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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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durch die Straßen schritt, wieder von der Achtung profitierend, die seinem Habit geschuldet war, sann er über die Wollust nach, die so viele römische Kleriker offensichtlich über die Maßen plagte. Sie hatten doch alle gelobt, keusch zu leben; ob Priester oder Mönch, der Zölibat galt bis hinauf zum höchsten Purpur; und doch frönten viele ihrer Lust, und nicht wenige setzten Kegel in die Welt und schämten sich derer nicht einmal. Gar zu viele erinnerten sich an Papst Alexander, den sechsten in der Zählreihe, der es auf ein Dutzend Kinder gebracht und ein jedes von ihnen auskömmlich versorgt hatte; was für ein Vorbild. Leo X. pflanzte zwar seinen Samen weniger fruchtbar, galt aber ansonsten als beinahe ebenso lebenslustig, und auch Papst Clemens hatte anscheinend viel Spaß im Purpur.
    Jakob war kein Eunuch; mit seinen dreißig Jahren kannte er selbst das Ziehen in den Lenden und das Zittern im Gemächt, wenn sich der Samen nächtens seinen Weg suchte; das geschah ohne Zutun und sogar ohne sündhafte Gedanken. Ein jeder Medicus wußte über die eiaculatio nocturnis Bescheid; kein Grund zur Sorge oder zum Beichten. Aber ja, räumte Jakob insgeheim ein, wenn der Dorn zu sehr brannte und nach der Hand verlangte, blieb es manchmal beim willigen Geist, doch es mit anderen zu treiben und absichtsvoll die Lust anzustacheln war verwerflich, weil es nicht der Linderung, sondern der Hingabe diente. Er selbst hatte in Ingolstadt seine Jungfräulichkeit verloren, weil die Hildegard in der hinteren Burse …
    »Nein«, sagte Jakob laut und erschrak über seine Heftigkeit, nein, dieser Erinnerung wollte er nicht nachgeben. Er hatte damals bereut und gebüßt, hatte sich kasteit und war schließlich im Glauben gestärkt aus dem Fehltritt hervorgegangen. Er schätzte die Keuschheit, und was er überhaupt nicht verstehen konnte, war die zügellose Wollust mit käuflichen Weibern. Doch hier in Rom war wirklich alles käuflich. Kein Wunder, daß aus dem caput mundi ein cauda mundi geworden war – vom Haupt der Welt zu deren Schwanz.
    Jakob betrat Trippas Kanzlei und sah sich unvermittelt Bischof Frangipane gegenüber, von dem die Spatzen von den Dächern pfiffen, daß er keinen Rock ungelüftet davonkommen ließ. Sein Erfolg bei Frauen stand in keinem Verhältnis zu seiner äußerlichen Erscheinung; klein, feist und glatzköpfig, war er alles andere als ein Adonis. Jakob deutete eine Verbeugung an. Huldvoll hob der Bischof seine fleischige Hand und bot Jakob seinen Ring dar. Bei Frangipanes gedrungener Gestalt hätte sich Jakob tief verbeugen müssen, und so beließ er es bei der Andeutung eines Kusses.
    »Es ist eine Freude, Euch zu sehen, Exzellenz«, grüßte er. »Darf man nach Eurem Wohlergehen fragen?«
    »Danke, ich habe keinen Grund zur Klage.«
    »Der Geist wohnt in einem gesunden Körper, alle Säfte sind hinreichend in Wallung?«
    Frangipanes Mundwinkel zuckten, und sein Blick wurde lauernd; aber sogleich hatte sich der Bischof in der Gewalt und erwiderte: »Die Lehre von den Körpersäften kenne ich sehr wohl und weiß um die Bedeutung einer ausgewogenen Durchmischung der roten und schwarzen Galle mit Blut und Sekret. Sei beruhigt, Bruder, bei mir ist kein Saft im Überfluß.«
    »So seid Ihr ein kerngesunder Mann und bedürft des Aderlasses nicht«, entgegnete Jakob mit harmloser Stimme und setzte sein gewinnendstes Lächeln auf.
    Der Purpurträger lächelte ebenfalls, neigte leicht sein Haupt zum Abschied und verschwand durch die Tür.
    »Was führt dich zu mir, Bruder«, fragte Trippa und lud Jakob ein, den hinteren Raum zu betreten, wo sie ungestört sprechen konnten.
    »Ich komme wegen meines Auftrags. Ich benötige Informationen über Roms Kurtisanen und Kupplerinnen, damit ich herausfinden kann, von wo die gestürzten Engel kommen.«
    »Wenn das so einfach wäre, brauchten wir dich nicht. Ich fürchte, du mußt dich selbst um geeignete Nachrichten bemühen.«
    »Aber ich bin noch immer fremd in der Stadt.«
    »Nicht doch, Jakobus. Schließe dich einigen Zirkeln an und scheue nicht, an dieser oder jener Lustbarkeit teilzunehmen. Wer mit offenen Augen und nüchternem Blut feiert, dem wird manches offenbart.«
    »An wen soll ich mich halten?«
    Trippa zuckte mit den Achseln.
    »Soll ich ohne Hinweis bleiben?«
    »Du sollst nicht voreingenommen sein. Wir haben keinerlei begründeten Verdacht. Wollte ich dir eine Person benennen, setzte ich dich womöglich auf die falsche Fährte. Das einzige, was ich für

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