Der Fluch der Makaá
„Dann bist du gar nicht mit dem Zeichen der Makaá gebrandmarkt worden?“, fragte Robert erstaunt. Bley schüttelte lachend den Kopf. „Nein, um Himmels Willen. Hattet ihr das tatsächlich geglaubt?“
„Aber ja!“, rief Oliver. „Wir haben es doch gesehen… In diesem Traum!“
„Er hat recht“, bekräftigte Mateo.
„Von einem Traum weiß ich nichts“, begann Bley zögerlich. „Allerdings fand Carlos den alten Brauch in der Tat sehr imponierend. Er selbst trägt das Zeichen schon lange. Aber er hat es jedem freigestellt. Juan war viel zu ängstlich und trug als Zeichen seiner Verbundenheit nur diesen Siegelring, und auch ich zog es vor, lieber das hier zu tragen, als mich auf ewig zeichnen zu lassen.“
Unter seinem Hemd kramte er ein Amulett hervor, das an einem dünnen Lederriemen um seinen Hals hing. Es war das Symbol des einäugigen Frosches. „Vor kurzem haben es sich aber auch Karina – die den Frosch bislang als Kettenanhänger trug, den Pablo ihr eigens entworfen hatte – und Pablo selbst einbrennen lassen. Es war eine sehr düstere Zeremonie“, fuhr er nachdenklich fort. „Aber wie könnt ihr davon wissen?“
„Das“, sagte Mateo, „wird wohl eines der vielen Geheimnisse bleiben, die es um die Makaá gibt.“
Wir gelangten durch den schmalen Felsgang in die Kammer, die zu dem geheimen Ort führte. Überraschenderweise war die Tür verschlossen, und das mysteriöse rote Licht erschien wieder auf dem Felsenbuckel.
„Und wie sollen wir jetzt die Tür öffnen?“, fragte ich enttäuscht. „Das Ei habe ich nicht mehr.“
„Aber ich“, verkündete Bley und zog den kleinen, ovalen Gegenstand vorsichtig aus seiner Hosentasche. Er reichte ihn mir mit den Worten. „Ich habe dies für dich aufbewahrt. Jeder, der den Weg der Makaá bis zum Ende gegangen ist, erhält diesen Schlüssel. Gib gut darauf acht.“
Ich legte das Ei in die Öffnung, woraufhin sich der rote Strahl wie vormals an dem Kristall brach, und sich die Tür beiseite schob. Erneut wurde das Fackelmeer entzündet. Wir traten ein.
„Es muss jeden Moment so weit sein“, sagte Mateo. „Es ist schon tiefe Nacht.“
Wir versammelten uns um den Steinkreis in der Mitte des Saales und setzten uns im Schneidersitz nieder. Die Minuten verstrichen, ohne dass irgendetwas geschah.
„Vielleicht passiert ja auch gar nichts“, bemerkte ich leise. „Warten wir es ab“, flüsterte Mateo zurück und tatsächlich: Kaum hatte er es gesagt, da färbten sich die Fackeln entlang der Wände blutrot, und das Zeichen des einäugigen Frosches begann zu glühen. Erschrocken sprangen wir auf. Gleichzeitig traten hinter den zahlreichen Säulen Lichtgestalten hervor wie wir sie bereits gesehen hatten. Es waren gut und gerne zwanzig. Sie bildeten einen großen Kreis um uns herum und kreuzten ihre Speere. Ich fasste meine Brüder an den Händen.
„Vielleicht war es doch keine gute Idee hierher zu kommen“, wisperte Oliver. Bevor ich zustimmen konnte, erhob sich wie durch Zauber eine Gestalt in der Mitte des Steinkreises, um den wir gesessen hatten. Auch diese bestand aus rotem Licht und trug anstelle eines Menschenkopfes den des einäugigen Frosches. Aber sie war größer als die anderen. Still und erhaben blickte ihr einziges Auge jeden von uns an. Es leuchtete mitten in unser Herz und durchforschte unser Innerstes, sodass es spürbar war. Ganz offensichtlich war diese Gestalt der Anführer, und plötzlich war ich mir sicher, in den Lichtgestalten die einstigen Makaá-Krieger zu erkennen, die sich vor Hunderten von Jahren zu dieser geheimen Bruderschaft zusammengeschlossen hatten – verewigt in einem uralten schwarz-weißen Zauber, der sie rot gefärbt hatte, gemäß der Farbe ihres Leitsymbols. Nachdem der Krieger uns genügend in Augenschein genommen hatte, schloss er für einen Moment das Auge und sprach dann in einer dunklen, klaren wie auch gewaltigen Stimme, die wir als jene erkannten, welche wir erstmals in den Höhlen des Salto Sapo vernommen hatten.
„Der Mondeskreis ist nun vollkommen,
das letzte Sandkorn schon verronnen
Geschafft habt Ihr es bis in unsere Mitte.
Gemäß dem Brauch, sollt ihr nun haben
Was wir euch als Versprechen gaben.
So sei es und so will’s die Sitte.
In eurer Herzen Widerschein
Erkenn ich keinen bösen Keim.
Mit kühnem Mut habt ihr den Weg gefunden
Auf ewig sind wir nun mit euch verbunden.
Sind nun vereint durchs heilige Mal,
des Frosches rotem Auge,
nur es kann prüfen, wer was
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