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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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für diesen Fall eine sofortige Verlegung Seiner Heiligkeit verlangen.»
    Alexander warf einen Blick über die Schulter zu den Schlafräumen der Schweizer. Um Mitternacht war Zapfenstreich gewesen; die Fenster waren alle dunkel.
    «Der Schutz des Heiligen Vaters obliegt uns, aber die Garde schläft!»
    «Befehl», sagte Utz.
    «Von wem?»
    «Parada und von Gunten.»
    «Warum?»
    «Weil die Garde in die Schießerei verwickelt ist.» Ehe Alexander die nächste Frage stellen konnte, zerrte Utz ihn weiter. «Los, du wirst erwartet!»
    Bevor sie das andere Ende des Hofes erreichten, waren sie nass bis auf die Knochen, ohne dass Alexander es auch nur bemerkte. Rassers knappe Antworten beschäftigten ihn; statt ihm zu helfen, hatten sie ihn eher noch mehr verwirrt.
    Die Vigilanza, die zweite Sicherheitstruppe im Vatikan, befand sich in ständiger Konkurrenz zur Schweizergarde. Die Polizisten der Vigilanza durchweg Italiener, hielten die Schweizer mit ihrem traditionellen militärischen Zeremoniell, ihren überladenen Galauniformen und den alten Hellebarden für so etwas wie Zinnsoldaten, im tatsächlichen Einsatz kaum zu gebrauchen. Die Schweizer wiederum, die seit fünfhundert Jahren unter Einsatz ihres Lebens die Sicherheit des Papstes garantierten, hätten eine Aufstockung des eigenen Mannschaftsbestandes lieber gesehen als die Etablierung einer zweiten Wachtruppe auf dem Boden der Vatikanstadt.
    Nachdem Papst Paul VI. 1970 die Ehrengarde, früher Nobelgarde genannt, die Palatingarde und die Päpstliche Gendarmerie aufgelöst hatte, war ein moderner Wachdienst entstanden. Vornehmlich aus Mitgliedern der früheren Gendarmerie gebildet, hatte der neue Dienst 1991 seine endgültige Ausformung und den Namen «Vigilanzakorps des Staates der Vatikanstadt» erhalten.
    Die traditionsbewussten Schweizer verachteten die vergleichsweise junge Wachtruppe, die ihnen den Rang ablaufen wollte. Schweizer und Vigilanzamänner setzten einander zu, wo sie nur konnten. Alexander spürte beim schnellen Gehen noch immer den stechenden Schmerz in seinem rechten Unterschenkel, da, wo ihn beim letzten Fußballspiel der Schweizer gegen die Vigilanza ein rattengesichtiger Italiener gefoult hatte. Der Ball war zwanzig Meter entfernt gewesen.
    Alexander hatte sich mit einem Ellbogenstoß in die Magengrube gerächt. Der Schiedsrichter war erbost auf ihn zugekommen, und keine dreißig Sekunden später hatte der FC Guardia nur noch neun Feldspieler auf dem Platz gehabt.
    Jetzt erteilte Riccardo Parada, der Chef des Vigilanzakorps, den Schweizern sogar Befehle? Und warum hatte Utz nicht den Kommandanten der Schweizer erwähnt, sondern seinen Stellvertreter, Oberstleutnant von Gunten? Soweit Alexander wusste, war der Kommandant daheim. In seiner Wohnung oben unter dem Dach brannte Licht. Am befremdlichsten jedoch war, dass vor dem Offizierswohnhaus, einem Gebäude der Schweizergarde, zwei schwer bewaffnete Gendarmen der Vigilanza Wache hielten.
    Sie drückten sich, vor dem Regen Schutz suchend, an die Hausmauer neben dem Hintereingang, und jeder presste eine Maschinenpistole mit vorn am Lauf angeschraubtem Scheinwerfer und 40-Schuss-Stangenmagazin gegen die blaue Uniformjacke, unter der sich das Schulterpolster mit der Dienstpistole deutlich abzeichnete. Die beiden kaum handgroßen Scheinwerfer flammten gleichzeitig auf und stachen den Schweizern in die Augen.
    Die Gardeadjutanten blieben stehen, und Utz nannte ihre Namen. «Oberstleutnant von Gunten und Generalinspektor Parada erwarten uns.»
    Die Vigilanzaschnösel sprachen nicht mit jedem. Einer winkte sie mit seiner kurzläufigen Beretta-MP weiter. Die Schweizer schlüpften zwischen ihnen hindurch ins Trockene. Hastige Schritte hallten durch den Hausflur, begleitet von hektischen Stimmen. Ein starker Luftzug zeigte an, dass der Vordereingang offen stand. Von dort waren Motorengeräusche und krachende Autotüren zu hören. Im Treppenhaus wären sie fast mit zwei Männern zusammengestoßen, die es ebenfalls eilig hatten, nach oben zu kommen. Einer war Vizeinspektor Aldo Tessari, der stellvertretende Vigilanzakommandant. Der andere, Folco Lafranchi, war der offizielle Fotograf des Osservatore Romano; er hatte seine Fotoausrüstung bei sich.
    Tessari wandte sein spitzes Vogelgesicht Alexander zu und sagte mit kummervoller Miene: «Mein aufrichtiges Beileid, Signor Rosin.» Dann stürmte er, gefolgt von dem Fotografen, die Treppe hinauf.
    Stirnrunzelnd sah Alexander ihm nach und blickte dann seinen

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