Der elektrische Mönch
Zuckungen, Erde und Himmel grölten sich gegenseitig an, es entstand ein schreckliches Rosa, ein plötzliches Grün, ein zögerndes Orange, das die Wolken besudelte, und dann versickerte das Licht, und die Nacht war endlich unergründlich und abscheulich finster. Es gab kein anderes Geräusch mehr als das leise Rieseln von Wasser.
Doch am Morgen erhob sich die Sonne mit ungewohntem Glanz und blitzte auf einen Tag herunter, der wärmer,
klarer und heller war oder zu sein schien oder zumindest erschienen wäre, wenn es jemanden gegeben hätte, dem er irgendwie hätte erscheinen können - ein alles in allem lebendigerer Tag, als man ihn je gekannt hatte. Ein kristallklarer Strom floß durch die Trümmerreste des Tales.
Und Zeit begann ernstlich zu verrinnen.
2. Kapitel
Hoch oben auf einem felsigen Vorgebirge saß ein Elektrischer Mönch auf einem gelangweilten Pferd. Unter seiner groben Kutte hervor blickte der Mönch ungerührt in ein anderes Tal hinunter, mit dem er ein Problem hatte.
Der Tag war heiß, die Sonne stand an dem leeren, dunstigen Himmel und brannte auf die grauen Felsen und das kümmerliche verdorrte Gras herunter. Nichts rührte sich, nicht einmal der Mönch. Der Schwanz des Pferdes bewegte sich ein bißchen und wedelte leicht, womit er versuchte, etwas Luft aufzuwirbeln, aber das war alles. Sonst rührte sich nichts.
Der Elektrische Mönch war ein Gerät zur Arbeitseinsparung wie ein Geschirrspüler oder Videorecorder. Geschirrspüler spülten für einen das langweilige Geschirr und ersparten einem so die Mühe, es selber spülen zu müssen; Videorecorder sahen sich für einen langweilige Fernsehprogramme an und ersparten einem so die Mühe, sie selber ansehen zu müssen; Elektrische Mönche glaubten für einen gewisse Dinge und ersparten einem damit, was allmählich zu einer immer beschwerlicheren Aufgabe wurde, nämlich alle Dinge zu glauben, die zu glauben die Welt von einem erwartete.
Leider hatte sich bei diesem Elektrischen Mönch ein Fehler eingeschlichen, und zwar hatte er begonnen, mehr oder minder wahllos und ziellos alle möglichen Dinge zu glauben. Er fing sogar an, Dinge zu glauben, an die zu glauben den Leuten in Salt Lake City schwerfallen würde. Er hatte natürlich nie etwas von Salt Lake City gehört. Auch hatte er nie was von einer Ouingigillion gehört, was über den Daumen gepeilt die Anzahl der Meilen war, die zwischen seinem Tal und dem Großen Salzsee von Utah lagen.
Das Problem, das er mit dem Tal hatte, war: der Mönch glaubte im Augenblick, daß das Tal und alles in dem Tal und um es herum, den Mönch und das Pferd des Mönchs eingeschlossen, einheitlich blaßrosa sei. Das erklärte eine gewisse Schwierigkeit, jedes Ding von jedem anderen Ding zu unterscheiden. Und irgendwas zu tun oder irgendwohin zu reiten, war deshalb unmöglich oder zumindest schwierig und gefährlich. Daher die Reglosigkeit des Mönchs und die Gelangweiltheit des Pferdes, das sich im Lauf der Zeit viele dusselige Dinge hatte gefallen lassen müssen, aber insgeheim das hier für eines der dusseligsten hielt.
Wie lange glaubte der Mönch an diese Dinge?
Tja, wenn es nach dem Mönch ging, ewig. Der Glaube, der Berge versetzt oder sie zumindest entgegen allen zu Gebote stehenden Beweisen für rosa hält, war ein fester, beständiger Glaube, ein mächtiger Fels, gegen den die Welt schleudern konnte, was sie wollte, er hätte trotzdem nicht gewankt. In der Praxis, das wußte das Pferd, währte der Glaube im Durchschnitt ungefähr vierundzwanzig Stunden.
Wie stand's denn nun um dieses Pferd, das offensichtlich Meinungen hatte und Dinge skeptisch betrachtete? Ungewöhnliches Benehmen für ein Pferd, was? Vielleicht sogar ein ungewöhnliches Pferd?
Nein. Obwohl es sicherlich ein hübsches, gut gebautes Exemplar seiner Gattung war, handelte es sich gleichwohl um ein völlig normales Pferd, wie es eine konvergente Entwicklung an vielen Orten hervorgebracht hat, an denen es Leben gibt. Pferde haben immer sehr viel mehr kapiert, als sie sich anmerken ließen. Es ist kaum möglich, tagaus tagein von irgendeinem anderen Geschöpf geritten zu werden, ohne sich eine Meinung darüber zu bilden.
Andererseits ist es durchaus möglich, tagaus tagein auf einem anderen Geschöpf zu sitzen, ohne sich auch nur den leisesten Gedanken darüber zu machen.
Als die ersten Modelle dieser Mönche gebaut wurden, achtete man sehr darauf, daß sie
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