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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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meinte, etwas über den Ablauf eines Turniers zu wissen, fand aufmerksame Zuhörer, und die Redner überschlugen sich dabei, die Phantasie der Zuhörer mit den erstaunlichsten Geschichten anzustacheln – von wunderschönen Damen, prachtvollen Gewändern, Recken in blitzender Rüstung und blutrünstigen Einzelheiten über verletzte oder gar zu Tode gekommene Kämpfer.
    Auf den Burghof wurde bereits seit Sonnenaufgang ein Karren nach dem anderen angefahren, beladen mit Holz, Fässern mit Bier und Säcken mit Hirse.
    Friedrich, der alte Kärrner und Ratsmann, winkte flugs ein paar der Umherstehenden heran, damit sie beim Abladen halfen.
    »Bist du zu schlaff für dieses winzige Säckchen, Bursche? Dann geh nach Hause und lass dich von den Weibern auslachen. Und du da, ja, der mit den Ohren wie Topfdeckeln, was stehst du nutzlos im Weg herum? Komm schon, roll das Fass mit dem gesalzenen Fisch in die Küche! Sonst haut dir der Zimmerer noch den Nagel in den dummen Kopf statt in das Holz, weil das eine schlecht vom anderen zu unterscheiden ist.«
    Wer Friedrichs lautstark vorgetragenen Aufforderungen und denen seines nicht minder spottlustigen Bruders Hans entgehen wollte,
     verzog sich schleunigst.
    Eine Abordnung der Fleischhauer kam schwerbeladen mit Schweinehälften, gefolgt von ein paar Frauen mit lärmenden Hühnern, Gänsen und Tauben in Käfigen aus Weidengeflecht.
    Im Backhaus der Burg herrschte ein Gewimmel wie selten. Ein halbes Dutzend Frauen halfen den Backmägden beim Kneten des Teiges oder beim Befeuern des Backofens. Andere setzten in riesigen Kesseln Hirsebrei auf.
    Bald wurden die ersten geschlachteten Tiere auf den großen Spieß gesteckt. Jede Menge Qualm und die verschiedensten Gerüche zogen über den Burghof – von abgesengten Borsten, frischem Brot, gebratenem Fleisch und gedünsteten Zwiebeln.
     
    Zufrieden sah Albrecht an diesem Morgen aus dem Fenster der vornehmsten Gästekammer. Seine Frau hatte zwar darüber gejammert, dass sie eines ihrer Kleider herausgeben sollte, doch er konnte sie auf ein neues, viel schöneres vertrösten, wenn er erst den Freiberger Münzschatz in Händen hielt. Außerdem hatte er gestern Abend noch erfolgreich mit dem Oberhaupt der Freiberger Juden verhandelt und für seinen Schutz der Gemeinde einen stolzen Preis in Seide verlangt. Das würde Sophia schon zufriedenstellen, wenn sie bald mit ihrem Gefolge hier eintraf. Sollte sich der Pöbel sattgaffen an ihrer Schönheit und ihrem kostbaren Geschmeide. Niemand außer ihm wusste, wie kalt sie im Bett war.
    Albrecht hatte genaue Anweisungen erteilt, bevor er nach Freiberg geritten war. Seine Frau war nicht erst heute Morgen aus Meißen aufgebrochen, wie die meisten hier glaubten angesichts seines vermeintlich plötzlichen Einfalls, einen Wettstreit zu veranstalten, sondern bereits gestern kurz nach ihm. Übernachtet hatte sie mitsamt ihrem Hofstaat wenige Meilen vor der Stadt auf dem Gut eines zuverlässigen Gefolgsmanns, des Ritters von Conradsdorf. So würde sie am Vormittag eintreffen; nach der Hochzeit und vor dem Turnier.
    Christians jüngster Sohn, der Knappe Daniel, sollte zu Sophias Gefolge gehören, das ausreichend bewaffnete Reisige zählte, um ein Entkommen des Burschen zu verhindern. Albrecht wollte ihn erst hier wissen, wenn die Hochzeit geschlossen war. Er argwöhnte, dass Lukas und seine Kumpane irgendetwas ausheckten, das seine Pläne stören könnte.
    Allerdings war dieser Lukas kein Dummkopf. Er würde erkennen, wann eine Sache verloren war und man besser nachgab. Vielleicht lag ihm nicht einmal an dem Mädchen. Sie war immerhin nur seine Stieftochter. Und der Mutter hatte er – wie es schien – endlich die Aufsässigkeit ausgetrieben. Sie musste schweigen und mitspielen, wenn sie nicht wollte, dass ihr Erstgeborener als Pferdedieb am nächsten Ast aufgeknüpft wurde.
    Wieder sah er hinab auf den Hof, auf dem es vor geschäftigen Menschen nur so wimmelte. Lautes Geschrei und die ersten köstlichen Düfte drangen zu ihm herauf.
    Es würde ein prachtvolles Fest werden.
    »Und es kostet Euch keinen Pfennig«, sagte Elmar grinsend, der wie meistens wusste, was gerade hinter der Stirn seines Herrn vor sich ging.
    »Klug eingefädelt, das muss ich Euch lassen«, lobte Albrecht den Truchsess. »Sie werden mich lobpreisen und darüber vergessen, dass sie ihr eigenes Korn fressen. Aber ich denke, ein bisschen Geld sollte ich doch einsetzen.«
    Er deutete zum Tisch, wo einige Pfennigschalen standen.

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