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Der Faktor X

Der Faktor X

Titel: Der Faktor X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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    Selbst die Nächte auf Vaanchard waren beunruhigend. Ein Glimmern und Glitzern wie von Edelsteinen lag auf dem Gartenweg, ein sanftes Leuchten über den Pflanzen und Büschen, unbekannte Düfte …
    Diskan Fentress beugte sich vornüber, bis sein Kinn beinahe die Knie berührte, die Spitzen seiner Zeigefinger fest in die Ohren gepreßt. Er hielt auch die Augen geschlossen, um seine Umgebung nicht mehr wahrnehmen zu müssen – aber es gab keine Möglichkeit, jene Düfte aus der Luft herauszufiltern, die er atmete. Sein Mund arbeitete krampfhaft; er fürchtete, daß ihm schrecklich übel werden könne, ausgerechnet hier, wo seine Schande aller Welt offenbar werden mußte. Nicht, daß ihn irgend jemand seinen Abscheu spüren lassen würde, natürlich nicht. Die spitzfindige Feststellung, Diskan Fentress sei einer der Ihren, würden sie niemals aufgeben. Er schluckte krampfhaft.
    Das grünliche Mondlicht hatte mittlerweile den Rand des Pfades erreicht und erweckte das leise Glitzern zu kristallener Brillanz. Ein neuer Duft drang ihm in die Nase, aber er war in keiner Weise aggressiv zu nennen. Diskan konnte sich überhaupt nicht vorstellen, daß irgend etwas in diesem Garten aggressiv genannt werden könnte. Wenn die Vaans einen Ort des Vergnügens schufen und perfektionierten, dann konnte nur etwas höchst Subtiles dabei herauskommen.
    Diskan focht einen schweigenden Kampf gegen seinen revoltierenden Magen, gegen die schrecklichen Bande, die dieser Garten und das Gebäude, aus dem er geflohen war, diese Stadt, diese Welt ihm auferlegt hatten. Seine Schwierigkeiten reichten viel weiter zurück, als nur zu seiner Ankunft hier auf Vaanchard – bis zu jenem Tag, als Ulken, der Aufseher, damals einen Fremden hinunter zu dem Tümpel auf Nyborg gebracht hatte. Er hatte Diskan aus dem modrigen Wasser herausgerufen, hatte den jungen Mann, der bis zur Hüfte in der Brühe stand und dem grüner Schleim den bloßen Oberkörper herunterrann, aus dem Wasser gerufen und mit ihm gesprochen, als sei er ein – ein Ding – und nicht ein Mensch mit Gefühlen und Geist, ganz abgesehen vom Körper, wie seine Kameraden.
    Diskans Atem kam jetzt keuchend, fast schluchzend. Wenn auch seine Augen den Pfad, die Pflanzen und den märchenhaften Zauber der Nacht ringsherum vielleicht registrierten – er sah jetzt die Vergangenheit. Seine Schwierigkeiten hatten auch nicht erst an jenem Tümpel begonnen, sondern viele, viele Jahre früher Sein Mund verzog sich zu einer Grimasse Weit, weit zurück lag jener Anfang …
    Er konnte sich eigentlich an überhaupt keinen Zeitpunkt erinnern, zu dem er sich nicht der Wahrheit bewußt gewesen wäre; daß nämlich Diskan Fentress Ausschuß war – ein schlecht arbeitendes Exemplar menschlicher Maschine, bestenfalls geeignet, die einfachsten und schmutzigsten Arbeiten auszuführen. Er wußte die überdurchschnittliche Kraft seines miserabel koordinierten Körpers nicht zu kontrollieren. Und um seinen Geist war es beinahe ebenso schlecht bestellt. Er war langsam und beschränkt.
    Warum? Wie viele Male hatte er sich das in seinem Leben schon gefragt – sich selbst und jene unpersönliche Macht, die vielleicht für all seine Fehlerhaftigkeit verantwortlich war.
    Damals, auf Nyborg, hatte er sich – sagte man ›angepaßt‹? Schließlich hatte man ihn nur noch für grobe und gröbste Arbeiten eingesetzt, bei denen es ausschließlich auf Kraft ankam, und das war für ihn eine Art Fluchtmöglichkeit gewesen, die er hier überhaupt nicht hatte.
    Dann, obgleich er vor dieser Erinnerung zurückschreckte, dachte Diskan wieder an jene Szene am Tümpel. An Ulken, einen dreckigen, rauhen Kerl, der dennoch so unerreichbar hoch in der sozialen Rangordnung über Diskan war, wie er breitbeinig dastand, ein verschlagenes Grinsen im Gesicht, und ihn anbrüllte.
    Und dann der Mann neben ihm – Diskan schloß die Augen, ehe er wieder schluckte, um nicht – nein, das wollte er nicht!
    Dieser Mann, schlank, mittelgroß, geschmeidig in den Bewegungen, den wohlgestalteten Körper in die grünbraune Uniform der Raumüberwachung gehüllt, mit dem silbernen Kometen auf der Brust, der ihn als Scout auswies! Der Fremde hatte so sauber, so ideal gewirkt, daß er ihn nur angestarrt und Ulkens gebrüllte Befehle überhaupt nicht registriert hatte – bis er jene Leere im Gesicht des Scouts bemerkt hatte, kurz bevor jener sich wieder Ulken zugewandt hatte. Der Aufseher war förmlich zusammengeschrumpft und hatte sich

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