Der Fruehe Vogel Kann Mich Mal
werden, weil sie entgegen den Vorgaben ihrer inneren Uhr gezwungen sind, sich äußeren Gesetzmäßigkeiten wie Arbeitsbeginn oder Öffnungszeiten von Behörden zu beugen. Denn der Mangel an Schlaf, der sich bei einem Eulen-Typus notgedrungen anstaut, akkumuliert sich mit der Zeit und lässt sich auch nicht ausgleichen – außer, man ändert sein Leben radikal. Gelten Nachtschichten gemeinhin als ungewöhnliche und strapazierende Arbeitszeit, so sind für diejenigen, die (bei einem normalen Schlafbedürfnis von acht Stunden) ihre Schlafmitte gegen fünf Uhr morgens haben, die sozial akzeptierten bürgerlichen Zeiten ungewöhnlich und strapaziös. In ihrem Hirn setzen die Leitungen aus, ohne dass sie es merken. Auch sie fallen in den gefährlichen Sekundenschlaf – und das kann zu Pannen und gefährlichen Unfällen führen, etwa wenn man Maschinen bedienen muss oder Auto fährt. Nicht umsonst steigt im Frühjahr, wenn allen durch die Zeitumstellung eine Stunde Schlaf geraubt wird, die Anzahl der Verkehrsunfälle rapide an.
Ikonen der Bewegung
Für einen richtigen Gentleman nehmen wir 10 Uhr als die frühste Stunde, zu welcher er daran zu denken beginnt, sein Kissen zu verlassen.
Lucas
Langschläfer sind Schlafmützen? Für die folgenden Persönlichkeiten gilt das sicher nicht. Sie haben allesamt ihre Epoche geprägt, Maßstäbe gesetzt oder sich durch ihre ausgeschlafene Art in den schlimmsten Krisensituationen bewährt. Lang zu schlafen ist nicht nur genetisch vorgegeben, es ist auch eine Lebenseinstellung, die die Sicht auf die Welt und die Dinge bestimmt. Während die Frühaufsteher-Fraktion all die Ich-bin-schon-seit-sechs-Uhr-wach-und-habe-schon-so-viel-erledigt-Helden für sich zum Vorbild nehmen kann, gibt es auch für die Gruppe der Eulen leuchtende Beispiele – und diese sind, wen wundert’s, weitaus schillernder als die Langeweiler aus dem Lerchen-Lager.
Königin Luise von Preußen
Preußenkönig Friedrich II. erhob sich gewöhnlich um fünf Uhr morgens von seinem Feldbett, das er selbst in seinen prachtvoll dekorierten königlichen Gemächern zum Schlafen nutzte, und regierte dann mit eiserner Emsigkeit sein durch Krieg und Verheerungen erweitertes Königreich. Sein Rock war zerrissen, seine Figur ausgezehrt, sein Haar ergraut und seine Laune im Keller. Kammerherren und Leibdiener fürchteten seine Ausbrüche. Selbst ein auf seine Anweisungen hin zusammengestellter hochexklusiver Aufguss, ein mit Senfpulver und Chili gewürzter Mokka, der wohl kaum den Namen »Frühstückskaffee« verdiente, konnte seine Laune nicht heben. Friedrich II. besaß das grimmige Gemüt eines Getriebenen, den die vermeintliche Trägheit der Individuen, die nicht aus seinem Holz geschnitzt waren, entmutigte – und das galt sogar mehr noch für den Adel als für das einfache Volk. In Friedrichs Herzen regierte neben Ordnung, Fleiß und Pünktlichkeit der Hochmut eines am mangelnden Weitblick seiner Umgebung verzweifelnden Genies.
Klar hat er Großes vollbracht, der 1,74-Meter-Mann aus dem Hause der Hohenzollern. Nicht umsonst ehrt seinen Name der Zusatz »der Große«, was weltweit nur sechs Herrschern und einer Herrscherin zuteil wurde. Er hat sein kleines Land gegen große Mächte verteidigt, die Prügelstrafe, die Folter und die Leibeigenschaft abgeschafft und im Antimachiavell als Tugenden eines Fürsten die Liebe zum Volk und die Bewahrung seines Glückes propagiert. Ihm ist es zu verdanken, dass Preußen zu einer ernstzunehmenden Macht im Gefüge der Staaten aufstieg. Und er gehörte zu den Ersten, die den neuen demokratischen Staat USA anerkannten, so dass die Gründungsväter George Washington und Benjamin Franklin bei seinem Tod den Verlust ihres »einzigen Freundes« betrauerten.
Doch all diesen Verdiensten zum Trotz war der eigentliche Star der Preußen eine Frau, Königin Luise. Schon allein was ihre Kleidung betrifft, setzte sie Maßstäbe. Sie war die Modeikone ihrer Zeit und würde, wäre sie nicht achtfache Mutter und verheiratet gewesen, heute glatt als It-Girl durchgehen. Als sie beschloss, Korsett und Reifrock abzulegen, und es wagte, statt dessen à la française hauchdünne, sehr raffinierte Gazekleider zu tragen, die man unter der Brust schnürte, quollen die Auftragsbücher der Modemacher Vibeau, Quittels, Nitzen und Michelets über. Jede Frau, die es sich leisten konnte, wollte nun dort schneidern lassen, wo die Königin ihre Garderobe fertigen ließ.
Selbst ihre spontanen Einfälle wurden
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