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Der Findling

Der Findling

Titel: Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nicht mehr von Almosen. sondern von seinem täglichen, ehrlichen Verdienst. Das flößte ihm auch Vertrauen für die Zukunft ein, die Hoffnung, in Dublin ebensoviel und wohl noch mehr Erfolg zu haben, als das halbe Jahr in Cork.
    Von Cork aus mußte eine Brücke überschritten werden, um zur Landstraße nach Dungarvan zu gelangen.
    »Da ist eine Brücke, rief Bob; von solcher Länge hab’ ich noch keine gesehen!
    – Ich auch nicht,« antwortete Findling.
    Die Brücke über die Bai des Blackwater, ohne die man einen starken Tagesmarsch mehr gehabt hätte, ist in der That zweihundertsiebzig Toisen (circa 527 Meter) lang.
    Der Karren rollte auf ihrem Plankenbelag hin, über den ein frischer Westwind strich.
    »Das ist fast, als wäre man auf einem Schiffe! bemerkte Bob.
    – Jawohl, Bob, wie auf einem Schiffe mit Rückenwind. Fühlst Du, wie er uns vorwärts treibt?«
    Jenseit der Brücke gelangte man nun in die Grafschaft Waterford, die ihrerseits wieder an die Grafschaft Kilkenny in der Provinz Leinster grenzt.
    Findling und Bob ermüdeten sich nicht allzusehr. Sie wanderten ohne besondre Eile weiter. Es kam ihnen ja vor allem darauf an, die in Youghal eingekauften Waaren mit Nutzen abzusetzen, ehe sie Dungarvan erreichten, wo alle Vorräthe erneuert werden sollten. Fünfundzwanzig bis dreißig Meilen, die Abweichungen vom geraden Wege eingerechnet, hätten einen Spaziergang von wenigen Tagen erfordert. Lagen hier auch nahe der Küste nur wenige Dörfer, so trafen sie doch auf weit mehr einzelne Gehöfte, und das bot ihnen Aussichten auf reichlichen Absatz, die sie nicht unbeachtet lassen durften. Eine Eisenbahn gab es auf dem Küstengürtel nicht und die Bauern konnten sich nur schwierig mit den gewöhnlichsten kleinen Bedürfnissen versorgen. Findling wollte sich diesen Vortheil also jedenfalls nicht entgehen lassen.
    Der Erfolg gab ihm Recht. Jeden Abend, ehe sie sich zur Ruhe begaben, zählte Bob die seit dem Morgen vereinnahmten Schillinge und Pence, und Findling trug die Summe in sein »Cassabuch« auf der Seite der Einnahmen gegenüber der der Ausgaben für persönliche Bedürfnisse, Essen, Trinken, Nachtlager u. s. w. gewissenhaft ein. Nichts machte Bob mehr Vergnügen, als die Geldstücke hübsch in Ordnung aufzuzählen, und Findling nichts mehr, als sein Guthaben zusammenzurechnen, während Birk zufrieden bei ihnen lag, bis sie fertig waren und dann alle die Ruhe suchten.
    Am 3. Mai gelangte der Karren nach dem Flecken Dungarvan. Er war leer – nicht der Flecken, sondern der Karren – und mußte von Grund auf frisch gefüllt werden, was in dem sechstausend Einwohner zählenden Orte keine großen Schwierigkeiten machte. Dungarvan hat einen Hafen für flächer gehende Schiffe, an der Bai gleichen Namens, deren Ufer durch einen fünfhundert Toisen (975 Meter) langen Damm, mit Durchlaß für die Schiffe, verbunden sind. Wie bei Youghal kann man also auch hier über die Bai hinweg gelangen, statt diese umkreisen zu müssen.
    Zwei Tage verweilte Findling in Dungarvan. Er hatte hier den trefflichen Einfall, von den Küstenfahrern sehr billig verschiedene Wollenwaaren zu kaufen, die ihm seiner Meinung nach im Lande draußen gern abgenommen würden. Birks Last wurde dadurch auch nicht wesentlich vergrößert.
    Die nutzbringende Reise ging immer langsam weiter, und wenn sie nicht von erwähnenswerthen Ereignissen unterbrochen wurde, so blieb sie zum Glück doch auch frei von Unfällen. Die Witterung blieb unverändert günstig. Auf der Landstraße kein Abenteuer. Wer hätte den Kindern auch ein Leid anthun sollen? An den Küsten Südirlands begegnet man überhaupt wenigeren, zu Rohheiten und Gewaltthätigkeiten geneigten Leuten. Die Gegend ist auch nicht so arm, wie viele andre Grafschaften, z. B. die von Connaught und von Ulster. Das Meer liefert hier reiche Beute. Fischfang und Küstenfahrt ernähren den Schiffer und den Matrosen hinreichend, und der Landmann fühlt noch deren Nachbarschaft.
    Unter solchen günstigen Verhältnissen gelangte der Karren über das siebzehn Meilen von Dungarvan entfernte Trenmore und erreichte vierzehn Tage später das von hier wieder ebenso weite Waterford an der Grenze von Munster. Nun sollte Findling endlich die Provinz verlassen, wo ihm ein so wechselvolles Schicksal beschieden gewesen war, das seinen Aufenthalt in Limerick, auf der Farm von Kerwan, im Schlosse Trelingar, die Reise nach den Seen von Killarney und endlich den Anfang seiner Handelsthätigkeit in Cork umschloß.

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