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Der Findling

Der Findling

Titel: Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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herbeiströmenden Kundschaft einen so reichlich ausgestatteten Laden nicht verschließen.
Vierzehntes Capitel.
Das Meer von drei Seiten.
    Am 15. März, etwa drei Monate nach der Hochzeit Grips und Sissys, verließ der Schooner »Doris« den Hafen von Londonderry und stach bei günstigem Nordostwind ins Meer.
     

    Der Schooner »Doris« verläßt Londonderry. (S. 393.)
     
    Londonderry ist die Hauptstadt der gleichnamigen Grafschaft, die im Norden Irlands an Donegal grenzt. Die Bewohner von London sagen Londonderry, weil diese Grafschaft fast gänzlich Körperschaften der Hauptstadt der Britischen Inseln gehört – freilich nur in Folge früherer Confiscationen – und weil Londoner Capital die Stadt wieder aus ihren Ruinen erstehen ließ. Paddy, dagegen sagt, weil er nicht anders zu protestieren vermag, einfach Derry, und es wird ihn niemand darum tadeln wollen. Der am linken Ufer und nahe der Mündung der Foyle gelegne Hauptort der Grafschaft ist eine bedeutendere Stadt. Ihre breiten, lustigen, gut unterhaltenen Straßen zeigen, trotz einer Bevölkerung von fünfzehntausend Seelen, nicht viel Verkehr. Man findet hier Spaziergänge an der Stelle der alten Wälle, eine bischöfliche Kathedrale auf einem Hügel und auch einzelne, kaum erkennbare Spuren der Abtei St. Columba und des Tempal More, eines merkwürdigen Gebäudes aus dem zwölften Jahrhundert.
    Der belebte Hafen führt eine Menge Erzeugnisse aus. Waaren aller Art, Schiefer, Bier und Vieh, aber auch recht viele Auswandrer. Wie viele dieser von der Noth vertriebenen unglücklichen Irländer kehren aber schließlich in die Heimat zurück!
    Es ist kein besondres Ereigniß, daß ein Schooner den Hafen von Londonderry verläßt, wo täglich Hunderte von Fahrzeugen die enge Bai des Lough-Foyle hinauf-und hinabsegeln. Warum sollte also die Abfahrt der »Doris« auffallen bei einem Schiffsverkehr, der sich jährlich auf sechsmalhunderttausend Tonnen beläuft?
    Das ist ja richtig. Die Goëlette verdient aber unsre besondre Aufmerksamkeit, weil sie »Cäsar und sein Glück« trug. Cäsar war in diesem Falle freilich Findling, und sein Glück (oder Vermögen) war die Ladung, die das Schiff nach Dublin bringen sollte.
    Der jugendliche Chef von Little Boy and Co. befand sich an Bord der »Doris« aber aus folgenden Gründen:
    Nach der Verheiratung Sissys und Grips war der »Kleine Geldbeutel« wegen des neuen Jahres sehr stark beschäftigt gewesen. Da galt es, die Inventur aufzustellen, die zahlreichen Käufer zu befriedigen, den Bazar noch mehr zu erweitern u. s. w. Grip war tüchtig ins Zeug gegangen, obgleich er sein eheherrliches Erstaunen noch nicht überwunden hatte. Der Gatte der reizenden Sissy zu sein, das erschien ihm immer noch wie ein Traum, der jeden Augenblick verschwinden könnte.
    »Ich versichere Dir aber, daß Du verheiratet bist, sagte ihm Bob wiederholt.
    – Ja, ja, Bob, es scheint mir auch so, und doch… manchmal kann ich’s gar nicht glauben.«
    Das Jahr 1887 begann also unter den günstigsten Verhältnissen. Findling konnte nur wünschen, daß alles in gleicher Weise fortginge; nur eine schwere Sorge drückte ihn: das Los der Mac Carthy’s sicherzustellen, wenn die armen Leute den Fuß wieder auf irischen Boden setzen würden.
    Ueber den »Queensland«, auf dem sie sich befanden, war bisher nichts zu hören gewesen, obwohl Findling alle Seeberichte aufmerksam verfolgte. Erst am 14. März fand er in der »Shipping-Gazette« folgende Zeilen:
    »Der Dampfer »Burnside« hat am 3. laufenden Monats den Segler »Queensland« bei Assuncion getroffen.«
    Segelschiffe, die von Süden her kommen, können ihre Fahrt nicht durch Benützung des Suezcanals abkürzen, denn es ist schwierig, ohne Maschinenkraft das Rothe Meer hinauf zu fahren. Der »Queensland« mußte also von Australien nach Europa den Weg ums Cap der Guten Hoffnung einschlagen und befand sich demnach jetzt noch auf hoher See. Bei günstigem Winde konnte er nach zwei bis drei Wochen in Queenstown eintreffen. Bis dahin hieß es also sich zu gedulden.
    Die Begegnung der beiden Schiffe gab doch wenigstens einen Fingerzeig. Jedenfalls hatte Findling gut daran gethan, jene Nummer der »Shipping-Gazette« zu lesen, schon weil er dabei folgende Anzeige fand:
    »Londonderry, den 13. März. – Uebermorgen, am 15. d., kommt die Ladung des Schooners »Doris« von Hamburg zur öffentlichen Versteigerung. Diese beträgt hundertfünfzig Tonnen und umfaßt Alkohol und Wein in Fässern, Kisten mit Seife,

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