Der Findling
that das der Scharfsinn, womit dieser sein Interesse wahrnahm, nur noch viel mehr. Da sich auch O’Brien persönlich verbürgte, wickelte sich die Angelegenheit ganz allein ab und wurde bei der ersten Verhandlung darüber mittelst eines Checks auf die Bank von Irland geregelt.
Für dreitausendfünfhundert Pfund – fast das ganze Vermögen Findlings – erhielt dieser die ganze Ladung der »Doris«, nach Abschluß des Geschäfts aber konnte er sich einer gewissen Erregung doch nicht ganz erwehren.
Was den Transport der Fracht nach Dublin betraf, schien es am einfachsten, gleich die »Doris« dazu zu benützen, um eine Ueberladung nach einem andern Schiffe zu ersparen. Der Kapitän derselben verlangte auch gar nicht mehr, als daß ihm seine Schiffsmiethe gesichert wurde, und bei günstigem Wind konnte die Ueberfahrt kaum mehr als zwei Tage in Anspruch nehmen.
Nachdem auch das geordnet war, hatten O’Brien und sein junger Begleiter nur wieder den Abendzug zu besteigen, dann würde ihre Abwesenheit nicht mehr als sechsunddreißig Stunden gedauert haben.
Da kam es Findling in den Sinn, O’Brien den Vorschlag zu machen, auf der »Doris« nach Dublin heinizukehren.
»Ich danke Dir, mein Sohn, antwortete der alte Kaufmann, doch das Meer und ich, wir sind niemals die besten Freunde gewesen. Doch wenn Du Lust hast…
– Gewiß, Herr O’Brien. Eine so kurze Ueberfahrt bietet ja keine so besondre Gefahr und ich würde lieber bei meiner Waarenladung bleiben.«
O’Brien fuhr also allein nach Dublin zurück, wo er mit dem Frühroth des folgenden Tages eintraf.
Im gleichen Augenblick verließ die »Doris« den Canal der Foyle und steuerte nach dem engen Fahrwasser, das die Bai mit dem Canal des Nordens in Verbindung setzt.
Die Nordwestbrise war ihrer Fahrt günstig; bei Fortdauer derselben mußte die Ueberfahrt ausgezeichnet verlaufen. Der Schooner konnte sich in der Nähe der Küste halten, wo das Meer unter dem Schutze der hohen Küsten stets ruhiger ist. Freilich ist man im Monat März bei Annäherung der Tagundnachtgleiche im irischen Meere niemals vor Ueberraschungen sicher.
Die »Doris« wurde von einem Kapitän der Küstenfahrt John Clear befehligt, der acht Matrosen zu ihrer Bedienung hatte. Alle schienen mit ihrer Aufgabe bestens vertraut und kannten die Küste von Irland von vielen Fahrten längs derselben her genau. Von Londonderry nach Dublin wären sie zur Noth mit geschlossenen Augen gesegelt.
Unter vollen Segeln glitt die »Doris« aus der Bai hinaus. Auf dem Meere angelangt, konnte Findling den Hafen von Innishafen erkennen, der am Eingang einer durch die Spitze von Donegal gedeckten Bai liegt, und weiterhinaus das mit dem Cap Malin auslaufende lange Vorgebirge, das im Norden Irlands am allerweitesten hinausragt.
Der erste Tag ließ sich ganz glücklich an. Für den jungen Knaben war es ein wahrer Hochgenuß, unter den Segeln der »Doris« über das leicht bewegte Meer dahinzuschaukeln. Von der Seekrankheit fühlte er keine Spur. Ein Schiffsjunge hätte nicht mehr Seemann sein können als er. Nur ein Gedanke beschäftigte ihn wiederholt, der an die im Raum der Goëlette verstaute Fracht und daneben an die ungeheure Tiefe, die sich nur zu öffnen brauchte, um sein ganzes Vermögen zu verschlingen.
Für diese Befürchtung lag jedoch kaum ein Grund vor. Die »Doris« war ein solides Fahrzeug und ein vortrefflicher Segler, mit dem ihr Kapitän unter allen Verhältnissen umzugehen verstand.
Wie schade, daß Bob nicht mit an Bord war! Wie hätte sich dieser gefreut, einmal wirklich zu schwimmen, nicht wie auf dem »Vulcan«, wenn dieser im Hafen von Cork oder Dublin vor Anker lag. Hätte Findling eine Ahnung von dieser Rückfahrt zu Wasser gehabt, so würde er Bob unzweifelhaft mitgenommen haben und dieser wäre am Ziele seiner sehnlichsten Wünsche gewesen.
Das Ufer, das sich längs der Grafschaft Antrim hinzieht, ist herrlich anzusehen. Es hat überall weiße Mauern von Kreidefelsen und in diesen so viele Höhlen, daß das ganze Personal der gaëlischen Mythologie darin Raum gefunden hätte. Hier ragen die »Kaminschornsteine« empor, deren Rauch nur aus dem Wasserdunst der Brandung besteht, und erheben sich trotzige Steilufer, die mehr den Mauern einer Festung gleichen. Dort wieder dehnt sich die Chaussee der Riesen aus, die aus lothrecht stehenden Säulen, wunderlichen Basaltpfeilern, gebildet ist, welche von den anprallenden Wogen einen metallischen Ton geben, und deren es, wenn man den Touristen
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