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Sigi Wulle 2 - Sigi Wulle auf dem Kriegspfad

Sigi Wulle 2 - Sigi Wulle auf dem Kriegspfad

Titel: Sigi Wulle 2 - Sigi Wulle auf dem Kriegspfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Kraus
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Kapitel 1
    Alles fing damit an, daß in unserem Ort ein Gerücht über ein Monster umging, das manche bereits gesehen haben wollten. Es sollte eine Frau überfallen haben, aber keiner wußte, welche Frau. Dieses Monster sollte Ähnlichkeit mit einem Mann haben, da es auf zwei Beinen lief und ein wenig sprechen konnte; aber wo ein Mensch Hände hat, befanden sich bei ihm zwei haarige Klauen mit Krallen, und lange Vampirzähne glitzerten unter einem schwarzen Schnurrbart, und seine Augen glühten in der Dunkelheit, wenn es nachts umherirrte.
    Unter den Bewohnern unseres Dorfes entstand große Unruhe. Es wurden immer schlimmere Geschichten erzählt, und die Luise behauptete, das Monster habe sie verfolgt, als sie von der Chorstunde heimgelaufen sei; aber falls das überhaupt stimmt, müßte es einen schlechten Geschmack haben, weil sie sehr häßlich ist und einen Buckel hat. Verschiedene behaupteten auch, ihnen sei etwas abhanden gekommen, vielleicht ein Huhn oder eine Ente, doch sie konnten gar nicht nachweisen, wie viele Hühner sie überhaupt besaßen, und anderen fehlte etwas aus dem Garten, aber vielleicht hatten sie die Tomaten selbst gegessen.

    Manche Leute fingen sogar Streit miteinander an, weil die einen an das Monster glaubten und die anderen nicht. Die Frau des Oberlehrers Schwärt fiel in Ohnmacht, als sie es in ihrem Hof stehen sah, wobei ein Auge entsetzlich glühte; aber es war nur der Oberlehrer, und was sie für ein Auge gehalten hatte, war seine brennende Zigarette gewesen. Es handelte sich also nur um ein Monster für kleine Buben, die er oft quält, wenn sie verhindert sind, ihre Hausaufgaben zu erledigen; jedoch mich darf er nicht mehr verdreschen, da ich kein Schüler von ihm bin, sondern ein Gymnasiast.
    Plötzlich war ein Pferd verschwunden, das dem Bauern Sauther gehörte, und keiner kriegte heraus, wo es sich befand. Nicht einmal unser tüchtiger Gendarm konnte es finden, obwohl er zwei Tage danach suchte. Er besitzt zwar kriminalistischen Instinkt, wenn er herauskriegen soll, welcher Lausbube eine Fensterscheibe eingeschmissen hat, aber vor einem Monster zittert er wohl, weil auch die anderen Leute davor Angst haben. Die Straßen waren leer, wenn es dunkelte, und die Frauen sperrten alle Türen zu und verriegelten die Fensterläden, so daß ein Gendarm auf der Straße verloren gewesen wäre, falls er dem Monster begegnete. Es soll genug Kraft besitzen, um einem Ochsen mit einem Schlag das Genick zu brechen — dagegen könnte der Gendarm wirklich nichts ausrichten.
    Maxi und Fred hatten auch kein Verlangen mehr, abends mit mir auf den Feldern umherzustreifen, obwohl die Herbstferien begonnen hatten und dürres Kraut verbrannt wurde, in dessen Glut man Kartoffeln rösten konnte. Sie hockten lieber zu Hause herum, und die Annegret, meine neue Freundin, lachte über mich, da sie annahm, daß ich ebenfalls vor lauter Angst zittern würde.
    „Ich fürchte mich nicht“, sagte ich, da ich im Lokalteil unserer Zeitung gelesen hatte, die Monstergeschichte sei ein Witz und von Anfang bis Ende erlogen.
    „Na, Sigi, dann komm doch heut abend!“
    „Wohin?“
    „Zu unserem Haus.“
    „Und wie wirst du merken, daß ich da bin?“
    „Wenn du dreimal an den Fensterladen schlägst.“
    Ich wartete also, bis es dunkel geworden war, und lief dann los, aber nicht durch das Dorf, sondern im Bogen darum herum. Ich kenne diesen Weg genau. Vielleicht hatte ich deshalb keine Angst, sondern nur ein bißchen Herzklopfen. Allerdings erschrak ich, als eine Katze vorbeihuschte, deren Augen grünlich funkelten, und dann, weil die Annegret eine ausgehöhlte Rübe auf einen Pfosten gesteckt hatte, in die sie ein Gesicht geschnitzt hatte, hinter dem eine Kerze flackerte. Das wirkte sehr monsterhaft. Doch ich haute nicht gleich ab, sondern schleuderte drei Kieselsteine gegen den Fensterladen, worauf ihr Vater mit dem Bello herausstürzte. Das ist sein Hund, glücklicherweise ein Dackel, der mich auf krummen Beinen nicht einzuholen vermochte. Die beiden konnten nur hinter mir her schimpfen, während ich mit großen Sprüngen über leere Kartoffelfelder zurückrannte.
    Plötzlich stand ich wie angenagelt. Ich hörte den Trab eines Pferdes und grelles Gewieher, das sich in der Finsternis näherte. Erschrocken kroch ich in einen Busch, da mir die Sache nicht geheuer schien, und wartete, bis der Reiter dicht neben mir vorüberritt. Mit seinem schwarzen buschigen Schnurrbart sah er unheimlich aus. Sein Gaul gehörte dem

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