Der Ewige Held
Euch interessieren dürften!" Fank straffte die Schultern und drehte den Rücken zum Feuer. Nicht länger wirkte seine Miene amüsiert. Hawkmoon bemerkte jetzt, wie angespannt, wie müde er war.
Hawkmoon schenkte Wein in einen der Kelche und reichte ihn Fank, der ihn mit einem dankbaren Blick entgegennahm.
Graf Brass bedauerte seinen unpassenden Heiterkeitsausbruch. Ein tiefer Ernst zog über sein Gesicht. „Verzeiht mir, Meister Fank. Ich bin ein schlechter Gastgeber."
„Und ich ein ungelegener Gast, Graf. Aus den Vorbereitungen auf Eurem Innenhof schließe ich, daß jemand heute die Burg zu verlassen gedenkt."
„Yisselda und ich reisen nach Londra", erklärte ihm Hawkmoon.
„Yisselda? Dann stimmt es also. Ich hörte die widersprüchlichsten Geschichten - daß Yisselda tot sei und Graf Brass - und ich konnte es weder bestätigen noch widerlegen, denn ich mußte feststellen, daß meine Erinnerung mir die seltsamsten Streiche spielt. Ich verlor das Vertrauen zu meinem eigenen Gedächtnis."
„Uns ergeht es nicht besser", versicherte ihm Hawkmoon. Er berichtete Fank alles, woran er sich entsinnen konnte (es war ziemlich wirr, und es gab verschiedenes, dessen er sich nur teilweise oder sehr vage erinnerte), was seine kürzlichen Abenteuer betraf, die ihm bereits jetzt unwirklich erschienen. Er erzählte ihm auch von seinen Träumen, die ihm wiederum nun viel wirklicher vorkamen. Fank blieb vor dem Kamin stehen. Er hatte die Hände am Rücken verschränkt, sein Kopf hing bis fast zur Brust herab, er lauschte mit absoluter Konzentration. Hin und wieder nickte er, manchmal stieß er einen eigenartigen Grunzton aus, und ganz selten bat er um eine nähere Erklärung. Während er zuhörte, betrat Yisselda im Reisekostüm - ein festes Lederwams und Lederbeinkleider - den Raum und setzte sich schweigend ans Fenster. Erst gegen Ende von Hawkmoons Bericht fügte auch sie ein paar Worte hinzu.
„Es stimmt", sagte sie, als Hawkmoon geendet hatte. „Die Träume erscheinen einem wie die Wirklichkeit, und die Wirklichkeit wie Träume. Wißt Ihr eine Erklärung dafür, Meister Fank?"
Fank rieb sich die Nase. „Es gibt viele Versionen der Wirklichkeit, meine Dame. Manche würden vielleicht sagen, unsere Träume spiegeln die Wirklichkeit auf anderen Ebenen wider. Eine große Spaltung findet statt, aber ich glaube nicht, daß sie durch Kalans und Taragorms Experimente verursacht wurde. Soweit es deren Eingriff betrifft, dürfte der Schaden zum größten Teil behoben sein. Ich glaube, daß die beiden lediglich diese größere Spaltung ausnutzten. Möglicherweise verschlimmerten sie den Zustand auch, aber das ist alles. Ihre Anstrengungen hatten keine besonderen Auswirkungen. Unmöglich können sie all diesen Aufruhr herbeigeführt haben. Ich vermute, daß eine gewaltige Auseinandersetzung stattfindet. Ja, ich bin fast sicher, daß schreckliche und titanische Kräfte am Werk sind, und daß der Runenstab aus dieser Ebene zu einem Krieg abberufen wurde, den wir nur ahnen können - ein ungeheuerlicher Krieg, in dem das Geschick der Ebenen für eine so lange Zeit bestimmt werden wird, welche die meisten als Ewigkeit bezeichnen würden. Ich spreche von etwas, über das ich wenig weiß, meine Freunde. Ich habe lediglich den Begriff ,die Konjunktion der Millionen Sphären' von einem im Sterben liegenden Philosophen in Asiakommunista gehört. Sagt Euch dieser Begriff etwas?"
Der Begriff war Hawkmoon vertraut, und doch war er sicher, daß er ihn noch nie, auch nicht in seinen ungewöhnlichen Träumen, gehört hatte. Das sagte er Fank.
„Ich hatte gehofft, Ihr wüßtet mehr, Herzog Dorian. Aber ich glaube, dieser Begriff ist von allergrößter Bedeutung für uns. Nun habe ich durch Euch erfahren, daß Ihr Eure verlorenen Kinder sucht, während meine Suche dem Runenstab gilt. Was ist mit dem Wort ,Tanelorn'? Sagt Euch das etwas?"
„Eine Stadt", murmelte Hawkmoon. „Es ist der Name einer Stadt."
„Ja, das habe auch ich gehört. Und doch gibt es keine Stadt dieses Namens auf dieser Welt. Sie muß in einer anderen liegen. Ob wir dort den Runenstab finden würden? Und Eure Kinder?" „In Tanelorn?" „In Tanelorn."
2.
AUF DER SILBERBRÜCKE
Fank hatte vorgezogen, auf Burg Brass zu bleiben. Er sah zu, als Hawkmoon und Yisselda in die weich gepolsterte Kabine des großen Ornithopters stiegen. In seiner kleinen, offenen Kanzel hantierte der Pilot bereits an den Kontrollen.
Graf Brass stand neben Fank am Burgtor. Beider Blicke waren
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