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Der Elfenhuegel

Der Elfenhuegel

Titel: Der Elfenhuegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Mai
    Barney Doyle saß an seiner unordentlichen Werkbank, während er zum vierten Mal in sieben Jahren versuchte, Olaf Andersens veralteten elektrischen Rasenmäher zu reparieren. Er hatte den Zylinderkopf abgenommen und lallte die Entscheidung darüber, ob es passend sei, dieses Gerät ein für allemal auszumustern – was die artigen Stadtväter drüben in St. Catherine sicherlich nicht billigen würden. Der Kopf war abgesprungen – deshalb konnte Olaf ihn auch nicht starten –, und die Zylinderwände waren durch den Gebrauch und eine frühere Bohrung papierdünn. Das Beste, was Andersen tun könnte, wäre, Geld in einen dieser neuen Toro-Rasenmäher mit all den schönen Glocken und Pfeifen zu investieren und diese alte Maschine zu verschrotten. Barney wußte, daß Olaf Krach schlagen würde, wenn er einen neuen Rasenmäher kaufen müßte, aber das war Olafs Angelegenheit. Ebenso wußte Barney, daß es einem Wunder gleichkäme, auch nur ein Zehncentstück für einen solchen Entschluß aus Andersens Privatkasse herauszulocken. Es wäre zum Vorteil aller beteiligten Parteien, wenn Barney der beinah fertigen Maschine noch ein letztes Sommerwerk entlocken könnte. Während er nachdachte, nahm Barney abwesend einen Schleifstein für die Klingen. Er könnte versuchen, ihm einen weiteren Riß zuzufügen. Ein übergroßer Zylinderring würde die Sache schon schaukeln – er könnte den kleinen Riß zusammenschweißen –, und er würde den größten Teil der Kompression zurückbekommen.
    Wenn er ihn jedoch nicht wegrisse, würde er beides verlieren, die Zeit und das auf Bauteile verwendete Geld. Nein, zuletzt entschied er sich, daß es besser sei, Andersen zu erzählen, er solle ein Begräbnis einplanen.
    Ein heißer, feuchter Windstoß rüttelte an dem halboffenen Fenster.
    Geistesabwesend zog sich Barney das schweißdurchtränkte Hemd von seiner Brust. Meggie McCorly, dachte er zerstreut, ein Lächeln erschien auf seinem von den Jahren gezeichneten Gesicht. Sie war eine Vision der Schönheit in einfacher Baumwolle, ein vollendeter Körper in den besten Jahren, schwingende Hüften und ausgedehnte Brüste, wenn sie täglich von der Schule nach Hause ging. Einen Moment lang war er gerührt von dem Ansturm so lebendiger Erinnerungen, daß er einen Widerhall von Lust in seinen alten Lenden aufsteigen fühlte. Barney zog ein Taschentuch hervor und trocknete seine Stirn. Er roch den Frühlingsduft und die heißen schwülen Nachtgerüche, so stark wie jene, die durch die Obstgärten und Felder von County Wexford wehten. Barney dachte an die Nacht, als er und Meggie von der Tanzparty flohen, sich aus der überfüllten, stickigen Halle unbemerkt fortschlichen, während die Stadt die Hochzeit von Paddy O’Shea und Mary McMannah feierte. Die leidenschaftlichen Erinnerungen veranlaßten Barney erneut, seine Stirn abzureiben, als eine handfeste Erregung seine Leistengegend heimsuchte. In sich hineinlachend, dachte Barney: ›Es gibt also doch noch Leben in diesem alten Burschen‹.
    Für lange Minuten verharrte Barney in der Erinnerung an eine fast vergessene Leidenschaft, bis er bemerkte, daß er noch immer den Schleifstein über die Klinge von Andersens Rasenmäher rieb und damit der Schneide einen silbernen Glanz verliehen hatte. Er stellte den Schleifstein herunter und fragte sich, was über ihn gekommen war. Seit er nach Amerika ausgewandert war, im Jahre 1938, hatte er nicht mehr an Meggie McCorly gedacht. Das letzte, was er von ihr gehört hatte, war die Nachricht, daß sie einen der Cammack-Jungen drüben in Enniscorthy geheiratet hatte. Er konnte sich nicht daran erinnern, welcher es war, und es stimmte ihn traurig.
    Durch das schmale Fenster seines Arbeitsschuppens bemerkte Barney das Aufflackern einer Bewegung. Er legte den Schleifstein beiseite und trat hinaus in das schwächer werdende Abendlicht. Da er nicht erkennen konnte, was seine Aufmerksamkeit erregt hatte, ging Barney zurück zu seiner Werkbank. Gerade als das Fenster aus seinem Blickfeld verschwunden war, bemerkte er erneut flüchtig etwas im Augenwinkel. Barney öffnete die Tür seines Arbeitsschuppens und machte einen einzigen Schritt nach draußen. Dann blieb er stehen.
    Alte Bilder, halb erinnerte Erzählungen und ein Lied aus seine Kindheit bestürmten ihn, während er langsam rückwärts in seinen Schuppen zurückging. Gefühle von Freude und Angst durchströmten Barney, sie waren so schön, daß ihm Tränen in die Augen traten, und durchbrachen jede

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