Der ewige Held 01 - Die ewige Schlacht
Versprechen gehalten.
XXV
DER ANGRIFF
Und die Tage vergingen, bis es kälter wurde und der Winter nahte. Wenn der Winter hereinbrach, würden wir bis zum Frühling sicher sein, denn die Invasoren wären Narren gewesen, die Belagerung während der kalten Jahreszeit fortzusetzen.
Anscheinend kamen auch sie zu dieser Erkenntnis. Iolinda mußte eine Entscheidung getroffen haben. Sie gab ihnen die Erlaubnis, Loos Ptokai anzugreifen.
Ich erfuhr, daß die Generäle, nach viel Gezänk untereinander, einen aus ihren Reihen zum Heerführer gewählt hatten.
Sie wählten Graf Roldero.
Die Belagerung wurde ernst.
Ihre riesigen Belagerungsmaschinen wurden herangeschafft, darunter auch die gewaltigen Kanonen, die man Feuerdrachen nannte. Große schwarze Ungetüme aus Eisen, verziert mit kriegerischen Bildern.
Roldero ritt vor das Tor, und ein Herold verkündete seinen Besuch. Ich stieg auf die Zinnen, um mit ihm zu sprechen.
»Seid gegrüßt, Verräter Erekose!« rief er. »Wir haben beschlossen, Euch zu bestrafen - und all die Alten hinter diesen Mauern. Wir hätten die Alten rasch getötet, aber jetzt werden wir alle, die wir fangen, zu Tode foltern.«
Seine Worte machten mir deutlich, daß ich nicht nur Freundschaft gewonnen, sondern auch Freundschaft verloren hatte.
»Roldero, Roldero«, flehte ich. »Einst waren wir Freunde. Ihr wart der einzige wirkliche Freund, den ich hatte. Wir tranken gemeinsam und kämpften gemeinsam, waren gemeinsam fröhlich. Wir waren Kameraden, Roldero. Gute Kameraden.«
Sein Pferd tänzelte unter ihm und scharrte mit den Hufen.
»Das ist hundert Jahre her«, sagte er, ohne zu mir aufzublicken. »Hundert Jahre.«
»Wenig mehr als ein Jahr, Roldero .«
»Aber wir sind nicht mehr diese zwei Freunde, Erekose.« Er blickte auf und beschattete seine Augen mit einer stahlgepanzerten Hand. Ich sah, daß sein Gesicht älter geworden war und viele neue Narben trug. Zweifellos hatte ich mich auf meine Art ebensosehr verändert. »Wir sind andere Männer«, sagte er, zwang sein Pferd herum und stieß ihm grimmig die Sporen in die Flanken.
Nun gab es nichts mehr, was wir tun konnten - außer kämpfen.
Die Feuerdrachen dröhnten, und ihre Kugeln schmetterten gegen die Mauern. Sprühende Feuerbälle aus eroberten Geschützen der Alten kreischten über die Mauern und durch die Straßen. Ihnen folgte ein schwarzer Pfeilregen.
Und dann stürmte eine Million Menschen gegen unsere Handvoll Verteidiger.
Wir antworteten mit den Kanonen, die wir hatten, aber hauptsächlich lag es an den Bogenschützen, dieser ersten Woge zu begegnen, denn wir waren knapp an Munition.
Und wir schlugen sie zurück, nach zehnstündigem Kampf.
Am nächsten Tag und dem Tag danach, setzten sie ihre Angriffe fort. Aber Loos Ptokai, die alte Hauptstadt von Mernadin, Loos Ptokai hielt stand während dieser ersten Tage.
Bataillon um Bataillon brüllender Krieger bestiegen die Belagerungstürme, und wir begegneten ihnen mit Pfeilen, geschmolzenem Blei und - sparsam - mit den feuerspeienden Kanonen der Alten. Wir fochten tapfer, Arjavh und ich führten die Verteidiger, und wann immer sie mich entdeckten, schrien die Krieger der Menschheit nach Rache und starben bei dem Versuch, sich den Ruhm zu erwerben, mich getötet zu haben.
Wir fochten Seite an Seite wie Brüder, Arjavh und ich, aber unsere Krieger ermüdeten, und nach einer Woche pausenloser Angriffe erkannten wir, daß wir die stählerne Flut nicht mehr lange zurückhalten konnten.
In jener Nacht saßen wir zusammen, nachdem Ermizhad zu Bett gegangen war. Wir massierten unsere schmerzenden Muskeln und sprachen wenig.
Dann sagte ich: »Wir werden bald alle tot sein, Arjavh. Du und ich.
Ermizhad. Der Rest deines Volkes.«
Er fuhr fort, mit den Fingern seine Schulter zu kneten, um sie zu lockern. »Ja«, sagte er. »Bald.«
Ich wollte, daß er die Sache zur Sprache brachte, die mir auf der Zungenspitze lag, aber er wich mir aus.
Am nächsten Tag, unsere unausweichliche Niederlage witternd, drangen die Krieger der Menschheit eifriger denn je auf uns ein. Die Feuerdrachen wurden näher herangeschafft und begannen stetig die Haupttore zu beschießen.
Ich sah Roldero auf seinem großen schwarzen Pferd die Angriffe überwachen und etwas in seiner Haltung verriet mir, daß er sicher war, unsere Mauern heute brechen zu können.
Ich wandte mich an Arjavh, der neben mir auf den Zinnen stand und öffnete den Mund, um ihn anzusprechen, als mehrere der Feuerdrachen
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