Der Findling
auslaufen, und man fragte sich, ob er wohl auch diesmal wieder mitfahren würde.
Das war fast anzunehmen, da Findling – welche Bosheit! – fest entschlossen war, die Lösung der in der Luft schwebenden Frage nicht zu beschleunigen, so lange es Grip nicht über sich gewonnen hätte, ausdrücklich davon zu reden und ihn darum zu fragen. Es handelte sich ja um seine große Schwester, die von ihm abhing, für deren Lebensglück er die Verantwortung trug. Die erste Bedingung – das
sine qua non –
die er stellte, war aber die, daß Grip seine Seemannslaufbahn aufgab und als Theilhaber in das Handelsgeschäft eintrat.
Einmal wurde nun Grip bezüglich seiner Herzensangelegenheit so sehr an die Mauer gedrückt, daß er sich eigentlich hätte erklären müssen.
Eines Tags, als er sich um die Kat zu thun machte – und dieser würdigen Frau hätte er sich zuerst vielleicht am liebsten offenbart – begann die Kat ganz hingeworfen:
»Ist’s Ihnen nicht aufgefallen, Grip, daß die Sissy von Tag zu Tag reizender wird?
– Nein, antwortete Grip, das hab’ ich nicht bemerkt. Warum sollte mir’s auch aufgefallen sein?… Ich achte doch darauf nicht so besonders…
– Ah, so, Sie bemerken das also nicht?… Nun, dann machen Sie nur einmal die Augen ordentlich auf, da werden Sie ja sehen, welch wunderhübsches Mädchen wir hier haben. Wissen Sie denn, daß sie bald neunzehn Jahre alt wird?
– Was?… Schon?… versetzte Grip, der das Alter Sissys auf die Stunde genau kannte. Sie irren sich wohl, Kat!
– Nein, gewiß nicht… neunzehn Jahre… sie wird nun bald heiraten müssen… Findling wird einen braven Mann für sie suchen, so einen von sechs-bis siebenundzwanzig Jahren… ja, ungefähr wie Sie. Es muß natürlich einer sein, zu dem man volles Vertrauen haben kann… und der nicht der Marine angehört… nicht der Marine… Seemann… Ehemann, das stimmt nicht gut zusammen. Da Sissy außerdem eine hübsche Mitgift bekommt…
– Die braucht sie gar nicht, warf Grip dazwischen ein.
– Das ist wahr… eine so liebreizende Person… am letzten Ende ist es aber doch nicht schädlich…. Na, unser junger Herr wird wohl bald den Rechten finden….
– Er hat wohl schon einen im Auge?
– Ich glaub’ es.
– Einen, der häufig nach dem Bazar kommt?.
– Sehr häufig.
– Kenne ich ihn?
– Nein… mir scheint, Sie kennen ihn nicht, antwortete Kat mit einem Blicke auf Grip, der die Augen niederschlug.
– Und… der… der gefällt auch Mamsell Sissy? fragte er, wobei ihm die Worte halb in der Kehle stecken blieben.
– Ja, wer kann das wissen? Bei Leuten, die nicht von der Leber weg reden…
– Herr Gott, was giebt es doch für Schwachköpfe! rief Grip.
– Ja, das sind’ ich allerdings auch!« stimmte die gute Kat ihm zu.
Auch dieser Wink mit dem Zaunpfahle verhinderte den Heizer nicht, acht Tage später mit abzufahren. Als er am 29. October wiederkam, sah man’s ihm auf dem Gesicht an, daß er einen großen Entschluß gefaßt hatte, nur gelang es ihm noch nicht, diesen in Worte zu kleiden.
Jetzt hatte er freilich genügende Zeit dazu. Der »Vulcan« sollte zwei Monate lang hier liegen bleiben, um verschiedene nothwendig gewordene Reparaturen daran auszuführen, und zwei Monate reichen doch übrig dazu, ein einziges kleines Wort auszusprechen.
»Mamsell Sissy ist doch noch nicht verheiratet? hatte er die Kat beim ersten Besuche gefragt.
– Das noch nicht… lange wird’s aber nicht mehr dauern… Es brennt schon!« antwortete darauf die gute Frau.
Nach Abtakelung des »Vulcan« hatte Grip an Bord selbstverständlich nichts zu thun, und folglich hielt er sich sehr häufig – sagen wir lieber, immer – im Bazar von Little Boy auf. Höchstens wenn er hier gleich wohnte, hätte er noch mehr daselbst sein können. Während seiner ganzen Urlaubszeit kamen die suchen jedoch keinen Schritt weiter.
Als die Reparaturen des »Vulcan« in der dazu bestimmten Frist beendigt waren, sollte er eine Woche später wieder in See gehen. Und dieser Schwachkopf von Grip hatte den Mund noch immer nicht aufgethan – wenigstens nicht, um das zu sagen, was man von ihm erwartete.
Da ereignete sich in der ersten Decemberwoche ein unerwarteter Zwischenfall.
Ein an O’Brien gerichteter Brief, die Antwort auf dessen letzte Anfrage in Australien, brachte folgende Nachrichten:
Martin und Martine Mac Carthy, Murdock, dessen Frau und Töchterchen, sowie Sim und Pat, die jenen gefolgt waren, hatten sich in Melbourne zur
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