Der dunkle Ritter (German Edition)
… «
Sie blieb stehen, wandte sich um und sah ihn starr an. »Mein Mann ist tot, Sir. Was ist daran nicht zu verstehen?«
Mit diesen Worten setzte sie ihren Rückzug fort, ohne noch etwas zu sagen oder auf eine Erwiderung zu warten. Ihr beherrscht-entschlossener Gang und die abweisende Haltung ihres Rückens machten Cabal deutlich, dass er soeben fortgeschickt worden war – wirkungsvoll und unmissverständlich.
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Tot . Obwohl es Emmalyn gelungen war, vor dem finsteren Fremden, der geschickt worden war, die Neuigkeit zu überbringen, Haltung zu bewahren, war sie fassungslos, als sie zurück zum Turm ging. Sie wollte nicht glauben, dass Garretts Tod sie so treffen konnte, aber sie war wirklich betrübt. Sogar mehr als betrübt, denn sie fühlte sich schuldig. Wie viele Male hatte sie sich gewünscht, er würde nie mehr zurückkommen! Wie oft hatte sie gehofft, den Rest ihres Lebens ohne ihn verbringen zu können! Befreit von seiner Bevormundung, befreit von seiner Wut zu sein. War es möglich, dass sie durch dieses Hoffen und Beten um ein friedvolles Leben dieses beklagenswerte Schicksal über ihn gebracht hatte?
Emmalyn versuchte, nicht mehr darüber nachzudenken, als sie den Wohnturm betrat, in dem geschäftiges Treiben herrschte. Da sie einen Augenblick der inneren Einkehr für sich haben wollte, um über den neuen Verlauf ihrer Zukunft nachzudenken, wandte sie sich der Treppe nach oben zu. Sie hatte kaum die unterste Stufe betreten, als sie hörte, wie im Großen Saal Geschirr zu Boden fiel. Dem Klirren folgte Arlos schrille Stimme, als er grob eines der Küchenmädchen für ihre Ungeschicklichkeit rügte.
Emmalyn wurde das Herz schwer. In diesen letzten Jahren Arlos Versuche ertragen zu haben, die Herrschaft über Fallonmour zu erlangen, war Drangsal genug für sie alle gewesen, aber im Licht der Neuigkeit von heute Morgen wusste sie, dass ihre Sorgen noch größer werden würden. Arlo war zwar ein Ärgernis, aber nicht halb so gefährlich wie Garretts Bruder Hugh de Wardeaux. Emmalyns bestätigte Witwenschaft war das Einzige, worauf ihr Schwager gewartet hatte. Die einzige Begründung, die Hugh brauchen würde, um seine Hand nach Fallonmour auszustrecken. Und nach ihr.
Arlos lauter gewordene Schimpftirade im Großen Saal brachte Emmalyn abrupt in die Gegenwart zurück. Voller Widerwillen gegen diesen Mann wandte sie sich von der Treppe ab und betrat den riesigen Saal. Zwei Pagen waren auf der Estrade damit beschäftigt, am Herrentisch einen Platz herzurichten, und zwar dort, wo Garretts seit Langem verwaister gepolsterter Stuhl stand. Tischbretter und Böcke, die über Nacht gegen die Wände gelehnt gestanden hatten, wurden jetzt in Vorbereitung für die Morgenmahlzeit in geraden Reihen in dem großen Raum aufgestellt. Jeder arbeitete ruhig und flink, als sei er bemüht, möglichst nicht Arlos Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie kamen auch nicht der armen jungen Bea zu Hilfe, die auf allen vieren auf dem Boden umherkroch und die Scherben eines Weinkrugs aufklaubte.
Arlo stand zeternd neben ihr, die Vorderseite seines blauen Gewands war vom Saum bis zu den Knien mit Wein bespritzt. Er blickte auf, als Emmalyn eintrat, und das Spektakel, das mit Sicherheit angehalten hätte, bis Bea völlig in Tränen aufgelöst gewesen wäre, ebbte ab.
»Dieses ungeschickte tollpatschige Mädchen hat meine Kleider ruiniert«, grollte er, während er auf Emmalyn zuging. Sie ignorierte seine Klage, sah ihn nur missbilligend an und ging an ihm vorbei. Arlo räusperte sich und rieb erfolglos an den Flecken herum. »Habe ich richtig verstanden, Mylady, dass der Kreuzritter, der gekommen ist, doch nicht Lord Garrett ist?«
»Ja.«
Als Emmalyn das Gespräch nicht fortsetzte, sondern weiterging, um eine weit versprengte Scherbe zu holen, schlurfte der Seneschall mit eifrigen Schritten neben ihr her. Obwohl seine Gier nach Informationen fast greifbar war, klang seine Stimme sanft und zögernd voll wohlkalkulierter Besorgnis. »Hat dieser Mann Euch irgendetwas mitgeteilt, Mylady? Gibt es Kunde über Euren Gatten?«
»Ja, Arlo, die gibt es.« Emmalyn antwortete absichtlich ausweichend. Sie brachte Bea die verirrte Steingutscherbe und nahm sich einen Moment Zeit, um dem Mädchen zu versichern, dass es nichts falsch gemacht hatte.
Der Seneschall schnaubte jetzt ungeduldig, jeder Gedanke an sanftes Getue und zögerndes Zureden war offensichtlich vergessen. »Mylady, bitte, genug mit Euren Spielchen! Was habt Ihr heute Morgen
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