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Der Erdbeerpfluecker

Der Erdbeerpfluecker

Titel: Der Erdbeerpfluecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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ihn an. So war es immer. Danach. Alles verstärkte sich. Seine Abneigung gegen Menschen steigerte sich ins ܜberdimensionale.
    Er brauchte Abstand. Um wieder zu Atem zu kommen.
    Caro fehlte ihm immer noch. Aber neben der Trauer war auch Wut in ihm. Zorn darüber, dass sie ihn enttäuscht hatte.
    Er hielt sich daran fest. Wut war ein gutes Gefühl. Sie machte ihn stark. Anders als Trauer. Die fraߟ ihn auf.
    Und Liebe?
    Zwei Teile wuchsen zu einem einzigen zusammen. So, wie es sein musste. Zwei Teile verbanden sich zu einem Ganzen. Rund. Schön. Vollkommen.
    Und dann zerbrach die Einheit. Nicht nur in zwei Teile. Sie zersplitterte ins Ungefähre. In tausend Scherben.
    Und er selbst lag am Boden. Zerstört. Zersprungen. Explodiert.
    Auch wenn er sich mühsam wieder zusammensetzte, die Risse würden nie mehr verschwinden. Sie würden ewig spürbar sein. Wie Narben.
    Und wer trug die Schuld daran?
    Es waren immer die Frauen, die solche Zerstörungen auslösten.
    Das konnte er nicht hinnehmen. Damit konnte er sich nicht arrangieren. Er war ein Mann mit einem Traum. Er träumte von einem vollkommenen Leben. Einem Leben mit Frau und Kindern. In einem sauberen kleinen Haus in einer sauberen kleinen Stadt.
    Von Sonntagnachmittagen in einem blühenden Garten, mit Kaffee und Kuchen unter einem blau oder grün gestreiften Sonnenschirm.
    Ab und zu kämen Freunde zu Besuch, nicht zu oft. Man würde zusammen essen, wenn die Kinder im Bett wären. Im Sommer drauߟen im Garten. Im Winter an einem gescheuerten alten Holztisch vor dem Kamin.
    Das Essen, die Umgebung - alles wäre perfekt. Die Tischdekoration. Das Licht. Die Musik. Man würde den Wein aus wertvollen, schweren Gläsern trinken und zum Nachtisch Käse und Früchte essen.
    Jede Erinnerung an ein Leben vorher wäre ausgelöscht. Es gäbe kein Aufwachen aus Albträumen mehr, kein unerwartetes Aufblitzen dunkler Momente aus der Vergangenheit, nicht einmal die Spur eines Bedauerns. Alles wäre gut.
    Er hätte einen richtigen Beruf. Einen, auf den man stolz sein konnte. Auch Bildung. Gespräche würden ihm keine Angst machen. Seine Zunge würde nicht stolpern.
    »Gorge! Du bist dran!«
    Er schreckte aus seinen Gedanken auf. Malle hatte seinen Wochenlohn in der einen Hand, mit der anderen hielt er Georg die Tür zum Büro auf. Gefährlich, dachte Georg, so wegzudriften. Ich muss mich besser unter Kontrolle haben.
    Der Lohn wurde jeden Donnerstagnachmittag ausgezahlt. Meistens von der Frau des Bauern. Die Frau des Bauern. Nie wäre Georg auf die Idee gekommen, sie Bäuerin zu nennen. Dazu waren ihre Fingernägel zu lang und zu rot.
    Sie saߟ hinter dem schäbigen schwarzen Schreibtisch, vor sich Papierkram und die Kassette mit den Umschlägen, in denen das Geld enthalten war. Sie sah ihm entgegen und lächelte ihn an. »Hallo, Georg.«
    Er nickte nur. Es war ihm nicht recht, dass sie ihn beim Vornamen nannte (sie machte das bei allen so), und er umging es, sie selbst mit ihrem Vornamen anzusprechen, obwohl sie das wollte. Vivian hieߟ sie, obwohl sie, seines Wissens, weder Engländerin noch Amerikanerin war.
    Sie reichte ihm, als er ihr Lächeln nicht erwiderte, die Lohntüte und schob ihm dem Quittungsblock hin. Es schien, als sei die Luft um sie her kühler als anderswo. »Am besten, Sie zählen nach«, sagte sie.
    Das hätte er sowieso getan. Er traute keinem auߟer sich selbst.
    »Wieder mal die dickste Lohntüte«, sagte sie.
    Aus ihrem Mund, dachte er, klang das wie eine obszöne Bemerkung. Alles an ihr wirkte zweideutig. Er fühlte sich beklommen in ihrer Gegenwart, hasste es, mit ihr allein zu sein. Rasch quittierte er den Empfang seines Lohns, schaffte es, die Lippen zu der Andeutung eines Lächelns zu verziehen, und machte, dass er wieder nach drauߟen kam.
    »Gehn wir heute Abend einen trinken?«, fragte Malle, der auf ihn gewartet hatte.
    Georg nickte. Ab und zu musste man mit den Wölfen heulen. Um später nicht von ihnen zerfleischt zu werden. Er schlug Malle freundschaftlich auf die Schulter und ging in seine Pension, um zu duschen und sich ein bisschen auszuruhen, bevor er mit Malle losziehen würde.
    Malle war eine lebende Zeitung. Und ab und zu war es gut, ein bisschen von dem Klatsch und Tratsch in Erfahrung zu bringen, der seit den beiden Morden blühte wie nie.
     
    In der Küche sah es aus wie bei einer Party. Merle hatte den harten Kern der Tierschützergruppe zu einer Lagebesprechung in unsere Wohnung eingeladen. Sie trafen sich abwechselnd

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