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Der Faktor X

Der Faktor X

Titel: Der Faktor X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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finden, den er nie gesehen hatte? Als Diskan geboren worden und seine Mutter gestorben war, hatte man den Scout gemäß den Bestimmungen ausfindig zu machen versucht, um ihm Gelegenheit zu geben, seine Wünsche bezüglich der Zukunft des Kindes anzumelden.
    »Vermißt, wahrscheinlich tot«, war die Antwort gewesen, wie bei vielen Scouts zu jener Zeit.
    Aber Fentress war in den dunklen Tiefen des Alls, wo ein Meteorit sein Schiff schwer beschädigt hatte, nicht ums Leben gekommen. Er war von einem fremden Forschungsschiff aufgenommen worden, das die gleichen Aufgaben hatte wie er, nämlich Planeten zu suchen, um seiner rasch expandierenden Rasse neuen Lebensraum zu verschaffen.
    Und unter seinen Rettern hatte Renfry eine neue Heimat gefunden und eine Frau. Als er wieder in der Lage war, mit seinen Leuten Verbindung aufzunehmen, hatte man ihm auch von der nun schon viele Jahre zurückliegenden Geburt seines Sohnes berichtet. Da aus seiner neuen Ehe, so glücklich sie auch war, kein Kind hervorgehen konnte, hatte er nach seinem Sohn zu forschen begonnen, um ihn nach Vaanchard zu holen, wo er in den vorläufigen Ruhestand getreten war.
    Vaanchard war das Wunder, die Schönheit, das Paradies, von dem die Angehörigen von Renfrys Rasse seit jeher geträumt hatten. Seine Eingeborenen waren die Personifikation allen Charmes, aller Grazie und Intelligenz, die man sich nur vorstellen konnte – eine Welt ohne jeglichen sichtbaren Fehler, bis Renfry seinen Sohn herbrachte und den Frieden seines Hauses erschütterte. Nicht nur einmal, sondern viele Male seither!
    Diskan nahm die Hände von den Ohren und setzte sich damit den quälenden Geräuschen aus. Er hielt sie hoch, um seine zerschundenen Handflächen zu betrachten, seine aufgesprungenen Finger. Trotz aller kosmetischer Mittel waren seine Fingerspitzen immer noch dazu geeignet, feine Kleidungsstücke, Vorhänge, jedes Stückchen Stoff zu zerreißen, das er berührte. Und seine Hände konnten auch zerschmettern, wie heute abend zum Beispiel!
    Quer über den Ballen seines rechten Daumens verlief eine Blutspur, die ihn deutlich daran erinnerte, was dort hinter ihm geschehen war, wo die glockenähnlichen Töne auf- und abschwellend in einer eindringlichen Musik erklangen, die nicht menschlich war, sondern im Herzen sang. Licht, Musik, und nun, da er die Finger aus den Ohren genommen hatte, konnte er sie auch lachen hören. Ihr Gelächter war nicht gegen ihn gerichtet. Sie benützten das Lachen nicht als Waffe; sie benützten überhaupt keine Waffen. Sie übersahen nur, vergaben, räumten ihm besondere Freiheiten ein – immer taten sie das!
    Wenn er sie nur hassen könnte, wie er Ulken und seine Leute gehaßt hatte! Haß konnte die Stärke eines Mannes unterstützen, aber er konnte weder Drustans noch Rixa hassen, und auch nicht Eyinada, ihre Mutter, die nun die Frau seines Vaters war. Man kann Geschöpfe nicht hassen, die nach eigenen Maßstäben perfekt sind – man kann nur sich selbst für das hassen, was man ist.
    Die Bewegung seiner Finger hatte die Blutspur an seinem Daumen noch breiter werden lassen. Es tropfte langsam herab, und Diskan leckte es weg.
    »Diieskaan?«
    Das fröhliche Singen seines Namens – Rixa! Sie würde herkommen und ihn finden. Über die edelsteinblauen Scherben auf dem Fußboden würde kein Wort verloren werden. Niemand würde jemals wieder jenes unsagbar wertvolle Wunder erwähnen, das in Bruchteilen von Sekunden in Scherben gegangen war, nachdem es viele Jahrhunderte lang sorgsam behütet worden war. Wenn sie getobt hätten, wenn sie nur ein einziges Mal ausgesprochen hätten, was sie wirklich dachten, dann wäre alles leichter gewesen. Jetzt würde Rixa kommen und ihn bitten, mit ihr zurückzugehen. Nein!
    Diskan erhob sich. Die kunstvoll geschnitzte Bank schwankte. Er beobachtete sie eine Sekunde lang gespannt – würde nun auch sie in Stücke gehen? Dann trat er hinter den Sitz, bewegte sich mit jener übertriebenen Vorsicht, die ein Teil von ihm geworden war, seit er nach Vaanchard gekommen war, obgleich er wußte, daß es nichts nützte, daß er weiterhin zertrampeln, zerbrechen, zerstören würde, daß jeder Weg, den er durch dieses Traumland ging, durch Zerstörung markiert sein würde.
    Er konnte sich nicht in sein eigenes Revier zurückziehen; das hatte er in den vergangenen Tagen zu oft getan. Dort würden sie ihn zuerst suchen. Und jetzt, da Rixa auf der Jagd nach ihm war, konnte er sich auch nicht länger im Garten verbergen. Diskan

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