Der dunkle Ritter (German Edition)
herausreißen.«
»Jeder Mann, der das Mädchen verfolgt oder an einem der Bauern für diese Tat hier Vergeltung übt, wird mir Rede und Antwort stehen müssen.«
Rannulf starrte ihn ungläubig an. »Herrgott, Blackheart! Ihr habt fast zwei Jahre lang an der Seite von Sir Garrett gekämpft. Und jetzt muss ich von Euch hören, dass Euch das Leben dieses Bauernluders mehr bedeutet als seines!«
Cabal hielt seinem Blick stand, ohne darauf zu reagieren. Garrett von Fallonmour war ganz gewiss nicht sein Freund gewesen, aber schließlich gab Cabal auf niemandes Leben viel, nicht einmal auf sein eigenes. Er empfand eine gewisse Befriedigung, als er in den Augen seines Gegenübers sah, dass dieser begriff, was er getan hatte.
»Jesus«, flüsterte Rannulf, dem erst jetzt das Ausmaß seiner Dummheit bewusst geworden war. Nur wenige wagten es, den Mann herauszufordern, der den Ruf hatte, unter den gnadenlosen Gefolgsleuten König Richards der schlimmste zu sein. Rannulfs Gesicht wurde weiß und nahm dann eine ungesunde Farbe an, während er schwer schluckte. »Sir Cabal, bitte. Ich versichere Euch, dass ich Euch nicht beleidigen –«
Beiläufig wischte Cabal Garretts blutbefleckte Klinge mit dem Saum seines Waffenrockes ab. In nachdenklichem Schweigen ließ er sich Zeit, während Rannulf devot eine Reihe von Entschuldigungen hervorstammelte. Es war gut so, dass die große Sorge des Söldners um seinen eigenen Hals ihn blind machte für die verstörende Erkenntnis, die Cabals Handeln hinsichtlich der jungen unschuldigen Geisel Garretts bestimmt hatte. Eine Erkenntnis, die Cabal erst vor Kurzem bewusst geworden war …
Obwohl sein Herz durch und durch so finster war wie eine Wüstennacht, hatte es vor nicht allzu langer Zeit schließlich angefangen zu schlagen.
Verdammt, er brauchte endlich wieder Schlachtengetümmel um sich! Zu viel müßige Zeit verweichlichte ihn. Schwächte ihn. Es zuckte ihn in den Füßen, weiterzumarschieren; seine Muskeln sehnten sich danach zu kämpfen. Sollten Richard und der Anführer der Sarazenen die bestehende Pattsituation nicht bald beenden und den Krieg fortsetzen, würde Cabal vermutlich vor lauter Warten verrückt werden. Zumindest glaubte er das.
»Macht diesen verdammten Mist hier sauber«, knurrte er Rannulf an. Der harsche Befehl veranlasste den Soldaten, sich sofort hinzuknien. Er hob die noch glimmende Kerze auf und richtete den umgestoßenen Tisch wieder auf. »Sorg dafür, dass die Leiche weggeschafft wird. Zweifellos hat der König nicht den Wunsch, einen seiner Edelleute zur Ergötzung der Ungläubigen zurückzulassen. Nicht einmal diesen.«
Cabal warf Garretts Dolch auf den Boden, dann wandte er sich ab und verließ das Zelt. Draußen war die rauchgeschwängerte Luft von Stimmen und dem Gelächter von Betrunkenen erfüllt. Die Flammen der Lagerfeuer schlugen hoch in den mondlosen Himmel, und ihr Schein fiel auf Hunderte von Gesichtern, die verstohlen hochblickten, als der meistgefürchtete Krieger des Königs durch ihre Mitte zum königlichen Zelt am Ende der Zeltgasse ging.
Vier Waffenknechte standen vor dem großen Zelt aus gestreifter Seide, das König Richard Schutz gewährte, Englands vornehmstem Sohn. Obwohl der König den größten Teil des Tages mit ungestörtem Nachdenken und Besprechungen mit seinen Offizieren beschäftigt gewesen war, gewährten seine Wachen Cabal – wie sie es bei jedem hochrangigen Vasallen tun würden – ohne Zögern Einlass. Einer von ihnen schlug die Zeltplane zurück, die als Eingang diente, und ließ Cabal hindurchgehen. Dass er sich diese Ehrerweisung eher aus Angst vor ihm als aufgrund seines Status erworben hatte, ärgerte ihn zwar in den hintersten Winkeln seines Bewusstseins, aber Cabal verdrängte das Gefühl, als er das Zelt betrat und sich vor Richard Löwenherz verneigte.
»Ah, Cabal. Ich dachte, es sei vielleicht Fallonmour, der endlich kommt, um sich zu uns zu gesellen. Sein spätes Erscheinen zu dieser Unterredung beginnt meine Geduld zu strapazieren.« Der König hatte fünf seiner Offiziere um sich versammelt, die Adligen saßen vor ihm an einem großen reich geschnitzten Tisch, der mit zahllosen Landkarten und Papieren bedeckt war. Sein legendäres königliches Temperament begann jetzt aufzulodern, und er brüllte: »Geht endlich jemand und holt diesen unverschämten Bastard, oder muss ich es selbst tun?«
Nur Cabal wagte es, in das angsterfüllte Schweigen hinein, das dem Ausbruch folgte, etwas zu sagen. »Ihn zu
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