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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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nämlich Ihnen, mir und Mr. Loudon.«
    Langsam richte ich meinen Blick auf die zweite Gestalt im Zimmer, die links neben Bakers Schreibtisch steht. Ich bin ihm nie persönlich begegnet, aber ich erkenne sein scharf geschnittenes Gesicht. William Loudon, Leiter der Seattier Abteilung Lone Stars. Mein oberster Boss.
    Tja, damit ist das erledigt, oder? Vielleicht war es Schultz ernst damit, sich über die Schrage-Telestrian-Connection zu informieren, als sie versucht hat, mit mir in Verbindung zu treten. Hat Lynne mir nicht erzählt, Schrage unterhielte inoffizielle Verbindungen zur unheiligen Dreieinigkeit Drummond, Layton und McMar-tin, und damit impliziert, die vier würden irgendein Spiel hinter Loudons Rücken spielen? Alles andere, was mir die Elfe erzählte, hat sich als wahr herausgestellt. Anfänglich hat Schultz vielleicht wirklich hören wollen, was ich zu sagen habe.
    Das ist jetzt offenbar nicht mehr der Fall. Loudon muß sich eingeschaltet und irgendeinen Deal mit Schultz und der Metroplex-Verwaltung gemacht haben. Vielleicht hat Lone Star angeboten, zu geringeren Tarifen zu arbeiten, wenn Schultz im Gegenzug den Drek ruhen läßt, der abgegangen ist. Oder vielleicht hat Schultz ganz einfach erkannt, daß sich die Drohung, den Vertrag des Star mit dem Plex zu annulieren, nicht als wirksame Keule gegen Loudon einsetzen läßt. Wer sollte nach einer Vertragsauflösung die Polizeifunktion übernehmen? Es gibt keinen anderen Konzern dort draußen, der fähig und in der Lage wäre, für Lone Star einzuspringen, jedenfalls nicht sofort, und die Metro-plexgarde alleine könnte mit der Situation auf keinen Fall fertig werden.
    Wie auch immer, der Deal ist offenbar unter Dach und Fach. Loudon und Schultz sind zu einer Einigung gelangt, mit der sie beide leben können, und alles, was ich jetzt vielleicht noch zu sagen habe, würde beide Seiten nur in Verlegenheit stürzen. Ich bin sicher, daß Schultz' Fernbleiben nicht auf eine dringliche Angelegenheit zurückzuführen, sondern eine reine Vorsichtsmaßnahme ist. Sollte ich tatsächlich beschließen, mit dem, was ich weiß, an die Öffentlichkeit zu gehen, kann Schultz behaupten, von allem, was der ›geistesgestörte Undercover-Agent‹ von sich gibt, nichts gewußt zu haben. Ja, das paßt alles sehr gut zusammen.
    Die Erkenntnis müßte mich aufregen, müßte die Wut in meinen Eingeweiden entfachen. Aber in meinen Ein-geweiden ist nichts mehr - nichts. Ich bin leer. Ich fühle mich hohl, als wehe ein kalter Wind in mir. Zuviel ist in zu kurzer Zeit geschehen. Vielleicht habe ich mich distanziert. Vielleicht kommt irgendwann in der Zukunft auch alles wieder, eine gigantische Emotionswoge, die mich in einen tobenden Schwachkopf verwandelt, ich weiß es nicht. Aber im Moment empfinde ich nichts.
    Und das Fehlen jeglicher Emotion verleiht meinen Gedanken eine Schärfe und Klarheit, wie ich sie, glaube ich, nie zuvor erlebt habe. Was der Grund dafür ist, warum ich mich an Loudon wende und gelassen sage: »Was ist also vorgesehen?«
    Er ist nicht annähernd so glatt wie Baker. Er blinzelt, und es dauert eine oder zwei Sekunden, bis er seine Stimme wiedergefunden hat. »Was meinen Sie damit, Lieutenant Larson?«
    »Was ist vorgesehen?« wiederhole ich einfach. »Eine ehrenvolle Erwähnung für weit über das übliche Maß hinausgehende Leistungen? Ein Lob? Vielleicht sogar eine Beförderung? Und all das unter der Voraussetzung, daß ich über das, was ich weiß, den Mund halte?«
    Man schafft es nicht bis an die Spitze von Lone Star Seattle, wenn man dumm ist. Als ich fertig bin, hat Loudon sich wieder unter Kontrolle. »Eine ehrenvolle Erwähnung ist erwogen worden, ja«, sagt er ganz ruhig. »Was den Rest betrifft... Was wissen Sie eigentlich wirklich? Mr. Schrage ist tot, und seine Motive sind mit ihm gestorben.«
    Ja, es entwickelt sich alles ganz nach Drehbuch. »Und was ist mit Drummond?« frage ich. »Und Layton? Und McMartin? Bei einem Fluchtversuch erschossen?«
    Die Tatsache, daß ich Loudon soeben des Mordes beschuldigt habe, läßt ihn völlig kalt, was mir verrät, wie tief dieser ganze Drek tatsächlich begraben ist. »Ein tragischer Autounfall, Lieutenant Larson«, korrigiert er mich milde. »So etwas soll vorkommen, wissen Sie?«
    Ja, ich weiß. Alles hat einen moralischen Anstrich für die Nachrichtenmedien verpaßt bekommen, sollte es überhaupt jemals nötig werden, den Fall zu diskutieren. Dann zum Beispiel, wenn ich beschließen sollte, den Mund

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