Der Elfenhuegel
abgeschirmten hinteren Veranda öffnen und die Abendbrise hereinlassen. Sie hoffte es zumindest. In Südkalifornien waren die Tage manchmal hochofenheiß gewesen, aber es war eine trockene Hitze, und die Abende waren unwahrscheinlich schön. O Gott, wünschte sie sich, was würde ich für einen anständigen Innenhof geben, und nur die Hälfte dieser Feuchtigkeit!
Doch dieser plötzliche Anfall des Bedauerns über den Umzug ging vorüber, und sie zog sich ihren nicht mehr frischen Kittel aus und ließ sich von einem seichten Luftzug kühlen, während sie wieder nach ihrem Mann rief.
Ein scharrendes Geräusch unter dem Tisch war die Antwort und ließ sie aufspringen, sie drehte sich herum und äußerte ihren bevorzugten Fluch, »Gottverdammtnochmal!«. Unter dem Küchentisch duckte sich Bad Luck, der schwarze Labrador-Apportierhund der Familie; mit einem unschuldigen Ausdruck in den Augen kauerte er vor einer Zehn-Pfund-Hundefutter-Tüte nieder, die er geplündert hatte. Zerbissene Körner rollten über den Boden. »Du!« befahl sie. »Raus!« Bad Luck kannte die Spielregeln ebensogut wie die Jungen und schoß unter dem Tisch hervor. Er suchte nach einem Ausgang und rutschte dabei über den Boden, weil er plötzlich dadurch verwirrt war, daß er sich in einem neuen Territorium wiederfand. Erst gestern angekommen, hatte er sich die örtlichen Fluchtrouten noch nicht einprägen können. Er bewegte sich erst in die eine, dann in eine andere Richtung, sein Schwanz halb wedelnd, halb zwischen die Beine geklemmt, bis Gloria die Schwingtür zur Diele öffnete. Bad Luck schoß durch die Halle in Richtung Eingangstür. Sie ging hinter ihm her und öffnete ihm die Tür, und als er nach draußen stürmte, rief sie: »Lauf und finde die Jungens!«
Kurz darauf, sie hatte sich gerade umgedreht, erspähte sie den großen rauchfarbenen Familienkater, der sich auf der Treppe putzte. Philip hatte der Katze den Namen Hemingway gegeben, aber jeder andere nannte ihn Ernie. Gloria streckte die Hand aus, hob ihn hoch und beförderte ihn nach draußen. »Ihr beiden!« stieß sie hervor, während sie die Tür hinter ihm zuschlug.
Ernie war ein altbewährtes Opfer solcher Zornausbrüche und ertrug das alles mit einer unantastbaren Würde, die nur von britischen Botschaftern, episkopalen Bischöfen und Katern erreicht wird. Er blickte verklärt auf die Veranda, entschied sich für ein sonniges Fleckchen, drehte sich zweimal um und ließ sich zum Schlummern auf die Hinterpfoten nieder.
Gloria verließ die Küche und ging durch den Waschkeller. Sie warf einen mißtrauischen Seitenblick auf die antike Waschmaschine und den Trockner und fand einen Besuch im Einkaufszentrum angebracht, denn sie wußte mit furchtbarer Gewißheit, daß diese Maschinen nur darauf warteten, alle Kleidungsstücke zu vernichten, die sie leichtsinnigerweise hineinstopfen würde.
Gloria öffnete die Tür mit dem Fliegengitter, verließ die Veranda und ging die Treppe hinunter zum ›Hinterhof‹, ein großes ödes Stück Land, scharf abgegrenzt vom Haus, alte Apfelbäume zur Linken, eine baufällige Garage zur Rechten und gut fünfzig Meter entfernt die genauso heruntergekommene Scheune. In der Nähe dieser Scheune erblickte Gloria ihren Mann, der mit seiner Tochter sprach. Er sieht immer noch aus wie ein Professor der etablierten, vornehmen Kollegen der Oststaaten-Universitäten, dachte sie, mit seinem ergrauenden Haar, das langsam nach hinten zurückwich, und seinen braunen, lebhaften Augen.
Doch er hatte ein Lächeln, das einem das Herz erweichen konnte, das ihn wie einen kleinen Jungen aussehen ließ. Dann bemerkte Gloria, daß ihre Stieftochter Gabrielle in einer schlechten Stimmung war, sie lamentierte, während sie sich herumdrehte und sie allein ließ. Sie wußte, Phil hatte Gabbie gerade darüber informiert, daß sie ihr Pferd während des Sommers nicht haben könnte.
Gabbie hatte die Arme vor der Brust gekreuzt und das Gewicht auf ihr linkes Bein verlagert, eine Pose, die für junge Mädchen typisch ist, für die Gloria sowie andere Schauspielerinnen über fünfundzwanzig aber ihre Gelenke verrenken müßten. Für einen Moment verharrte Gloria in offenkundiger Bewunderung für ihre Stieftochter. Als Gloria und Phil geheiratet hatten, lief seine Karriere auf vollen Touren, und Gabbie lebte bei ihrer Großmutter mütterlicherseits, ging auf eine Privatschule in Arizona und besuchte ihren Vater und dessen neue Frau nur zu Weihnachten, Ostern und für zwei
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