Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder
Eine allgegenwärtige Bilderflut
Noch niemals sind auch im Alltag so viele Bilder auf uns eingeströmt wie heute. Das Fernsehen überflutet uns auf allen Kanälen mit optischen Reizen. In öffentlichen Räumen, in den Städten, auf Bahnhöfen, in Sportstadien, in Wartesälen, überall springen uns die Bilder der Werbung an, die Markenbilder mit Konsumartikeln verbinden, bestimmte Moden oder Schönheitsideale propagieren, oder ein bestimmtes Image mit Waren suggerieren. Alle konkurrieren sie um die Aufmerksamkeit der Konsumenten. Immer raffinierter und ausgefeilter werden die Versuche, dieses kostbare Gut Aufmerksamkeit in Beschlag zu nehmen, um den Kaufimpuls zu ermöglichen. Das nimmt mit dem Internet noch einmal eine neue Dimension an. All diese Bilder wirken auf uns ein. Wir können uns ihnenkaum entziehen. Manchmal zieht uns ein Bild auch richtiggehend in seinen Bann. Wir können die Augen kaum abwenden. Immer wieder müssen wir hinschauen. Da sind Bilder, die uns auf Werbeanzeigen am Bahnhof ansprechen und unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wir wissen oft nicht, warum wir von dem Bild nicht loskommen. Offensichtlich spricht es etwas in uns an, was uns fasziniert. Psychologen haben sich Gedanken gemacht über die Wirkung dieser »geheimen Verführer«, die tiefere Schichten unserer Seele ansprechen, die oft zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten liegen. Die so angestoßenen Emotionen bewegen uns. Wir reagieren auf die Bilder, entweder seelisch oder indem wir etwas tun, das heißt: uns vom Bild in die Handlung drängen lassen. Der Verstand wird dabei manchmal ausgeschaltet. Bilder nehmen uns also in Beschlag. Bilder beherrschen uns oft. Wir können uns mit dem Verstand gar nicht dagegen wehren.
Es gibt Bilder, die alle ansprechen. Sie treffen die Sehnsucht vieler Menschen. Oder aber sie berühren die Ängste, die viele einschnüren. Die Bilder bringen diese Angst zum Ausdruck und geben so möglicherweise den Menschen die Möglichkeit, ihrer Angst die Macht zu nehmen. Indem die Angst zum Ausdruck kommt, kann sie sich wandeln. Andere Bilder bewegen uns, weil sie uns ein Leid vor Augen halten, das uns nicht kalt lässt. Schreiende Menschen, die den Tod eines lieben Menschen betrauern, das entstellte Gesicht einer Frau, die von ihrem Mann verstümmelt worden ist, abgemagerte Kinder, solche Bilder rühren uns an und bringen uns in Berührung mit unserer Fähigkeit, mitzuleiden. Sie lassen uns teilhaben am Schicksal andererMenschen. Sie reißen uns aus unserer Isolierung heraus und bringen uns in inneren Kontakt mit anderen Menschen. Sie bewegen unsere Emotionen. Dabei sind sie keine Informationen über bestimmte Fakten. Sie zeigen uns das Leid, machen die Angst, die Sehnsucht, die Freude, den Jubel konkret und anschaulich in einem menschlichen Gesicht. Durch diese Bilder spüren wir die Emotionen, die in uns sind, die wir aber oft unterdrücken. Und die Bilder sprechen die inneren Bilder an, die wir in uns tragen. Jeder von uns trägt in sich das Bild eines hilfsbedürftigen Kindes, das Bild eines guten Vaters, das Bild einer liebenden Mutter. Indem wir solche Bilder anschauen, regt sich das innere Bild in uns. Und mit dem inneren Bild kommen wir in Berührung mit den Möglichkeiten, die in unserer Seele bereit liegen.
Äußere Bilder – innere Bilder
Doch wenn es zu viele Bilder sind, die auf uns einströmen, überlagern sie die inneren Bilder, die wir in uns tragen. Sie verwirren uns, sie zerreißen uns, sie zerstreuen uns. Die Medien zielen mit ihrer Bilderflut auf das Herz des Menschen. Sie wollen sein Denken und Fühlen bestimmen. Sie wollen ihn in eine ganz bestimmte Richtung weisen. Boulevard-Medien wissen etwa um die Kraft der Bilder und setzen sie nicht nur ein, um Menschen zu beeinflussen, sondern auch, um wirtschaftlichen Erfolg zu haben. Wennder Mensch zu viele Bilder auf sich einströmen lässt, hat das allerdings Konsequenzen: Er verliert oft die Beziehung zu seinen eigenen inneren Bildern. Mit der überwältigenden Vielzahl der Eindrücke kann er sich gar nicht auseinander setzen. Er vermag auch nicht, diese Bilder in sich einzubilden. Sie ziehen an ihm vorüber. Einerseits halten sie ihn innerlich besetzt. Aber zugleich hindern sie ihn daran, mit seiner eigenen Tiefe in Berührung zu kommen, in der seine inneren Bilder liegen. Die Werbepsychologen rechnen damit, dass schon ein nur kurz gezeigtes Bild das Unbewusste des Menschen prägt und ihn zum Kauf anregt. Die vielen
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