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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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unter dem Flatterbandhervor, um ein paar Worte zu ihr zu sagen, ihr auf die Schulter zu klopfen oder ihr die Hand zu schütteln, bevor sie den Fundort weiter untersuchten. Kurz darauf kehrte Lieutenant Burns mit zwei Bechern Kaffee zurück. Trotz der drückenden, nächtlichen Tropenhitze fröstelte sie plötzlich und legte die Hände um den Becher aus Styropor. Ihr Kollege sah zum Himmel, an dessen Rändern gerade das erste zarte Grau des Morgens die Dunkelheit ablöste.
    »Wollen Sie es wirklich wissen?«, fragte er. »Bei Licht betrachtet ist es vielleicht besser …«
    »Ich will es wissen. Und zwar alles«, unterbrach sie ihn.
    »Na schön«, setzte er vorsichtig an. Sie wusste, dass er abzuwägen versuchte, ob es vielleicht die Ermittlungen behinderte, wenn er Informationen an sie weitergab. Natürlich fragte er sich, ob er es mit einer Kollegin oder einer völlig fassungslosen Angehörigen zu tun hatte. Dummerweise, dachte sie, hatte er es mit beidem zu tun.
    »Lieutenant«, erklärte sie ihm, »ich will nur helfen. Wie Sie wissen, habe ich eine Menge Erfahrung. Ich möchte mich nützlich machen. Aber wenn Sie meinen, ich bin nur im Weg, dann halte ich mich raus …«
    »Nein, nein, nein«, erwiderte er prompt.
    Wie einfach, dachte sie. Sie wusste, dass ihr Anerbieten, keine Fragen zu stellen, ihr das Recht gab, jede Frage zu stellen.
    »Im Augenblick«, begann der Lieutenant, »sind unsere Kenntnisse noch sehr lückenhaft. Offenbar ist sie mit ein paar Freunden auf dem Campus in eine Bar gegangen. Es war voll, es hingen eine Menge Kerle herum. Sie hat mit ein paar von ihnen getanzt. Ungefähr um zehn ist sie allein raus an die frische Luft. Ist nicht wieder reingekommen. Erst einige Stunden später, so um Mitternacht, haben sich ihre Freunde allmählich Sorgen gemacht und die Campus-Cops geholt. Etwa um dieselbeZeit stolpern ein paar warme Brüder, die es gerade im Gebüsch miteinander treiben wollten, hier draußen über die Leiche …« Er hob eine Hand. »Nein, die haben nichts gesehen und nichts gehört. Und stolpern ist wörtlich gemeint. Einer der Jungs ist drübergefallen …«
    Drüber, dachte sie, über einen toten Gegenstand. Sie biss sich auf die Lippe.
    »Mädchen verschwindet vom Campus. Leiche wird in einem Park ein paar Kilometer weiter entdeckt, da brauchten wir nur zwei und zwei zusammenzuzählen. Seitdem sind wir hier. In ihrer Handtasche haben wir Ihren Namen gefunden, deshalb haben wir Sie angerufen. Die Tochter Ihrer Schwester, ja?«
    Detective Barren nickte.
    »Wollen Sie diesen Anruf übernehmen?«
    O mein Gott, dachte sie.
    »Ja. Wenn wir hier fertig sind.«
    »Da drüben ist ein Münztelefon. Ich würde sie nicht warten lassen. Und wir brauchen hier wohl noch eine Weile …«
    Ihr wurde bewusst, dass es allmählich immer heller wurde. Die nächtliche Dunkelheit zog sich immer weiter zurück, und die Gestalten nahmen immer klarere Konturen an.
    »In Ordnung«, sagte sie.
    Unwillkürlich musste sie denken, was für ein hoffnungslos banaler Akt es war, ihre Schwester und ihren Schwager anzurufen. Eine Sekunde lang hoffte sie, keine passenden Münzen zu haben, dann hoffte sie, das Telefon würde nicht funktionieren. Doch es war intakt. Die Vermittlung meldete sich in routinierter Heiterkeit, als sei sie gegen die nachtschlafende Zeit immun. Detective Barren ließ die Kosten auf ihre Dienststelle schreiben. Die Vermittlung fragte, wann jemand da sein würde, um die Kostenübernahme zu bestätigen. DetectiveBarren erklärte, dies sei stets der Fall. Dann hörte sie das elektronische Klicken der Nummernanwahl, und plötzlich klingelte es im Haus ihrer Schwester, bevor sie sich die passenden Worte zurechtgelegt hatte. Denk nach! Finde die richtigen Worte! Am anderen Ende der Leitung hörte sie die schlaftrunkene Stimme ihrer Schwester:
    »Ja, hallo …«
    »Annie, ich bin’s, Merce …« Sie biss sich auf die Lippe.
    »Merce! Wie geht’s? Was …«
    »Annie, hör zu: Es geht um Susan. Es hat einen …« Sie wusste nicht weiter. Unfall? Vorfall? Sie redete einfach, ohne nachzudenken, weiter, immer krampfhaft bemüht, einen ruhigen, ja ausdruckslosen, professionellen Ton zu wahren. »Bitte setz dich und hol Ben an den Apparat …«
    Sie hörte, wie ihre Schwester nach Luft schnappte und dann ihren Mann ans Telefon rief.
    Er meldete sich sofort. »Merce, was ist los?« Seine Stimme war gefasst. Ben war Wirtschaftsprüfer. Sie hoffte, er würde so klar denken wie im Umgang mit Zahlen. Sie holte

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