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Der eiskalte Himmel - Roman

Der eiskalte Himmel - Roman

Titel: Der eiskalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Besonderes. In keinem unserer Feindländer bin ich je gewesen, aber ich kenne russische und deutsche Matrosen. Von Großbritannien kenne ich nur Wales und von Wales bloß ein Stück. Um genau zu sein, kenne ich Newport und die südlichen Dörfer zwischen dem Usk und dem Ebbw. Im Usk tummeln sich die größten Forellen von Wales. Ich bin sicher, dass auch König Artus das wusste.
    Ich habe einen älteren Bruder, Dafydd, und eine Schwester, Regyn; ihr Mann Herman ist Vorsteher in der ältesten Fabrik von Wales, die ohne zu übertreiben von sich behaupten kann, zugleich die älteste Fabrik der Welt zu sein. In Wales stand die Wiege der industriellen Revolution, aber auch das ist lange her. Mein Schwager Herman und mein Bruder Dafydd gingen am Tag der Generalmobilmachung zum Bahnhof und fuhren zur neuen Fliegerkaserne von Merthyr Tydfil.
    How erzählt, die ENDURANCE lag am selben Tag in der Themsemündung vor Anker und wartete auf den königlichen Bescheid, ob die Expedition trotz des Kriegsausbruchs stattfinden solle. Jetzt johlen sie, meine Motorschlittenkameraden, weil es ins weiße Land geht. Und mit »Hurra, hurra!« werden sie den Union Jack aufpflanzen. Aber hätte König Georg nicht bloß sein eines majestätisches Wort telegraphiert – »Go« –, sondern zwei weitere drangehängt: »to War« …, sie hätten alle gehorcht und wären in die Kanonenboote und Schützengräben gestiegen: der Sir und sein Vertreter Wild, Käpt’n Worsley und die beiden Ärzte Macklin und McIlroy, die Forscher, der Maler und der Fotograf, McNeish der Zimmermann, Green der Koch, die beiden Heizer genauso wie Vincent der Bootsmann und alle seine Matrosen. Bloß Bakewell hätte sich an die Mütze getippt und ahoi gesagt: »Nichts für mich. Bin ein Yankee ohne Heimat, und Krieg ist nur wichtig für Leute mit Heimat.«
    Recht hast du, Bakie! Und weißt du was? Dass es Wichtigeres gibt, als möglichst viele Deutsche und Russen zu erschießen, das hat auch der König erkannt und nichts anderes hat er gemeint mit seinem »Go«. Der König will, dass wir etwas aus unserem Leben machen. Er will, dass wir die Ersten sind, die die Antarktis von Weddellmeer bis Rossmeer zu Fuß durchqueren. Noch unseren Urenkeln sollen wir erzählen können, wie wir es geschafft haben. Und weil das alles zu viel ist, um es in ein Telegramm zu schreiben, hat der König nur dieses eine aufmunternde Wort schreiben lassen.
    Go! Get all the canvas set, boys!
    Georg V., König von England, ist ein so vernünftiger Mann wie mein Freund Bakewell aus Joliet, Illinois.
    Was an Leinwand da ist, hinauf damit an die Rahen.
    Der Sir und der Skipper schreiten an Deck die Reihen der Zwinger ab. Orde-Lees prüft die Zurringe der Schlitten, die keine Zughunde brauchen, weil sie motorbetrieben sind, made in Wales. Am Schanzkleid steht Hurley und filmt. Und hoch oben an einer Rahnock tanzen Bakie, Hownow und Stornoway Tango mit den ersten langbeinigen Böen von Kap Hoorn.
    Auf in den Süden des Südens. Zweieinhalb Jahre ist es her, dass Scott, Wilson und Bowers auf dem Rückmarsch vom Pol erfroren sind. Jede Stufe der Tragödie, seit Amundsen ihnen zuvorgekommen war, hat Kapitän Scott in seinem Tagebuch festgehalten, nächtelang hat mein Bruder mir daraus vorgelesen und haben wir uns auszumalen versucht, wie es gewesen sein muss in dem kleinen Zelt inmitten dieses zehn Tage lang brüllenden Blizzards.
    Antarktika, Antarktika.
    Ich kauere hier seit einer Nacht und einem halben Tag und futtere nichts als Schokolade.

2
Emyr, Gwendolyn, Dafydd und Regyn
    I ch weiß noch, welches Gesicht meine Mutter machte, als mein Bruder und mein Schwager aus Merthyr Tydfil schrieben: »Mom, sie haben uns hier tatsächlich zum Hangartrupp abkommandiert. Es ist fantastisch. Wir kommen zurück, wenn das Problem der Propellerbewaffnung gelöst ist.«
    Mom wusste bis dahin nicht einmal genau, was ein Flugzeug ist.
    Für mich bedeutete die ungelöste Propellerbewaffnung, dass ich eine Arbeit annehmen musste, um für die Familie mitzuverdienen. In der Woche nach der Generalmobilmachung begann ich in der Werft zu arbeiten, in der mein Vater seit vierzig Jahren Schiffe baut. Er ist Innenausstatter; besonders der Kunstfertigkeit seiner Täfelungen wegen ist mein Vater Emyr Blackboro in den Häfen am Usk und Severn ein gefragter, wenn

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