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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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Prolog
     
     
    Die Frau ließ sich reichlich Zeit, bissie aus dem Haus kam.
    Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lehnte Seb im Schutz der Morgendämmerung an der Wand eines heruntergekommenen Lebensmittelladens und behielt die Haustür genau im Auge. Sein schlanker Körper besaß die geschmeidige Anmut einer lauernden Katze und auf seinem Gesicht mit den hohen Wangenknochen zeichnete sich rund um das Kinn ein dunkler Bartschatten ab. Er war überzeugt davon, dass er hier richtig war, denn alles entsprach genau dem Bild in seinem Kopf: ein an der Hauptstraße gelegenes goldgelbes Haus mit einer hölzernen Eingangstür und einem kleinen schmiedeeisernen Balkon voller Pflanzen. Seb schob die Hände in die Hosentaschen und zählte die Bretter, aus denen die Haustür gezimmert war. Zehn. Danach zählte er die Blumentöpfe. Siebzehn.
    Nun mach schon, chiquita. Du kommst noch zu spät zur Arbeit, dachte er.
    Endlich öffnete sich die Tür und eine kleine rundliche Frau in einem Hosenanzug kam heraus. Umständlich kramte sie in ihrer Handtasche nach den Schlüsseln. Schließlich wurde sie fündig, schloss hinter sich ab und stöckelte auf hochhackigen Schuhen, in die sie ihre plumpen Füße gezwängt hatte, zu ihrem Auto. Bis sie dort ankam, hatte sie es geschafft, ihre Schlüssel wieder in ihrer Handtasche zu versenken und musste fast eine Minute lang danach suchen. Genervt schüttelte sie den Kopf. Seb unterdrückte ein Lächeln. Ja, das sah ihr ähnlich.
    Sowie der Wagen der Frau hinter der nächsten Straßenecke verschwunden war, griff Seb nach dem alten, abgewetzten Rucksack vor seinen Füßen und warf ihn sich über die Schulter. Er hatte bereits herausgefunden, wie man zur Rückseite des Hauses gelangte. Trotzdem wollte er sichergehen, dass die Luft rein war, und nahm sich deshalb die Zeit, sein anderes Ich auf einen kurzen Erkundungsflug zu schicken. Alles klar. Er überquerte die Straße und schlenderte durch die frühmorgendliche Stille. An einer Seite des Hauses verlief ein hoher Holzzaun. Seb sprang in die Höhe, klammerte sich an der oberen Kante fest und schwang sich dann mühelos hinüber. Auch die Rückseite des Hauses entsprach genau dem, was er gesehen hatte - ein ordentlicher, zementierter Hinterhof, der ebenfalls üppig mit Topfpflanzen bestückt war. Neben der Terrassentür stand ein zusammengeklappter verblichener Liegestuhl.
    Das Fenster mit dem kaputten Schloss, über das die Frau sich den Kopf zerbrochen hatte, befand sich im oberen Stockwerk. Seb brauchte nur wenige Sekunden, um an der Pergola hochzuklettern und es aufzuschieben. Leise glitt er in ihr Schlafzimmer – es war blassgrün und voller Rüschen. Der Duft von Parfüm hing in der Luft, als hätte sie sich, bevor sie das Haus verlassen hatte, damit eingesprüht.
    Jetzt würde sie erst mal stundenlang unterwegs sein. Ihre Arbeitsstelle war so weit entfernt, dass sie nicht genug Zeit hatte, um zum Mittagessen nach Hause zu kommen. Auch das war eine der vielen kleinen Sorgen und Nöte, die ihr tags zuvor auf der Seele gelegen hatten. Die Gedanken der Frau waren wie Blätter gewesen, die von einem Sturm herumgewirbelt wurden: Jeder für sich nicht gewichtig, aber von dem Versuch, sich auf sie zu konzentrieren, hatte Seb Kopfschmerzen bekommen. Gedankenlesen war nicht immer der einfachste Weg, um an ein paar Pesos zu kommen. Vor allem dann nicht, wenn er es einfach nur schnell hinter sich bringen wollte, um sich etwas zu essen zu kaufen und sich anschließend wieder um das Einzige zu kümmern, das für ihn von Bedeutung war. Dennoch hoffte er, dass ihr das, was er gesagt hatte, weitergeholfen hatte. Sie musste sich auf jeden Fall mehr entspannen – obwohl er natürlich froh war, dass sie nicht ausgerechnet heute damit angefangen hatte.
    Seb verließ das duftende Schlafzimmer und machte sich auf die Suche. Seine Schritte hallten auf den gefliesten Böden. Mittlerweile brach er nur noch selten in Häuser ein, aber es hatte eine Zeit gegeben, in der das recht häufig vorgekommen war. Und damals waren seine Motive weitaus weniger edel gewesen als jetzt. Vorsichtig öffnete er Türen und spähte in verschiedene Räume. Er zog die Stirn kraus. Sie würde doch wohl einen besitzen? Oder etwa nicht? Er hatte ihn nicht eindeutig gesehen, war aber einfach davon ausgegangen. Dann, im Erdgeschoss, hatte er schließlich Glück: In einer Ecke stand ein Computer auf einem Schreibtisch.
    Perfekt. Seb ließ sich auf den Schreibtischstuhl fallen und

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