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Der Faktor X

Der Faktor X

Titel: Der Faktor X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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davongemacht. Aber als der Scout Diskan noch einmal betrachtet hatte, verzog sich Ulkens Gesicht zu einem verschlagenen Grinsen, ehe er sich endgültig entfernte.
    »Du bist – Diskan Fentress?« In jener Frage hatte Ungläubigkeit mitgeschwungen – genug, um in Diskan einen Teil der alten Abwehrhaltung wieder zu erwecken.
    Er watete aus dem Wasser, riß ein paar Büschel Gras aus und rieb sich damit den Schleim vom Körper.
    »Ich bin Fentress«, sagte er teilnahmslos.
    »Ich auch. Renfry Fentress.«
    Diskan begriff einen Augenblick lang überhaupt nicht. Er fuhr einfach fort, seinen plumpen Körper zu reinigen. Dann antwortete er mit der Wahrheit, die er gekannt hatte.
    »Aber du bist tot!«
    »Zwischen Vermutung und Realität können manchmal Lichtjahre liegen«, hatte der Scout geantwortet, aber er hatte ihn weiter angestarrt. Ein kleiner Schmerz tief in Diskans massigem Körper begann zu nagen und stärker zu werden.
    Was für ein Treffen zwischen Vater und Sohn! Aber wie konnte dieser Renfry Fentress ihn gezeugt haben? Scouts, die für eine bestimmte Zeit Planetendienst machten, wurden angehalten, sogenannte Dienstehen einzugehen. Man wollte dadurch eine fast mutantenähnliche Rasse züchten, um die Erforschung der Galaxis weiterzutreiben. Bestimmte geistige oder körperliche Fähigkeiten sollten vererbt werden. Also hatte Renfry Fentress für die Dauer seines Aufenthalts auf Nyborg Lilha Clyas zur Frau genommen, eine geachtete und ehrenvolle Verbindung, die Lilha eine Pension einbrachte und den Kindern, die aus der Ehe hervorgehen sollten, eine vielversprechende Zukunft sicherte.
    Nach angemessener Zeit hatte man Renfry Fentress eine neue Aufgabe zugewiesen. Durch Abreisedekret wurde die Ehe formell geschieden, und er hatte sein Raumschiff bestiegen, ohne Gelegenheit gehabt zu haben, sich zu vergewissern, ob aus der Verbindung ein Kind hervorgehen würde, da seine neue Aufgabe von höchster Dringlichkeit gewesen war. Acht Monate später wurde Diskan geboren, und trotz aller Künste der Mediziner war die Geburt so schwer, daß seine Mutter sie nicht überlebte.
    Er hatte keine Erinnerung an seine Zeit in der staatlichen Kinderkrippe, aber die Persönlichkeitsuntersuchung hatte wohl sehr bald ergeben, daß Diskan Fentress für den Raumdienst niemals geeignet sein würde. Er hatte weder die Eigenschaften seiner Mutter, noch die seines Vaters, sondern war ein Rückschritt, zu groß, zu unbeholfen, zu langsam im Denken und Sprechen, als daß man ihn als künftiges Mitglied einer raumfahrenden Generation hätte einstufen können.
    Er wurde noch vielen anderen Tests unterworfen. Er konnte sich jetzt nicht mehr an alle erinnern. Für ihn waren sie ein langer Schleier aus Enttäuschungen, seelischem Schmerz, Entmutigung und manchmal sogar Furcht. Die zuständigen Behörden konnten einfach nicht glauben, daß er ein so fehlerhaftes, unnützes Exemplar seiner Rasse sein sollte, wie dies die Untersuchungen immer wieder bestätigten.
    Dann hatte er sich geweigert, weiter untersucht zu werden, war zweimal aus der staatlichen Schule weggelaufen. Schließlich, nach einer Woche des Weglaufens und plötzlicher, manchmal auch gewalttätiger Wutausbrüche, hatte einer der Beamten vorgeschlagen, ihn dem Arbeitskommando zuzuteilen. Damals war er dreizehn gewesen und größer als die meisten erwachsenen Männer. Sie hatten Angst vor ihm gehabt. Diskan verspürte eine leise Befriedigung, als er sich daran erinnerte. Aber er war schon immer klug genug gewesen, seine Angelegenheiten nicht mit der Faust zu regeln. Er hatte kein Verlangen nach einer Löschung seiner Persönlichkeit. Er mochte ja dumm sein, aber er war immer noch Diskan Fentress.
    Also hatte er eine schwere Arbeit nach der anderen getan, und so waren die Jahre verflogen. Fünf? Sechs? Er wußte es nicht genau. Dann war Renfry Fentress zurück nach Nyborg gekommen, und alles hatte sich verändert – zum Schlechten. Nur zum Schlechten!
    Von Anfang an war Diskan diesem Vater aus dem Weltraum gegenüber mit Mißtrauen begegnet. Renfry hatte bei jener ersten Begegnung mit keiner Miene erkennen lassen, daß er seinen Sohn für eine Mißgeburt hielt. Und doch wußte Diskan genau, daß diese, bedanken existierten, obgleich er ihn akzeptierte.
    Renfrys Haltung war nur zu einem weiteren ›Warum‹ geworden und verursachte Diskan die gleichen Seelenqualen, wie das erste ›Warum‹, mit dem er schon immer lebte. Warum machte sich Renfry Fentress solche Mühe, einen Sohn zu

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