufzte. Ihr Augenlicht würde bald nicht mehr ausreichen, um selbst eine zu fertigen. Der graue Schleier vor ihren Augen verdichtete sich zusehends. Bernhard hatte von Operation gesprochen und dass man daheim in England bereits mit Erfolg den Katarakt stechen konnte, doch davor fürchtete sie sich zu sehr.
Elizabeth flocht ihr das Haar und steckte den Schleiermit perlenbesetzten Kämmen fest. »So was tun eigentlich Mütter«, meinte sie wehmütig, »meine konnte auch nicht bei meiner Heirat zugegen sein. Mussten Sie Ihre Mutter in England zurücklassen? Wissen Sie, ob sie wohlauf ist?«
Penelope schüttelte den Kopf. »Meine Mutter kam mit demselben Schiff wie ich.«
»Oh.« Elizabeth ließ die Hände sinken. »Das wusste ich nicht – Sie haben nie darüber gesprochen. Ich dachte, nur Ihr Kind … liebe Penelope …«
»Die Miracle ist verbrannt, Madam. Viele sind damals gestorben.«
»Ja. Ich erinnere mich. Ich erinnere mich doch auch an Sie, Penelope.« Nun ließ sie ab von ihrem Haar und wanderte um sie herum. »Ihre Mutter wäre sicher sehr stolz auf Sie. Sie wird vom Himmel auf Sie herabblicken und sich freuen, was für einen guten Mann Sie gefunden haben.«
Penelope nickte und starrte vor sich hin. Ja, die Mutter wäre wohl stolz.
»Welch ein großes Glück, dass Sie am Ende bei uns gelandet sind!«, sprach Elizabeth weiter und strich über ihre Wange. »Ich möchte Ihnen sagen, dass ich Sie sehr gerne in meinem Haus gehabt habe.« Ihr Lächeln fing einen der Sonnenstrahlen auf, die sich den Weg durchs Fenster bahnten, und wärmte Penelopes Herz. »Lassen Sie uns unsere Vertrautheit fortsetzen. Wie Sie wissen, sitzen an der Tafel meines Mannes nicht nur hochgeborene Bürger unserer Kolonie, sondern auch die, die ihn mit Leistungen zu überzeugen wissen. Lachlan hat keinen Dünkel, was mich als seine Ehefrau sehr stolz macht.« Sie beugte sich zu ihr herunter. »Und was die meisten meiner Nachbarinnen entsetzt, wie Sie wissen. Ach, Sie wissen ja alles, Liebe, Sie waren so lange bei uns …« Damit steckte sie den letztenKamm fest. »Jetzt werden Sie Bernhard Kreuz heiraten und morgen mit mir im Garten zusammen Tee trinken.«
Die respektvolle Ansprache, in die Elizabeth nach ihrer Verlobung gewechselt war, sowie der Gedanke, morgen als Mrs. Kreuz bei ihr zu sitzen, ließen Penelope verstummen – das hier war mehr, als ein Mensch fassen konnte. Ihre Mutter hatte sie zum Beten niemals ermuntert. Jetzt wäre der Zeitpunkt gewesen, Gott zu danken, das fühlte sie.
Die Nachricht von der bevorstehenden Eheschließung machte die Runde in Sydney. Dr. Kreuz war beliebt, man schätzte nicht nur sein medizinisches Wissen. Obwohl er keinen großen Posten im Hospital bekleidete, sprach man über ihn, in den Geschäften, auf den Plätzen, in der Fabrik, und selbst im Frauengefängnis erinnerte man sich gerne an ihn. Eine Gefangene erinnerte sich auch an seine Verlobte. Mary starrte aus dem Fenster, dessen Gitterstäbe wohl nach einem Fluchtversuch verbogen waren, hinunter in die vor Hitze dampfende Stadt. Niemals hatte jemand nach ihr gefragt oder sie gesucht. Der Doktor hatte sie vergessen, da er nun die Liebe seines Lebens in den Armen hielt. Ein resigniertes Lächeln umspielte ihre Züge. Es war nicht mehr wichtig. Ihr Mädchen gehörte nun zu den feinen Leuten, hatte es geschafft, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Mary war stolz auf sie. Und wenn der Tag gekommen und sie wieder in Freiheit war, würde sie sich auf den Weg hinunter in die Stadt machen und an ihre Tür klopfen.
Bernhard nahm sich selbst zu wenig wichtig, als dass er aus seiner Hochzeit eine große Sache gemacht hätte. Die Eheschließung zwischen dem deutschen Armeearzt und dem britischen Exsträfling fand sich daher nur als sparsameNachricht auf der letzten Seite der Sydney Gazette, und das auch nur, weil der Gouverneur es sich nicht hatte nehmen lassen, die beiden
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